Die Innenminister von Bund und Ländern wollen entschieden gegen gewaltbereite Corona-Demonstranten vorgehen. "Wir müssen uns den Leuten entgegenstellen, die gewaltbereit unterwegs sind und die die Corona-Themen nur als Aufhänger nehmen, um ihre radikalen Vorstellungen und ihre demokratiefeindliche Haltung zu verbreiten", sagte dazu Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).
Die Bekämpfung jeglicher Form von Extremismus und verfassungsfeindlichen Tendenzen sei zwar schon seit jeher "zentrales Ziel" der Innenminister-Konferenz, so Herrmann weiter. Er werde sich jedoch für eine verstärkte Beobachtung extremistischer Bestrebungen innerhalb der "Corona-Maßnahmen-Kritikerbewegung" einsetzen.
Bayern übernimmt ab jetzt IMK-Vorsitz
Bayern hat heute turnusmäßig den Vorsitz der Innenminister-Konferenz (IMK) übernommen. Der bisherige IMK-Chef, Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU), übergab in Stuttgart seinem bayerischen Kollegen Herrmann den Vorsitz. Bei der Übergabe war auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) anwesend.
Faeser erklärte, dass die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen inzwischen vermehrt "von Rechtsextremisten instrumentalisiert und missbraucht" würden. "Wir stellen uns Menschenverachtung und gefährlichen Verschwörungstheorien klar entgegen." Gewaltausbrüche, Hass und Hetze - im Netz und auf der Straße - seien nicht zu akzeptieren. Bei Gewalt werde der Rechtsstaat durchgreifen, so Faeser.
Strobl: "Wir sehen nicht tatenlos zu"
"Die Innenminister sprechen hier eine Sprache: Wir sehen nicht tatenlos zu", erklärte Baden-Württembergs Innenminister Strobl. Wer durch die Straßen irrlichtere, Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit mit Füßen trete, instrumentalisiere, um Hass und Hetze zu sähen, der überschreite "eine rote Linie".
Strikt verurteilten die Innenminister auch Kundgebungen vor den Häusern von Ministerinnen oder Kommunalpolitikern. Auf der Tagesordnung ihres Treffens in Stuttgart stand auch die Frage nach einer Strategie gegen Aufrufe zu Mord und Gewalt, die über Telegram verbreitet werden.
Innenminister wollen Druck auf Telegram aufbauen
Faeser sagte, sie sehe bei Google und Apple Bereitschaft, gegen Gewaltaufrufe in Telegram-Gruppen vorzugehen. Ihr Ministerium habe festgestellt, dass insbesondere Google da "sehr kooperativ" sei. Bei den Gesprächen mit den beiden Unternehmen gehe es um eine Zusammenarbeit "damit die Inhalte gelöscht werden". Weitere Details wollte sie dazu allerdings noch nicht nennen.
Vermehrt antisemitische Vorfälle auf Corona-Demos
Ebenfalls heute veröffentlichte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) aktuelle Zahlen zu antisemitisch motivierten Vorfällen auf Corona-Demos. So gab es laut RIAS vom 20. November 2021 bis zum 8. Januar 2022 auf 91 Versammlungen gegen die Corona-Maßnahmen bundesweit antisemitische Äußerungen.
In den meisten Fällen wurden demnach antisemitische Bezugnahmen auf den Nationalsozialismus und die Schoah festgestellt. In weiteren Fällen seien auch antisemitische Verschwörungsmythen genutzt worden. Allein im Dezember 2021 seien 67 Versammlungen bekanntgeworden, auf denen antisemitische Inhalte verbreitet worden seien.
Antisemitismus auf Corona-Demos: Hohe Dunkelziffer
Laut RIAS ist dabei zudem von einer großen Dunkelziffer auszugehen. Dieses Dunkelfeld werde auch dadurch verstärkt, dass auf Veranstaltungen gegen Corona-Maßnahmen immer wieder Pressevertreter angegriffen würden und diese die Proteste daher teilweise gar nicht mehr begleiten könnten.
Der Verband teilte außerdem mit, dass es auch abseits von Protesten zu antisemitisch motivierten Vorfällen im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen komme: etwa in Form von Stickern oder Schmierereien. Diese richteten sich auch gegen den Einzelhandel, wenn dort Corona-Maßnahmen durchgesetzt würden.
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