Jonas Abu Wahib: Europameister aus Breuberg
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Jonas Abu Wahib: Europameister aus Breuberg

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Karate-Talent vom Untermain auf dem Weg zur Weltspitze

Karate-Talent vom Untermain auf dem Weg zur Weltspitze

Karate ohne Gegner – auch das ist Teil der Kampfsportart. Der 16-jährige Jonas Abu Wahib aus Unterfranken hat diese Art des Schattenkampfs perfektioniert. Aktuell bereitet er sich auf einen besonderen Titel vor.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Angestrengter Blick, die Handkante gestreckt, der Fuß zum Sprung bereit: Hochkonzentriert fokussiert Jonas Abu Wahib seinen Gegner. Doch niemand steht ihm gegenüber. Denn Jonas macht Kata, eine Disziplin im Karate. "Wir führen das vor wie in einem Kampf, wie mit unserem Schatten", sagt der 16-Jährige. "Wir machen Blocktechniken in die Luft. Gleichzeitig stellen wir uns vor, dass da jemand wäre."

Jonas zeigt einen festgelegten Bewegungsablauf, im Kampf gegen seinen imaginären Gegner. Die Bewegungen einer solchen "Kata" sind festgelegt und folgen strengen Regeln. Jede Kata hat einen japanischen Namen. Jede neue Position folgt auf eine Zahl, gezählt wird laut auf Japanisch: "Ichi, ni, san, shi" – eins, zwei, drei und vier. Die Bewegungen ähneln einer Tanzchoreografie, erinnern durch die Sprünge, Tritte und lauten Schreie aber an einen martialischen Kampf. Zwischen jeder Zahl hält Jonas inne, findet sein Gleichgewicht und ballt die Fäuste immer wieder neu. "Wir üben die Technik mehrmals. Wir wiederholen sie, damit man in der Wettkampfsituation nicht mehr viel nachdenken muss."

Die Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft laufen

Denn wenn Jonas nicht gerade im unterfränkischen Mömlingen trainiert, tourt er dank seiner Leidenschaft Karate durch die Welt. Als Mitglied im Kader stehen an vielen Wochenenden Qualifikationen und Trainingslager an – in Vorbereitung auf sein Ziel, Weltmeister zu werden. Gerade bereitet er sich auf die Weltmeisterschaft in den Altersklassen U16, U18 und U21 im Herbst in Venedig vor. Bei der letzten WM im Jahr 2022 kamen ins türkische Konya rund 1.700 Athletinnen und Athleten aus 98 Ländern. Dort ging Jonas zum ersten Mal bei einer WM an den Start und wurde U16-Vize-Weltmeister.

Erfolg bei Europameisterschaft

Sein bisher größter Erfolg: Die Europameisterschaft in seiner Altersklasse. Der Sieg auf dem Turnier im georgischen Tiflis im Februar 2024 kam unerwartet. Denn eigentlich wollte er sich mit seinem EM-Start in der U18-Altersklasse an das Niveau herantasten. Mit seiner Performance holte Jonas dann die einzige Goldmedaille für Deutschland. "Es war ein tolles Gefühl, als mein Name gesagt wurde. Dann gehst du hoch auf den ersten Platz. Und deine Mannschaft klatscht für dich."

Eigentlich ist Karate ein Sport für Einzelkämpfer, sagt Jonas. Trotzdem hat ihn die Kampfkunst schon Freundschaften auf der ganzen Welt gebracht. "Ich habe viele Freunde aus Italien, Frankreich und anderen Ländern. Das ist wie eine Gemeinschaft geworden."

Laut Bayerischem Karatebund gibt es im Freistaat über 600 Vereine mit über 40.000 kampfkunsttreibenden Sportlerinnen und Sportler jeder Altersgruppe. Für den deutschen Karatesport steht 2026 ein wichtiges Event an. Denn dann kommt die Europameisterschaft nach Frankfurt. Auch die Austragung der Para-Karate-Wettbewerbe soll in Frankfurt stattfinden.

Vom Vater gelernt

Bei seinem Heimatverein, dem SV UNSU Karate Mömlingen, wird Jonas von seinem Vater trainiert. Mohammed Abu Wahib ist Landestrainer des Bayerischen Karatebundes und macht selbst jahrelang Karate. Über ihn ist Jonas mit drei Jahren zum Sport gekommen: "Bei seinen Trainings habe ich früher an der Seite der Matte die Techniken mitgemacht."

Das Training zwischen Vater und Sohn bringe den Vorteil, dass die Zeiten flexibler seien. "Wir versuchen tatsächlich, Ziele aus dem Training nicht zuhause zu besprechen", sagt Mohammed. Stattdessen haben sie in ihrem "Dojo" in Mömlingen extra einen Besprechungsraum eingerichtet.

Karate ist für beide eine Lebenseinstellung geworden

Zu Konflikten komme es selten, sagt Mohammed – auch, weil Karate für beide zur Lebenseinstellung (Podcast-Link) geworden ist. "Wir können den Gegner treffen. Aber wir wollen niemandem wehtun und ziehen den Schlag daher nicht durch." Dafür brauche es besondere Selbstbeherrschung und langes Training. "Ich zeige meinem Gegner also, dass ich ihn erreichen kann. Aber ich möchte nicht." Ein Karateka müsse daher doppelt so viel im Vergleich zu den anderen Kampfsportarten trainieren.

Bei Wettkämpfen, so sagt Mohammed Abu Wahib, ist er doppelt aufgeregt: Als Trainer und als Vater. "Aber ich weiß auch, dass er auf einem guten Weg ist." Gerade macht Jonas noch seine Mittlere Reife fertig. Dann kann er sich bei der Weltmeisterschaft im Herbst voll und ganz auf seine Kata konzentrieren.

Zum Audio: Karate ohne Gegner

Der entscheidende Moment: Jonas Abu Wahib (rechts)  wird vom Hauptkampfrichter zum Europameister gegen Muhammed Efe Yurtseven gekürt.
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Der entscheidende Moment: Jonas Abu Wahib (rechts) wird vom Hauptkampfrichter zum Europameister gegen Muhammed Efe Yurtseven gekürt.

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