Fleißig und in der Sache pointiert war der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn schon immer. Seit er sowohl den SPD-Landesverband als auch die Landtagsfraktion führt, hat er auch an seinem Erscheinungsbild gefeilt. Bei der Fraktionsklausur trägt er schon mal Turnschuhe und über dem Hemd ein modisches, dunkelblaues Sakko. Etwas mehr Chic auf dem Weg vom SPD-Umwelt- und Verbraucherschutzexperten zum "natürlichen" Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl 2023.
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Von Brunn nimmt Risiko einer SPD-Spitzenkandidatur "in Kauf"
Dabei ist das gar nicht unbedingt in seinem Sinn. Denn für Florian von Brunn kommt das Thema Spitzenkandidatur eigentlich zu früh. Schließlich entscheiden in der Bayern-SPD Landesvorstand und Parteitag über die Spitzenkandidatur. Er will nur sagen, "dass ich es nicht ausschließen würde. Natürlich. Wenn man sich für den Fraktions- und für den Landesvorsitz bewirbt, dann nimmt man dieses - ich sage jetzt mal scherzhaft - Risiko mit in Kauf."
Für solche Worte muss sich von Brunn merklich zusammenreißen. Aus jeder Pore dringt ihm sein Ehrgeiz, aber eben auch der Wille zur Vorsicht. Nur ja nicht wieder vorpreschen, wie zum Beispiel beim ersten Anlauf auf den Fraktionsvorsitz, 2018. Damals scheiterte von Brunn, weil sein Ehrgeiz manchem zu weit ging.
Ruth Waldmann, die Gesundheitsexpertin der SPD-Landtagsfraktion, legt sich dagegen gerne fest. Natürlich sei von Brunn "aller Voraussicht nach der Spitzenkandidat". Er sei ja mit diesem Anspruch auch angetreten. Und wie man am Weg von SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz sehe, so Waldmann, sei es auch richtig, sich "frühzeitig festzulegen und dann auch wirklich klarzumachen: Jetzt müssen wir uns auch alle hinter einen stellen". Es brauche mit von Brunn gegen Amtsinhaber Markus Söder (CSU) einfach "eine wiedererkennbare Figur".
Wahlkampf mit Geschlossenheit und sozialen Kernthemen
Der Heißsporn und passionierte Zwischenrufer im Landtagsplenum will sich ebenfalls an Olaf Scholz orientieren. Vor allem im Punkt Geschlossenheit. Von Brunns Einschätzung klingt deshalb eher wie ein Appell an die Bayern-SPD: "Ich glaube tatsächlich, dass die Partei eines gelernt hat aus dem erfolgreichen Wahlkampf von Olaf Scholz: dass es nämlich viel hilft, wenn man geschlossen ist, wenn man an einem Strang zieht. Und wenn man gemeinsam versucht, ein Ziel zu erreichen, und das hat die Partei verstanden."
Bei ihren Leib- und Magenthemen in der bayerischen Landespolitik genießen die Genossen und Genossinnen den Rückenwind der SPD-geführten Ampelkoalition aus Berlin. Der Zwölf-Euro-Mindestlohn verbessert das Einkommen von einer Millionen Bayern. Das geplante Bundes-Tariftreuegesetz soll endlich auch den Freistaat dazu bringen, Staatsaufträge nur noch an Firmen zu vergeben, die nach Tarif zahlen. Und um günstigen Wohnraum in Ballungsräumen zu bewahren, müsse der Freistaat endlich alle Regelungen des Baulandmobilisierungs-Gesetzes umsetzen.
Von der Ampel beflügelt für bessere Umfragen
Doris Rauscher, die Vorsitzende des Sozialausschusses im Landtag, ist sich sicher: "Die Ampel wird uns beflügeln", etwa im Kampf gegen den Niedriglohnsektor. Und die Fraktionssprecherin für Arbeitsmarktpolitik, Diana Stachowitz, fühlt sich ebenfalls "gestärkt", denn die Transformation der Arbeit werde die SPD-Landtagsfraktion mitgestalten. Die CSU müsse sich jetzt dagegen erst einmal in ihre Oppositionsrolle im Bund einfügen.
Florian von Brunn will aus der Oppositionsrolle im Freistaat heraus und zusammen mit Grünen und FDP an die Regierung. Endlich nach Jahrzehnten die CSU ablösen. Dass es dafür noch viel Arbeit brauche, sei ihm klar. Die 14 Prozent bei der Sonntagsfrage im aktuellen BR-Bayerntrend sieht von Brunn aber als Ermutigung. Er hofft, dass sich der Trend bis 2023 verstärkt, wenn die Menschen in Bayern sehen, was die Ampel für Bayern bringt. Etwa mehr Zuschüsse für den Krankenhausbau, Vorkaufsrecht für Kommunen um Mietshäuser vor Spekulanten zu schützen, oder das Ende der 10H-Regelung, um mit Windkraft in Bayern die Energiewende zu schaffen.
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Der neue von Brunn: Konstruktiver im Ton
Vor ihm hat Natascha Kohnen als SPD-Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin gegen Markus Söder 2018 den Machtwechsel versucht. Sie hat mit ihrem Wahlkampf und den Schlagworten Anstand, Zusammenhalt und Respekt 2018 gegen Markus Söder bitter verloren. Eine Machtoption in Bayern 2023 will sie für die SPD aber trotzdem sehen. Schließlich zeige die Kanzlerschaft von Olaf Scholz, die Menschen hätten erkannt, "dass die Sozialdemokratie wirklich notwendig" sei für den Sozialstaat. Das hebe auch in der SPD-Landtagsfraktion die Stimmung, es herrsche eine "unglaubliche Motivation" und "Ernsthaftigkeit". Und dass Florian von Brunn jetzt mehr "Zurückhaltung" und weniger "Sturm und Drang" zeige, das findet Kohnen gut.
Auch der Oberfranke Klaus Adelt, wie Kohnen eher kein Fan des forschen Stils, sagt: Von Brunn und der gesamte Fraktionsvorstand lernten dazu. Es sei noch nicht perfekt. Im Großen und Ganzen könne man aber sagen: "Des passt scho."
Florian von Brunn kennt diese Ansichten natürlich. Seinen Stil will er nicht kommentieren. Während er als Wahlkämpfer in eigener Sache mit mehr Zuspitzung und dadurch mehr Wahrnehmung in der Öffentlichkeit für sich warb – sagt er jetzt: Zur Arbeit in der Opposition gehöre natürlich, dass die Menschen die Unterschiede zwischen den Parteien erkennen können. Deshalb will von Brunn weiter "konstruktive Verbesserungsvorschläge" machen und Alternativen aufzeigen, damit das Leben in Bayern für die Menschen noch besser wird. Denn: "Nur Kritik ist zu wenig."
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