Benin-Bronzen im Museum Fünf Kontinente in München.
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Benin-Bronzen im Museum Fünf Kontinente in München.

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Koloniale Raubkunst: Warum ist die Rückgabe so schwierig?

Koloniale Raubkunst: Warum ist die Rückgabe so schwierig?

Die Benin-Bronzen sind zum Symbol von Raubkunst geworden. Wie gehen die ehemaligen Kolonialmächte mit dem Erbe von Eroberung und Ausbeutung um? Mit der Rückgabe will auch Bayern nun ein Zeichen setzen. Doch das ist gar nicht so einfach.

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Jedes Königshaus der Welt wäre wohl stolz auf so eine Ahnengalerie: Kunstfertig geschnitzt, aus einem Elefantenstoßzahn, zeigt sie die Vorfahren des Königs von Benin. Die königliche Ahnengalerie ist einer der Hingucker in der Afrikasammlung des Museums Fünf Kontinente in München.

Doch das könnte sich bald ändern und das Prunkstück zurück nach Afrika gehen. Denn Museumsdirektorin Uta Werlich ist sich ziemlich sicher, dass das Kunstwerk geraubt worden ist. Im Jahr 1897 haben britische Soldaten während der Eroberung des damaliges Königreichs Benin gewütet und geraubt. Die Beute haben sie anschließend in ganz Europa verscherbelt.

Viel Raubkunst in Bayerns Museen

Bayern will jetzt einen Großteil der geraubten Kulturgüter aus dem ehemaligen Königreich Benin zurückgeben. Dessen ehemaliges Staatsgebiet liegt im heutigen Nigeria. Hier wird schon an einem Museum gebaut. Über 1.100 Kulturgüter aus Benin, überwiegend in Bronze gegossene Figuren, Gedenkköpfe und Tafeln, wurden mittlerweile in ganz Deutschland gezählt.

  • Zum Artikel: Benin-Bronzen: Politik plant ab 2022 "substantielle Rückgaben"

Das Museum Fünf Kontinente in München weiß von rund 50 Objekten aus Benin in seiner Sammlung. Direktorin Uta Werlich sagt, dass die Herkunft längst nicht bei allen geklärt sei. Nur bei fünf dieser 50 Benin-Objekten sei klar, dass sie geraubt worden sind, also den Eigentümern mit unmittelbare Gewalt entrissen wurden.

3.000 Südseeexponate in Nürnberg

Die Wissenslücken sind gewaltig - auch in Nürnberg. Die Naturhistorische Gesellschaft (NHG) besitzt etwa 3.000 Südsee-Exponate. Masken, Boote, Köpfe und Figuren: die Bandbreite ist gewaltig. Nur etwa ein Zehntel sei auch in der Ausstellung des Naturhistorischen Museums zu sehen, sagt NHG Vorsitzende Gabriele Prasser. Doch die aktuelle Diskussion habe ihr die Augen geöffnet. "Es ist zum Teil herzzerreißend, was auf den Inseln der Südsee stattgefunden hat", sagt die ehrenamtliche Vereinsvorsitzende, mit Blick auf Strafexpeditionen der deutschen Kolonialtruppen in Papua-Neuguinea.

Die Rückgabe ist komplizierter als gedacht

Doch bevor Prasser über die Rückgabe einzelner Sammlungsstücke reden will, müsse zunächst die genaue Herkunft jedes Objekts überprüft werden. Das wird einige Jahre dauern. Aber in einem Punkt wollen die Nürnberger sehr bald auf die Diskussion über den Kolonialismus reagieren: Menschliche Überreste, also verzierte Schädel, mit denen die Papua ihrer Angehörigen gedacht haben, sollen bald aus der Ausstellung in Nürnberg entfernt werden – aus Pietätsgründen.

Ein Problem – jahrelang ignoriert

Wann und unter welchen Umständen Kulturgüter aus den ehemaligen Kolonien in Afrika und Asien nach Europa gekommen sind, war jahrzehntelang kein Thema für die Völkerkunde-Sammlungen. Die Provenienz-Forschung, also die Frage nach dem Woher der jeweiligen Objekte, kommt erst langsam in Gang.

Im Museum Fünf Kontinente in München durchforstet Karin Guggeis seit Ende 2019 die Kamerun-Bestände des Museums. Eine durchaus bedeutende Sammlung. Schließlich war Kamerun von 1884 bis 1916 eine von vier deutschen Kolonien in Afrika.

Nicht alles ist "Raubkunst"

Der bayerische Offizier Max von Stetten (1860 in Nürnberg geboren, 1925 in München gestorben) war dort einige Jahre Kommandeur der sogenannten "Kaiserlichen Schutztruppe". Über 200 Kunstgegenstände hat er in seiner Zeit als Kolonialherr gesammelt und nach München gebracht. Was er geraubt und was er davon gekauft hat, will Karin Guggeis Objekt für Objekt klären.

"Damals gab es anscheinend schon so einen Markt für Europäer, wo sie halt bestimmte Dinge bestellt haben, bzw. in Auftrag gegeben haben, um diese Dinge dann mit zurückzunehmen, nach Europa." Viele Armreifen aus der Kamerun Sammlung seien daher wohl keine Raubkunst, meint Karin Guggeis.

Es ist Detektivarbeit

Anders bei einer Reliquienfigur aus Ebenholz, mit markanten Lippen und Goldringen, die prominent in einer Vitrine der Afrikasammlung des Münchner Museums zu bewundern ist. In dem Eingangsbuch des Museums wurde vor über 120 Jahren notiert: "Geschenk des Rittmeisters Max von Stetten aus dem Krieg von Aktona am Junongfluß in Jaunde". Die Reliquienfigur ist also eindeutig Raubkunst.

Trotzdem ist die Rückgabe an Kamerun längst noch nicht ausgemacht. Das Museum Fünf Kontinente möchte Objekte aus seiner Sammlung eigentlich nur an Nachfahren der ursprünglichen Eigentümer zurückgeben. Die sind aber fast nicht zu ermitteln.

Was muss alles zurückgegeben werden?

Die Kultusminister der Länder haben gemeinsam einen hohen Anspruch an den Umgang mit dem kolonialen Erbe formuliert. In einem Eckpunkte-Papier vom 13. März 2019 heißt es: "Wir wollen dabei die Voraussetzungen schaffen, für die Rückführungen von Kulturgütern aus kolonialen Kontexten, deren Aneignung in rechtlich und/oder ethisch heute nicht mehr vertretbarer Weise erfolgte."

Dieser etwas sperrige Satz birgt Brisanz. Denn demnach geht es nicht nur um Raubkunst im engeren Sinn, sondern um all jene Kulturgüter, deren Erwerb nicht sauber gelaufen ist. Etwa könnte der Kolonialherr, zum Beispiel bei den Verkaufsverhandlungen, indirekt mit Gewalt gedroht haben. Das bedeutet, es kommen wohl sehr viele Museumsobjekte aus den Kolonialzeiten für die Rückgabe in Frage, die nicht klassische "Raubkunst" sind.

Es wird leerer in den Museen

Doch Rückgaben stellen auch die jeweiligen Museen hierzulande vor große Herausforderungen. In München gesteht Direktorin Uta Werlich: "Allein der auf den Stoßzahn geschnitzte Ahnenaltar aus Benin wäre ein riesiger Verlust für das Museum Fünf Kontinente. Mit diesem Verlust müssten wir dann leben und uns überlegen, wie wir die Geschichte dieses Objektes vielleicht auf eine andere Art in der Ausstellung erzählen können."

Es ist auch eine Chance für die Museen

Könnte der gesamte Rückgabeprozess das Museum Fünf Kontinente als solches gefährden, wenn denn erstmal alle Teilsammlungen auf Raubkunst durchleuchtet worden sind? Nein, meint die Direktorin. Sie sieht den Prozess vielmehr als Chance, die Inszenierung in der Ausstellung neu zu gestalten. Der Bedarf sei vorhanden.

Der Kolonialismus und all die Verwerfungen, die europäische Gewaltherrschaft in den eroberten Gebieten ausgelöst hat, würde bislang in der Ausstellung kaum erzählt. Doch das Museum Fünf Kontinente hat sich viel vorgenommen. "Der De-Kolonialisierungsprozess hier im Museum hat in den letzten beiden Jahren viel Fahrt aufgenommen", sagt Uta Werlich. Ziel sei es, dass sich Menschen aller Länder respektvoll und auf Augenhöhe begegnen.

Die Rückgabe eines großen Teils der Benin-Bronzen aus Deutschland nach Nigeria ist schon für nächstes Jahr geplant. Das wäre ein erster symbolischer Schritt. Doch die Aufarbeitung des kolonialen Erbes hat damit gerade erst begonnen.

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