Ein Kommentar von Achim Wendler, Leiter der BR-Redaktion Landespolitik
Bildrechte: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Müller

Ein Kommentar von Achim Wendler, Leiter der BR-Redaktion Landespolitik

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Kommentar: Aiwanger – Von Demut keine Spur

Ministerpräsident Markus Söder hält an seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger fest - trotz der Vorwürfe rund um ein antisemitisches Flugblatt. Aiwanger triumphiert hemmungslos. Verständlich. Und unangemessen. Ein Kommentar von Achim Wendler.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Wenn Markus Söder wirklich "Reue und Demut" von Hubert Aiwanger erwartet hatte, muss er rasch enttäuscht gewesen sein. Keine Spur davon. Im Gegenteil, Aiwanger lässt seinem Triumphgefühl freien Lauf. Trotz kommt hinzu. Das ist verständlich. Er hat einen Sturm überstanden, der jeden anderen Politiker weggefegt hätte.

Ansehen Bayerns ist angekratzt

Trotzdem muss Aiwanger sich jetzt zügeln. Er kann in der Regierung weitermachen, ja, aber Fragen und Widersprüche kleben an ihm. Ginge es um ein frisiertes Mofa des Teenagers Aiwanger, wäre das kein Problem. Es geht aber um die deutsche Identität, zu der Auschwitz gehört wie die Erinnerung daran. Dass Aiwanger da überhaupt Zweifel aufkommen ließ, verbietet jetzt, wo seine Entlassung abgewendet ist, vielleicht nicht Zufriedenheit. Aber jeden Triumph.

Keine Rückzugstaktik von Markus Söder

Es ist keine Rückzugstaktik Söders, von Aiwanger Reue und Demut zu fordern. Beides ist Voraussetzung für die Genesung der politischen Kultur. Sie ist angeschlagen. Misstrauen ist gewachsen. Das Ansehen Bayerns ist angekratzt. Der Wirtschaftsminister einer der stärksten Volkswirtschaften Europas hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. An all dem ist nicht Aiwanger allein schuld. Aber eben auch und sehr.

Maß halten!

Deshalb braucht es Reue und Demut. Also mehr als eine pauschale Entschuldigung unter Vorbehalt.

Ein Vorschlag: Aiwanger könnte mal erzählen, welche "gedanklichen Prozesse" der "Vorfall" in seiner Jugend bei ihm angestoßen hat, wie er in seiner Antwort auf Frage 23 schreibt. Wenn Aiwanger wirklich ein so guter Redner ist, müsste er damit sogar ein Bierzelt in den Bann ziehen können.

Bürgerlich-konservativ zu sein, bedeutet, Maß zu halten. Auch im Erfolg. Und manchmal liegen Triumph und Demut ja nah beieinander.

Hubert Aiwanger
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Hubert Aiwanger

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!