Braunbär (Symbolbild)
Bildrechte: picture-alliance/imageBROKER | Pawel Brud

Immer wieder streifen Braunbären durch Bayerns Wälder

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Jungbären in den Alpen – diesmal will Bayern vorbereitet sein

Mit Bruno kam 2006 der erste Bär nach über 170 Jahren nach Bayern, sein Abschuss sorgt bis heute für Diskussionen. Seitdem streifen regelmäßig Jungbären durch die Wälder am Alpenrand. Deshalb wollen sich die Landkreise dort besser vorbereiten.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Nah dran am .

Erst vor zwei Wochen hat eine Wildtierkamera unweit der Grenze zum Oberallgäu auf österreichischer Seite wieder einen jungen Bären erfasst. Er stammt mit größter Wahrscheinlichkeit aus der Bärenpopulation im italienischen Trentino. Und nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre wird er nicht der einzige sein oder bleiben.

"Initiative Braunbär" will Vorbereitungen treffen

Nachdem im April vorigen Jahres der 26-jährige Jogger Andrea Papi im Val di Sole von Braunbärin Gaia – auch bekannt als JJ4 – getötet worden war, ist die Sensibilität, was Begegnungen mit Bären betrifft, auch in Bayern enorm gewachsen. Gaia ist die Schwester des 2006 in Bayern erschossenen Braunbären Bruno. Vertreter der Alpenlandkreise wollen jetzt eine gemeinsame Strategie entwickeln, um vorbereitet zu sein, wenn wieder junge Bären nach Bayern kommen. Der "Initiative Braunbär" gehören Vertreter der Landkreise, Experten aus Politik, Alp- und Almwirtschaft sowie ein Südtiroler Experte an. Alle treffen sich Mitte Juni im Landratsamt Oberallgäu in Sonthofen, um ein gemeinsames Vorgehen zu besprechen.

Wanderschaft führt oftmals nicht zum Ziel

Junge männliche Bären trennen sich mit zwei bis zweieinhalb Jahren von ihrer Familie und gehen auf Wanderschaft, um ein Weibchen zu finden. Von der großen Bärenpopulation im Trentino wandern deshalb viele Richtung Norden über die Berge nach Österreich und in die Schweiz, aber eben auch bis in die bayerischen Alpenlandkreise. Nachdem die jungen Bärinnen aber nicht fortgehen, sondern in der Nähe ihrer Familie bleiben, ist die Wanderschaft der jungen männlichen Bären meist fruchtlos. Sie kehren nach einer gewissen Zeit auch wieder ins Trentino zurück.

Junge Bären werden oft zu "Schadbären"

Während ihrer Wanderschaft können die Bären allerdings zum Teil erhebliche Schäden anrichten. Immer wieder haben die Jungtiere in der Vergangenheit Schafe oder auch andere Weidetiere gerissen und vereinzelt Bienenstöcke zerlegt. Anders als Bruno halten sie sich aber in aller Regel fern von Menschen oder menschlichen Siedlungen. Menschen sieht der Bär nicht als Beute. Deswegen meidet er menschliche Nähe oder wendet sich im Fall einer Begegnung sogar ab, solange er keine Bedrohung verspürt.

💬 Die BR24-User "Pfalzbayer" und "Nils289" haben in den Kommentaren die Ernährung von Bären angesprochen. Das Team von "Dein Argument" hat ergänzt:

Bären ernähren sich überwiegend fleischlos. Beeren, Wurzeln, Kräuter, Nüsse und Pilze stehen auf dem Speiseplan, Honig gilt als Leckerbissen. Wenn es ums Fleisch geht, nehmen Bären alles: Fische, Insekten, Larven, Vogeleier. Aber eben auch große Säugetiere wie Rehe. Bären reißen jedoch auch Nutztiere, wie Schafe, Ziegen oder Kühe.

Braunbären fressen von größeren Tieren häufig nur den Bauchbereich und mit Vorliebe die Innereien. Das Aas dient dann anderen Wildtieren, etwa Füchsen als Nahrung. Der Hunger der Bären ist groß: Im Herbst sind sie fast den ganzen Tag mit der Futtersuche beschäftigt und fressen dann bis zu 20.000 Kilokalorien, um sich für den Winter zu rüsten. Essensreste ziehen den Bären an. Hat er gelernt, dass etwa in Mülltonnen fett- und kohlenhydrathaltiges Futter zu finden ist, wird er immer wieder in Siedlungen auftauchen. 💬

Bärin Gaia kommt im Herbst nach Deutschland

Der Vorfall um den tödlich verletzten Jogger war damals ein Präzedenzfall, der die Debatte um die Rückkehr der Bären in den Alpenraum grundsätzlich neu aufflammen ließ. Gaia, bzw. JJ4, die den Jogger getötet hat, kommt nach einer Entscheidung der italienischen Forstbehörden in den "Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald".

Vorausgegangen war eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trento (Trient), wonach Gaia weder erschossen noch freigelassen werden darf. Die deutsche "Stiftung für Bären", die den Wildtierpark in Bad Rippoldsau-Schapbach im baden-württembergischen Landkreis Freudenstadt betreibt, hat sich angeboten, die Bärin aufzunehmen. Die Organisation ist seit Längerem vermittelnd zwischen den verschiedenen "Parteien" im Bärenstreit des Trentino tätig und sieht die Unterbringung im Schwarzwald als das "kleinste Übel" für die wilde Bärin an.

Mensch und Bär dicht aufeinander

Die Geschichte der Bärenansiedlung im Trentino begann Anfang der 2000er Jahre. Bären galten dort als ausgestorben und wurden dann in einem der größten Auswilderungsprojekte der vergangenen Jahre in Norditalien wieder heimisch. Zunächst verlief das Projekt nach Plan. Doch mittlerweile gibt es weit über 100 Bären in der Region, nirgendwo sonst in Europa leben Mensch und Bär so dicht aufeinander. Das hat Folgen. Die Konflikte nehmen deutlich zu.

Im Jahr 2006 zog mit Bruno der erste Bär seit 170 Jahren auch nach Bayern. Schafe und Rinder waren seine Beute - was die Almbauern nicht hinnehmen wollten. Noch ernster wurde die Lage, als Bruno in Siedlungen auftauchte und Touristen ihm in den bayerischen Wandergebieten regelrecht nachstellten. Bruno wurde nach einer spektakulären Jagd erschossen. Tierschützer waren empört.

Schwarzwälder Bärenpark zunächst skeptisch

Brunos Schwester Gaia lebte einige Jahre sehr unauffällig im Trentino. Doch im vergangenen Jahr begegnete sie dem jungen Jogger, der sich offenbar gegen die Bärin zu wehren versuchte und das mit dem Leben bezahlte. Wildexperten beklagten immer wieder, dass über das richtige Verhalten bei der Begegnung mit einem Bären zu wenig bekannt sei. Sie fordern mehr Informationen dazu.

Nach dem Tod des Joggers wollten Forstexperten den Bären entnehmen, also abschießen. Das jedoch wurde nach Einsprüchen von Tierschützern gerichtlich untersagt. Freigelassen werden durfte Gaia nach dem Vorfall aber auch nicht. Nun ist die Entscheidung gefallen, Gaia im Schwarzwälder Bärenpark aufzunehmen. Obwohl sich dessen Geschäftsführer Bernd Nonnenmacher in der Dokumentation "Gefährlich nah" noch skeptisch darüber äußerte, einen Bären aus der freien Wildbahn einzusperren.

Gaia kommt zu ihrer Mutter Jurka

Auch Gaias Mutter Jurka lebt seit 2010 im "Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald" – Gaia wird also einen Teil ihrer Familie wiedertreffen. Wann genau die Anlage für Gaia fertiggestellt ist, konnten die Verantwortlichen des Bärenparks noch nicht sagen.

Die ARD-Dokumentation "Gefährlich nah" zeigt das Bärenleben im Trentino, schildert aber auch die Probleme in der Region.

🎧 Die Geschichte von Bayerns berühmtem Problembären Bruno - erzählt mit dem Wissen von heute im neuen BR True Crime Podcast "Wild Crimes"

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