Außenansicht der JVA Kaisheim.
Bildrechte: BR / Judith Zacher
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Hinter die Mauern der JVA Kaisheim wurden Handys geschmuggelt.

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JVA Kaisheim: Beamter soll 22 Handys geschmuggelt haben

JVA Kaisheim: Beamter soll 22 Handys geschmuggelt haben

Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen einen Beamten der JVA Kaisheim: Er soll gegen Geld mehr als 20 Handys ins Gefängnis geschmuggelt haben. Das sind die Hintergründe.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Verbotene Handys gegen Geld: Ein Beamter der JVA Kaisheim im Landkreis Donau-Ries soll Häftlingen Mobiltelefone ins Gefängnis gebracht und nach BR-Informationen dafür bis zu 1000 Euro kassiert haben - pro Gerät. Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen den 36 Jahre alten Mann wegen 22 Fällen der Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall.

Mögliche Handy-Übergabe flog schon im Dezember auf

Die Polizei stellte den JVA-Beamten bereits am 19. Dezember auf einem öffentlichen Parkplatz, wie die Augsburger Staatsanwaltschaft am Dienstag bestätigte. Dort sollte offenbar die Übergabe von zwei Mobiltelefonen stattfinden. Diese hätte der Beamte dann in die JVA schmuggeln wollen, heißt es. Die Polizeibeamten nahmen den JVA-Mitarbeiter an diesem Dezembertag vorläufig fest, ließen ihn nach der Durchsuchung seiner Wohnung aber wieder frei. Wie das bayerische Justizministerium dem BR bestätigte, wurde gegen den Beamten zwischenzeitlich ein Verbot der Dienstgeschäfte ausgesprochen.

Die Suche nach den Auftraggebern

Durchsucht wurde wenig später, am 3. Januar, auch die JVA-Kaisheim: Zahlreiche Beamte der Kriminalpolizei und eine Einsatzhundertschaft der Polizei durchsuchten unter anderem die Zellen der Häftlinge, die als mutmaßliche Auftraggeber fungiert haben sollen. Gesucht wurde nach Informationen des BR nach SIM-Karten, Mobiltelefonen, aber auch Rechnungen oder anderen Schriftstücken, die für die Ermittlungen wichtig sein könnten.

Aktuell wird laut Staatsanwaltschaft gegen fünf Häftlinge ermittelt: Sie sollen nach BR-Informationen den Beamten bestochen und anschließend die Handys im Gefängnis in Umlauf gebracht haben. Bis zu 1.000 Euro soll der Beamte BR-Informationen zufolge für ein Smartphone erhalten haben. Die Ermittlungen laufen, bis zu deren Abschluss gilt die Unschuldsvermutung. Sollte der Beamte verurteilt werden, droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe.

Keine Handys im Gefängnis erlaubt

Der Besitz und Gebrauch von Handys hinter Gittern ist für Häftlinge in Bayern verboten. Wie der BR aus JVA-Kreisen erfuhr, haben jedoch viele Häftlinge etwa in der JVA Kaisheim ein Handy. Das belegen auch offizielle Zahlen: Im Jahr 2023 wurden laut der damaligen Anstaltsleitung allein in der JVA Kaisheim über 50 Handys sichergestellt, im Jahr 2022 waren es 49.

Dass zumindest ein Teil dieser Handys offenbar über Beamte in die Gefängnisse gelangt, zeigt der aktuelle Fall. Und es ist nicht der erste dieser Art: Erst im Sommer 2023 war eine damalige Beamtin der JVA Kaisheim zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden – unter anderem wegen Handyschmuggels. Ein Beamter der JVA Gablingen wurde wegen Drogen- und Handyschmuggels im Jahr zuvor zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Bestechliche Beamte im Justizvollzug

Nach Meinung des Augsburger Rechtsanwalts Thomas Galli, der als Kritiker des Strafvollzugs bekannt ist, seien manche Beamte auch deshalb offenbar bestechlich, weil die Bezahlung der bayerischen Justizvollzugsbeamten zu gering sei. Da sei ein finanzieller Anreiz da - dann, so Galli, "schlittern die da so rein".

Wie der BR aus JVA-Kreisen erfuhr, werden häufig zunächst kleinere Dinge von Gefangenen gefordert, etwa eine Gefälligkeit. Das Problem: Schon mit einem Entgegekommen wird ein Mitarbeiter erpressbar. So könne es sein, dass man "hinein rutsche", sagt der Rechtsanwalt weiter – die Gefahr, dass so etwas auffliege, sei allerdings immens.

Rechtsexperte: "Dürftige Besoldung der Justizvollzugsbediensteten"

Der Rechtsexperte der SPD im Landtag, Horst Arnold, betont: Der aktuelle Kaisheimer Fall sei sicherlich nicht die Regel - werfe aber "ein schlagartiges Licht auf die dürftige Besoldung der Justizvollzugsbediensteten". Dass Häftlinge das Bedürfnis haben, mit ihren Familien zu reden, etwa um private Probleme zu lösen, sei verständlich. Dennoch befürwortet er das Handyverbot: Insbesondere unter Untersuchungshäftlingen könnten sonst Absprachen stattfinden oder Menschen bedroht werden – das würde den "Supergau" für das Instrument der U-Haft bedeuten. Gründliche, personenunabhängige und dauerhafte Kontrollen aller Beteiligten seien deshalb nötig, so Arnold weiter.

Erst kürzlich hatte die Justizvollzugsanstalt Gablingen bei Augsburg für Schlagzeilen gesorgt. Auch dort wird ermittelt, und zwar gegen die Anstaltsleitung sowie deren Stellvertreterin. Dabei geht es unter anderem um die Misshandlung von Häftlingen.

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