Videoüberwachung im öffentlichen Raum: Wie dürfen Bilder von der Polizei verwertet werden?
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Videoüberwachung im öffentlichen Raum: Wie dürfen Bilder von der Polizei verwertet werden?

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Kommt die Live-Gesichtserkennung im öffentlichen Raum?

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann will eine Echtzeit-Gesichtserkennung einführen – mithilfe von vorhandenen Überwachungskameras. Grundsätzlich ist das zwar durch EU-Recht untersagt, aber Ausnahmen sind zugelassen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann will eine Live-Gesichtserkennung mittels künstlicher Intelligenz im öffentlichen Raum – sie soll Gesichter automatisch zuordnen. Das ist grundsätzlich EU-rechtlich zwar nicht erlaubt, es gibt aber Ausnahmen: Zur Aufklärung und zur Verhinderung schwerer Straftaten und auf richterliche Anordnung können solche Bilder live gescannt und mit Fahndungsfotos abgeglichen werden.

Herrmanns Ziel: Vorhandene Kameras besser nutzen

Laut Herrmann geht es darum, bereits installierte Kameras in Bahnhöfen oder auf größeren Plätzen zu nutzen. Probleme mit dem Datenschutz sieht Herrmann nicht: "Es ist klar, dass Fotos, die keinen Treffer ergeben, sofort wieder gelöscht werden."

Sollte der Alarm dann eine entsprechende Übereinstimmung vermelden, müssen die Polizisten laut Innenminister erst einmal sehen: "Stimmt das auch wirklich?" Denn auch die Software mache Fehler. Dennoch ist Herrmann zuversichtlich, Fahndungserfolge mit dieser Technik wesentlich zu steigern.

Bundesinnenministerin Faeser zurückhaltend

Laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist der Einsatz von Echtzeit-Identifizierungssystemen europarechtlich nur in engen Grenzen möglich. Flächendeckende Videoüberwachung und der Einsatz von biometrischer Erfassung zu Überwachungszwecken lehnt die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag ab. Nun will Faeser eine abgespeckte Version: die automatisierte Gesichtserkennung.

Journalisten mit Fahndung erfolgreich

Dabei können Fahnder zum Abgleich auf Fotos im Internet zurückgreifen. Faeser betrachtet das als angemessen, aber: "Wir brauchen dafür eine Rechtsgrundlage, so ist das in einem Rechtsstaat. Das ist ein Grundrechtseingriff. Und insofern wäre ich froh, damit voranzukommen." Ein Journalist hatte mit einer KI-Software zur Gesichtserkennung die RAF-Terroristin Daniela Klette identifiziert – die Polizei darf so bisher nicht arbeiten.

Bedenken beim Datenschutzbeauftragten

Der bayerische Datenschutzbeauftragte, Thomas Petri, hat verfassungsrechtliche Bedenken, wenn an allen Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen solche Live-Gesichtsabgleiche stattfinden: "Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte aller Menschen, die sich auf diesen öffentlichen Plätzen fortbewegen und aufhalten." Außerdem zweifelt er an der Alltagstauglichkeit: Wenn die Trefferquote bei 98 Prozent liege, würden beispielsweise am Münchner Hauptbahnhof trotzdem noch hunderte von Menschen fälschlicherweise aus dem Verkehr gezogen.

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