Wenn Markus Söder wirklich "Reue und Demut" von Hubert Aiwanger erwartet hatte, muss er rasch enttäuscht gewesen sein. Keine Spur davon. Im Gegenteil, Aiwanger lässt seinem Triumphgefühl freien Lauf. Trotz kommt hinzu. Das ist verständlich. Er hat einen Sturm überstanden, der jeden anderen Politiker weggefegt hätte.
Ansehen Bayerns ist angekratzt
Trotzdem muss Aiwanger sich jetzt zügeln. Er kann in der Regierung weitermachen, ja, aber Fragen und Widersprüche kleben an ihm. Ginge es um ein frisiertes Mofa des Teenagers Aiwanger, wäre das kein Problem. Es geht aber um die deutsche Identität, zu der Auschwitz gehört wie die Erinnerung daran. Dass Aiwanger da überhaupt Zweifel aufkommen ließ, verbietet jetzt, wo seine Entlassung abgewendet ist, vielleicht nicht Zufriedenheit. Aber jeden Triumph.
Keine Rückzugstaktik von Markus Söder
Es ist keine Rückzugstaktik Söders, von Aiwanger Reue und Demut zu fordern. Beides ist Voraussetzung für die Genesung der politischen Kultur. Sie ist angeschlagen. Misstrauen ist gewachsen. Das Ansehen Bayerns ist angekratzt. Der Wirtschaftsminister einer der stärksten Volkswirtschaften Europas hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. An all dem ist nicht Aiwanger allein schuld. Aber eben auch und sehr.
Maß halten!
Deshalb braucht es Reue und Demut. Also mehr als eine pauschale Entschuldigung unter Vorbehalt.
Ein Vorschlag: Aiwanger könnte mal erzählen, welche "gedanklichen Prozesse" der "Vorfall" in seiner Jugend bei ihm angestoßen hat, wie er in seiner Antwort auf Frage 23 schreibt. Wenn Aiwanger wirklich ein so guter Redner ist, müsste er damit sogar ein Bierzelt in den Bann ziehen können.
Bürgerlich-konservativ zu sein, bedeutet, Maß zu halten. Auch im Erfolg. Und manchmal liegen Triumph und Demut ja nah beieinander.
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