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Kommentar zur Impfpflicht: Söders vorgeschobenes Argument

Kommentar zur Impfpflicht: Söders vorgeschobenes Argument

Die CSU begründet die Aussetzung der Teil-Impfpflicht in Bayern auch mit der Verzögerung der allgemeinen Impfpflicht. Dieses Argument ist vorgeschoben. Ein Kommentar von Achim Wendler

Da passt was nicht zusammen. Markus Söder zufolge droht durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht noch größere Personalnot in der Pflege. Viele impfunwillige Pflegerinnen und Pfleger würden einfach in andere Branchen abwandern. Das wäre indes nicht der Fall, wenn die Teil-Impfpflicht nur eine kurze Übergangslösung wäre, wenn sie bald ergänzt würde durch eine allgemeine Corona-Impfpflicht. Ein Berufswechsel würde sinnlos, weil ohnehin jeder sich impfen lassen müsste.

Da sich nun aber die allgemeine Impfpflicht verzögert, muss in der Logik der CSU auch die Teil-Impflicht verzögert werden, um die Pflegebranche nicht ausbluten lassen.

Teil-Impfpflicht als Übergangslösung beschlossen

Daran stimmt immerhin, dass die Teil-Impfpflicht im Dezember tatsächlich als eine Art Übergangslösung beschlossen wurde. Im Raum stand damals das Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz, eine allgemeine Impfpflicht werde es "Ende Februar, Anfang März" geben. Hätte Scholz Recht behalten, hätten wir die Impfpflicht für alle interessanterweise sogar noch vor der Teil-Impfpflicht gehabt, die bekanntlich erst ab Mitte März gilt. So weit, so stimmig.

Unglaubwürdige Argumentation

Ab hier aber wird die Argumentation der CSU unglaubwürdig. Denn wenn man Pflegern den Anreiz zum Berufswechsel nehmen will, muss die allgemeine Impfpflicht entsprechend aussehen. Davon aber ist das Konzept der Unionsfraktion – und damit der CSU – weit entfernt. Es wird keine einzige Pflegerin und keinen Pfleger von der Jobflucht abhalten. Eine Stufen-Impfpflicht, die nur bestimmte Altersgruppen erfassen und überhaupt nur greifen soll, falls eine gefährliche Virus-Variante droht – so ein Konstrukt dürfte für die berufliche Lebensplanung von Pflegerinnen so relevant sein wie eine Reform der Bäckergesellenprüfung.

Widersprüchlicher geht es nicht. Damit fällt nicht nur ein Argument gegen den Vollzug der Teil-Impfpflicht in sich zusammen. Das Ganze schadet auch den anderen, besseren Argumenten. Die CSU braucht sich jedenfalls nicht zu wundern über den Vorwurf, das bayerische Bremsmanöver sei reine Parteipolitik.

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