Marihuana-Pflanzen (Symbolbild)
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Kampf gegen Drogen: Deutschland streitet um 30 Gramm

Kampf gegen Drogen: Deutschland streitet um 30 Gramm

Feierabend-Joint oder Einstiegsdroge? In Deutschland ringen die Parteien um die Cannabis-Legalisierung. Experten warnen vor allem bei jungen Konsumenten vor Langzeitschäden. Denn: Wer einmal gegen eine Drogensucht ankämpft, kämpft an vielen Fronten.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Deutschland streitet um 30 Gramm. 30 Gramm "Genuss-Cannabis" sollen nach den Plänen der Ampel-Koalition künftig für Menschen über 18 Jahren erlaubt sein. Über die Legalisierung wird in Deutschland heftig debattiert – und auch darüber, dass sich die Zahl der Drogentoten in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat. Ebenso wird diskutiert, ob man Cannabis als Einstiegsdroge ansehen kann. Mediziner warnen zudem vor den Auswirkungen des Cannabiskonsums auf die Gehirne von Jugendlichen - vor dem Hintergrund, dass es schon jetzt zu wenig Langzeit-Therapieplätze für Drogensüchtige gebe.

Bundeskriminalamt: Zahl der Drogentoten steigt

Laut Bundeskriminalamt starben vergangenes Jahr 1.826 Menschen an Drogen. Das ist ein trauriger Rekord, denn in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Drogentoten fast verdoppelt. Auch der Konsum von Cannabis ist massiv gestiegen, zeigt eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Ein Viertel der über 18-Jährigen konsumiere demnach "öfter".

Jointchen oder Junkie-Türöffner?

Das Bild der Einstiegsdroge hält vor allem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hoch und warnt vor einem Drogentourismus nach Deutschland. Unterstützung bekommt er von CDU-Chef Friedrich Merz, der kürzlich in Richtung des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) fragte: "Was hat der Mann geraucht?" Merz wolle "alles mobilisieren", um eine Legalisierung zu verhindern.

"Prohibition nutzt nichts", hält Katharina Schulze von den Bayerischen Grünen dagegen. Die Menschen würden so oder so konsumieren. Zudem sei es nicht nachvollziehbar, weshalb ein Feierabend-Bierchen erlaubt sei - wer sich aber einen Feierabend-Joint gönne, werde kriminalisiert.

Cannabis-Dealer: Weiterhin "ums Eck" oder bald "arbeitslos"?

Expliziten Streit um den Cannabis-Markt gibt es zwischen FDP und CDU. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger glaubt, dass junge Konsumenten nach wie vor Cannabis "lieber zum billigeren Preis mit mehr Wirkung bei ihrem Dealer ums Eck" kaufen würden. Ganz anders sieht das der bayerische FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Hagen: Ein regulierter Handel sei ihm zufolge besser als der Schwarzmarkt. Dann nämlich wären Verbraucherschutz und Jugendschutz sichergestellt. Laut Hagen nehme der Schwarzmarkt in Kanada, wo Cannabis legalisiert wurde, immer weiter ab. Ähnlich sieht das Parteikollege und Bundesjustizminister Marco Buschmann: Mit einer Legalisierung mache man "den Dealer arbeitslos", schreibt er auf Instagram.

Nach Legalisierung: Mehr Andrang in psychiatrischen Kliniken?

Bayerns Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger fordert mehr Suchtprävention statt Repression und findet es nicht richtig, wenn Cannabiskonsum schwerer bestraft werde als Alkoholkonsum. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) warnt dagegen vor erheblichen sozialen Risiken. Das ambulante und stationäre Gesundheitssystem würde Holetschek zufolge überlastet, "weil die Behandlungszahlen steigen werden". Noch mehr Andrang in psychiatrischen Kliniken also? Tatsächlich warnen auch die Psychiater: Vor allem bei Jugendlichen docke Cannabis genau an den Stellen im Hirn an, wo Gedächtnis, Lernleistung, Konzentration und Antrieb entstehen, sagt Iris Hauth, ärztliche Direktorin der Alexianer St. Joseph in Berlin. Aus diesem "Andocken" könne ein lebenslanger Schaden entstehen.

Gefahr vor allem für Jugendliche: Psychosen steigen

Dass intensiver Cannabiskonsum vor allem bei Jugendlichen Psychosen auslösen kann, belegen mehrere Studien, zum Beispiel der National Library of Medicine oder dem Universitätsklinikum Ulm. Die Wissenschaftler um Prof. Maximilian Gahr konnten im "Journal of Clinical Psychopharmacology" nachweisen: Je häufiger der Konsum und je jünger die Kiffenden, desto größer das Risiko. Suchtmediziner Henrik Rohner vom Uniklinikum Bonn sagt: "Wir wissen aus den Ländern, in denen Cannabis legalisiert wurde, dass die Quote derer, die Psychosen bekommen, steigt."

Erhöhter Konsum nach Legalisierung nicht eindeutig belegbar

Unklar ist allerdings wie stark der Konsum nach einer Legalisierung steigt. Ein Blick auf Länder, in denen der Cannabis-Konsum erlaubt ist, lässt keine eindeutigen Schlüsse zu. In den Niederlanden gibt es keinen Beweis für einen Cannabiskonsumanstieg, in Belgien liegt der Konsum seit einer Liberalisierung unter dem EU-Durchschnitt. In Kanada stieg der Konsum bei Jugendlichen allerdings um drei Prozent an. Dies legen Studien aus dem Jahr 2019 und dem Jahr 2015 nahe.

Überfüllte Suchtkliniken: Große Versprechen, wenig Pläne

Es bleibt das Problem, dass schon jetzt viele Suchtkliniken überfüllt sind und Betroffene teilweise mit langen Wartezeiten rechnen müssen. Was plant die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Cannabis-Legalisierung zu tun, um die Kapazitäten zu erhöhen? Man arbeite an einem neuen Gesetz, um die Versorgung deutlich zu verbessern, versprach Bundesgesundheitsminister Lauterbach während einer Pressekonferenz im Oktober. Konkret wurde er aber nicht: Wann das Gesetz kommt, was drinsteht - darüber ist nichts bekannt.

In einer früheren Version dieses Artikels wurde die Fallgeschichte Daniels verkürzt wiedergegeben. Wer die kontrovers-Story zu Daniel komplett verfolgen will, findet sie hier in unserer Mediathek.

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