Der ÖPNV-Gipfel in der Staatskanzlei - er war ein kleiner Schritt in die richtige Richtung und mehr konnte man ehrlicherweise auch nicht erwarten. Was in den letzten Jahrzehnten im wahrsten Sinn des Wortes auf der Strecke geblieben ist, kann nicht in einem Drei-Stunden-Treffen korrigiert werden. Gut aber ist, dass sich Staatsregierung, Kommunen und Kreise dazu bekannt haben, dass beim Öffentlichen Personennahverkehr deutlich mehr geschehen muss.
Das Bekenntnis ist gleichzeitig ein Eingeständnis des Versagens. Obwohl immer mehr Menschen nach Bayern gezogen sind und weiter zuziehen, haben Verkehrsminister, Bürgermeister und Landräte in der Vergangenheit meist nur getan, was unbedingt notwendig war. Zugespitzt gesagt hat sich allein in München seit den Olympischen Spielen 1972 nicht viel beim Nahverkehr bewegt.
Für Olympia 1972 wurde gebaut, seither nicht mehr viel
Die Folge: S- und U-Bahnen sind heillos überlastet, aber auch im Regionalverkehr der Bahn finden oft nur Frühaufsteher und Spätarbeiter einen Sitzplatz. Wer zu normalen Zeiten zu Arbeit fahren will, muss stehen, bezahlt aber dennoch einen Preis, der von vielen als überteuert empfunden wird. Das katastrophale Preis-Leistungs-Verhältnis ist auch der Grund, wieso jetzt das 365-Euro-Jahresticket in aller Munde ist.
Doch so einfach wird es nicht gehen. Eine Flatrate im Nahverkehr mag populär sein. Wer sie einführen will, muss so ein Angebot aber genau und sorgfältig abwägen. Stadt und Land dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Vielleicht sind engere Taktzeiten, bequeme und schnellere Bahnen und Busse besser, als der Verkaufsschlager 365-Euro-Ticket?
Beim 365-Euro-Ticket geht Sorgfalt vor Schnelligkeit
Dass die Verkehrspolitiker hier erstmal auf die Bremse getreten sind und ein solches Ticket erst in zehn Jahren sehen, ist gut, weil es bei dem Thema keine schnellen, seriösen und belastbaren Lösungen gibt. Bayern könnte sich aber bei der Erneuerung seines ÖPNVs durchaus am Ausland orientieren. Im Bergland Südtirol etwa zahlen Pendler niedrige Tarife, wenn sie lange Strecken fahren. Bei uns dagegen wird es mit jedem Kilometer teurer.
Die Politik darf und wird sich auch nicht nur auf die Großräume konzentrieren können, denn auch in ländlichen Regionen sollte es Ziel sein, möglichst viele Menschen vom Individualverkehr zum Umstieg auf Busse und Bahnen zu bewegen. Dazu braucht es kluge Ideen und Konzepte und keine bürokratischen Hemmnisse. Wenn weiter die kostengünstige Beförderung an Landkreis- oder Gemeindegrenzen endet, wie das jetzt oft der Fall ist, könnte man es gleich bleiben lassen.
Der Flaschenhals München braucht Entlastung
Nötig sind aber auch neue Trassen und es muss alles schneller gehen. In München zum Beispiel wird ein vorhandener Eisenbahn-Ring im Norden der Stadt, der zu den Olympischen Spielen gebaut wurde, nur für den Güterverkehr benutzt. Tausende Pendler müssen dagegen durch die verstopfte S-Bahn-Stammstrecken-Röhre mitten durch die Stadt. Das ist absurd und sollte rasch korrigiert werden. Der Weg also ist lang. Bis es einen wirklich preiswerten und effizienten ÖPNV in Bayern gibt, müssen noch sehr dicke Bretter gebohrt werden.
Ein Kommentar von Nikolaus Neumaier, Leiter Redaktion Landespolitik