Ein Bild vom Containerdepot in München-Riem aus dem Frühjahr 2023: Wie soll es nach der Wahl weiter gehen mit Bayerns Wirtschaft?
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Ein Bild vom Containerdepot in München-Riem aus dem Frühjahr 2023: Wie soll es nach der Wahl weiter gehen mit Bayerns Wirtschaft?

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Wahlprogramme: Wie soll Bayerns Wirtschaft künftig aussehen?

Grüne Technologien fördern oder Subventionen für E-Mobilität einstellen? Landwirtschaft schützen oder "Gründer-Bafög" einführen? Bayerns Politik bietet sehr verschiedene Wirtschaftskonzepte. Teil 4 der BR24-Serie über die Vorhaben der Parteien.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Was die Parteien am 8. Oktober wollen, ist klar: möglichst viele Stimmen von Wählerinnen und Wählern. Aber was wollen CSU, Grüne, Freie Wähler, AfD, SPD und FDP nach der Landtagswahl umsetzen? Was sind ihre Konzepte, Ideen und Forderungen für Bayern?

Aus dem aktuellen BR24 BayernTrend ergeben sich die fünf wichtigsten Probleme im Freistaat: Zuwanderung, Energiepolitik, Umwelt und Klima, Bildung und Schule, Wirtschaft.

Zu diesen Themen hat BR24 die Wahlprogramme der sechs im Landtag vertretenen Parteien durchgeschaut und stellt deren zentrale Lösungsvorschläge in einer fünfteiligen Serie vor. In Teil vier geht es um das Fundament des Wohlstands im Freistaat: die Wirtschaftspolitik.

CSU: "Ja" zur Automobilindustrie – "Nein" zum Verbrenner-Aus

Die CSU will einen "dauerhaft ausgeglichenen Haushalt", um so die Gestaltungsspielräume für die kommenden Generationen zu erhalten. Gleichzeitig lehnt sie Steuererhöhungen ab, plädiert vielmehr für Entlastungen. Die CSU fordert, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß zu senken, sowie eine Senkung der Mehrwertsteuer auf alle Lebensmittel und Getränke. Das sei "eine echte Preisbremse für jedermann". Mit dieser Absenkung will die CSU auch die Gastronomie entlasten – sie bilde zusammen mit Hotellerie und Tourismus eine "bayerische Schlüsselbranche". Außerdem verlangt die CSU, die Erbschaftsteuer zu senken – über die Höhe sollten die Länder selbst entscheiden können.

Um wirtschaftlichen Erfolg zu generieren, sollen Forschungsergebnisse für den Mittelstand einfacher zugänglich gemacht werden – auch für Unternehmen im ländlichen Raum. Dafür sollen sogenannte "Technologietransferzentren" entstehen, bis zum Ende der kommenden Legislatur ein solches Zentrum in jedem bayerischen Landkreis. Die CSU steht zur Automobilindustrie: "Wir sagen 'Ja' zur Ansiedlung neuer Werke, und wir sagen 'Ja' zum Verbrenner."

Deshalb setzt sich die Partei gegen ein generelles Verbrenner-Verbot der EU ab 2035 ein – es schade dem Industriestandort Bayern. Und die Christsozialen wollen Bürokratie abbauen: "Ein Übermaß an Regulierung gängelt Menschen und Unternehmen." Gleich vorneweg: In ihren Wahlprogrammen haben sich alle Parteien Bürokratieabbau vorgenommen.

Grüne: Transformationsfonds von 300 Millionen Euro

Auf eine nachhaltige Haushaltspolitik setzen die Grünen: Erst eine moderne Infrastruktur ermögliche ein funktionierendes Gemeinwesen. Investitionen in Klimaschutz und eine nachhaltige Infrastruktur dürften nicht aufgeschoben werden – deshalb will die Partei "alle relevanten Haushaltsposten einem Nachhaltigkeitscheck unterziehen". In den Augen der Grünen sollen "umwelt- und klimaschädliche Subventionen" für Straßenneubauten oder Bayerns Regionalflughäfen gestoppt werden.

Als Förderung für den Mittelstand soll es einen ökologischen Transformationsfond in Höhe von 300 Millionen Euro geben. Um mehr Planungssicherheit zu schaffen, setzen sich die Grünen für "verbindliche Bearbeitungsfristen" für Förderanträge ein. Die Partei will außerdem "regionale Wirtschaftskreisläufe und Wertschöpfungsketten stärken" – vom Anlagenbau über Lebensmittelproduktion bis hin zum Handwerk. Recycling und Lebenszyklen von rohstoffintensiven Produkten sollen verbessert, Start-ups und Neugründungen mit bis zu 50.000 Euro unterstützt werden. Die Grünen wollen alle staatlichen Ausgaben auf "langfristige Folgekosten und ihren Nutzen für die Allgemeinheit" überprüfen. Auf Bundesebene will sich die Partei für eine "gerechte Reform der Erbschaftssteuer" einsetzen.

Freie Wähler: Landwirtschaft schützen, Hightech fördern

Für die Freien Wähler steht der ländliche Raum auch wirtschaftspolitisch im Vordergrund – insbesondere die Landwirtschaft. Diese will die Partei vor "ideologischen Angriffen" schützen. Bayern soll aber auch Hightech-Land und innovativer Industriestandort sein. Die Partei will "Wertschöpfung statt Umverteilung fördern". Nachhaltiger Tourismus soll ebenso gefördert werden wie die heimische Direktvermarktung und regionale Wirtschaftskreisläufe.

Den Freien Wählern ist wichtig, dass Handwerksbetriebe von Handwerksmeistern geführt werden – diese Meisterpflicht soll erhalten bleiben und auf weitere Branchen wie beispielsweise die Kosmetik ausgeweitet werden: "Für uns sind Meister und Master gleichwertig, der Mittelstand ist unser Rückgrat." Eben jenen will die Partei deshalb steuerlich entlasten und bei Forschung und Entwicklung fördern. Die Freien Wähler wollen dafür sorgen, dass hochwertige Arbeitsplätze auch in der Fläche entstehen und Landesaufträge nur an Unternehmen vergeben, die Tariflöhne zahlen. Im Programm fordert die Partei: "Gleiche Bezahlung für Zeitarbeiter und Stammbelegschaft." Die Freien Wähler setzen sich dafür ein, die Erbschaftssteuer komplett abzuschaffen – auch für Unternehmen. Außerdem muss das Bürgergeld in ihren Augen reformiert werden; für "Leistungsverweigerer" soll es wieder Sanktionen geben.

AfD: Förderung der E-Mobilität einstellen

Die AfD will die Wirtschaft von "zahllosen Bürokratiemonstern" befreien – dazu gehört in den Augen der Partei das Lieferkettengesetz. Für kleine und mittlere Unternehmen sollen die Datenschutz-Grundverordnung und die Kassenbon-Pflicht nicht mehr gelten. Zudem will die AfD das Hinweisgeberschutzgesetz für Whistleblower "entschärfen". Die "politisch motivierte Verknappung von Energie und Ressourcen" müsse beendet werden, die bayerische Automobil- und Chemieindustrie sei von "ideologischen Vorgaben" zu entlasten. Im Parteiprogramm steht zu Bürokratieabbau außerdem: "Frauen- und Migranten-Quoten sind inakzeptabel und abzuschaffen."

Die AfD will außerdem die Förderung der Elektromobilität einstellen. Welche Antriebstechnologie sich durchsetze, müsse der Markt entscheiden. Viele Arbeitsplätze und Unternehmen würden "vom Fortbestand des Verbrennungsmotors abhängen". Zudem fordert die Partei "den Erhalt und Ausbau einer leistungsfähigen wehrtechnischen Industrie in Bayern" als Lieferant für die Bundeswehr. Für Lebensmittel und Getränke in der Gastronomie soll dauerhaft eine reduzierte Mehrwertsteuer gelten.

SPD: Staatsaufträge nur für Unternehmen mit Tarifverträgen

Für die Sozialdemokraten stehen traditionsgemäß die Arbeitnehmer im Fokus: Sie wollen bei der Bundesagentur für Arbeit eine "Transformationsagentur" einrichten. Diese soll Trends in der Arbeitswelt aufspüren, Förder- und Weiterbildungsangebote bündeln und die Arbeitnehmer dabei beraten. Ein Weiterbildungsgesetz soll dafür sorgen, dass Fortbildungsangebote bezahlt wahrgenommen werden.

Gleichzeitig will die SPD Bayerns wirtschaftliche Stärke erhalten und bekennt sich zu "benötigten Infrastrukturprojekten" sowie zu "nachhaltigem Wachstum anstatt industriefeindlichem De-Growth". Der Freistaat soll beim Erfolg von Start-ups zum Vorreiter werden: "Dafür brauchen wir die gleichen Spielregeln wie Firmen aus den USA und China." Konkret müssten lokale Firmen vor Übernahmen, aber auch "vor dem Wettbewerb mit außereuropäischen Monopolen geschützt werden".

Die Partei will Gründungen im Bereich grüner Technologien gezielt stärken. Beim Recycling soll Bayern "Spitzenreiter" werden und sich zu einer Kreislaufwirtschaft entwickeln. Ein bekanntes Anliegen der Sozialdemokraten ist ein bayerisches "Faire-Löhne-Gesetz": Wer Aufträge vom Freistaat bekommen will, muss Tarifverträge einhalten und haftet dafür, dass sich auch beauftragte Subunternehmen an die tariflichen Vorgaben halten.

FDP: Unternehmensnachfolgen steuerlich begünstigen

Die Liberalen wollen ein eigenes bayerisches "Ladenschlussgesetz": Händler sollen selbst entscheiden dürfen, wie lange sie geöffnet haben. Die geltenden Regeln seien in Zeiten des Online-Handels und durch den Wunsch nach höchster Flexibilität nicht mehr zeitgemäß. Verkaufsstellen ohne Personal sollen zudem vom sonntäglichen Ladenschluss ausgenommen werden. Die FDP ist der Überzeugung, dass die wachsenden Nachwuchs- und Nachfolgeprobleme in den Unternehmen ein "gesellschaftliches Umdenken und innovative Instrumente" erfordern. Deshalb wollen die Liberalen junge Arbeitnehmer zur Nachfolge in bestehenden Unternehmen ermutigen – beispielsweise mit steuerlichen Begünstigungen von Investitionen in den ersten drei Jahren und günstigen Krediten.

Die FDP setzt sich für eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes ein, künftig soll gelten: "Wochenarbeitszeit statt Tageshöchstarbeitszeit." Öffentliche Ausschreibungen sollen vereinfacht und standardisiert werden, damit auch kleinere und mittlere Unternehmen den Aufwand einer Teilnahme nicht scheuen. Für Investitionen will die FDP mehr Risikokapital nach Bayern holen, außerdem soll ein "Gründer-Bafög" eingeführt werden und jungen Unternehmerinnen und Unternehmern den Start in die Selbstständigkeit mit monatlich 1.000 Euro für maximal ein Jahr erleichtern.

Dieser Artikel ist erstmals am 30. September 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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