Zwei Rentner - eine Leidenschaft: Brot backen. Jeden Montag wird in Egenhofen Holzofenbrot gebacken.
Bildrechte: BR/Julia Haderecker

Zwei Rentner - eine Leidenschaft: Brot backen. Jeden Montag wird in Egenhofen Holzofenbrot gebacken.

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Lebenstraum erfüllt: Rentner backt Brot für das ganze Dorf

Es ist nie zu spät, um seine Träume zu verwirklichen. Das dachte sich Eberhard Herrmann aus Egenhofen im Landkreis Fürstenfeldbruck. Er wollte schon immer selbst Brot backen – und betreibt jetzt in der Rente sein eigenes kleines Backhäusl.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Wenn man sich dem Haus von Eberhard Herrmann in Egenhofen nähert, riecht es schon nach frischem Brot. In seiner Einfahrt hat der Rentner einen großen weißen Holzbackofen stehen, daneben ein kleines Verkaufshäuschen. Das Brot müsste gleich fertig sein.

Mit einem großen Holzschieber holt der 72-Jährige die Brotlaibe aus dem Ofen. Vor vier Jahren hat er damit begonnen, Brot zu backen. In der Rente hat er sich damit einen großen Wunsch erfüllt. Denn eigentlich wollte er schon immer Bäcker werden. Als Jugendlicher konnte er aber die Ausbildung nicht machen, weil er dann von zu Hause weg hätte müssen. Das wollten seine Eltern nicht, also lernte er Kunstschmied.

Mit einem Pizzaofen ging es los

Später hat Eberhard Herrmann jahrelang beruflich Bäume entrindet. Aber sein Traum hat ihn nie losgelassen: Brot backen. Los ging es mit einem Pizzaofen, dort konnte er aber nur kleine Brote backen, also musste ein größerer her – eigentlich nur als Hobby.

Doch dann wurde er sozusagen entdeckt. Als er gerade wieder eine ganze Ladung Brot gebacken hatte, kam eine Gruppe Frauen mit Kinderwagen vorbei, denen er ein paar Brote mitgab. Die stellten ihre Entdeckung in eine WhatsApp-Gruppe und am Nachmittag standen 20 weitere Kundinnen vor seinem Gartentor. So entwickelte sich sein Backprojekt.

Nur montags geöffnet

Mittlerweile wird einmal in der Woche der Holzofen angeheizt und etwa 100 Brote gebacken – Dinkelbrot, Roggenbrot, Gewürzbrot und Vinschgerl. Immer montags, denn dann hat der Laden im Ort geschlossen, der auch Brot verkauft. Eberhard wollte dem Geschäft keine Konkurrenz machen.

Hilfe bekommt der 72-Jährige von Martin Kaufmann, einem gleichaltrigen Bäcker im Ruhestand. Die Autogarage haben sie zur Backstube umgebaut. Dort bereitet Martin gerade die nächsten Brote vor. Sein Traum sei immer gewesen, nach Neuseeland auszuwandern und dort Holzofenbrot zu backen, erzählt er. Seine Familie habe da aber nicht mitgespielt.

Einmal Bäcker, immer Bäcker

Schon mit 13 Jahren stand Martin in der Backstube. Später war er Betriebsleiter in großen Bäckereien, Lehrer an der Berufsschule und hatte lange Jahre seinen eigenen Betrieb mit Laden und Café in Dasing. Leider konnte er keinen Nachfolger für sein Geschäft finden, als er in Rente ging. Ein Leben ganz ohne Backstube konnte er sich aber nicht vorstellen. Also steht er nun jeden Montag hier.

Als langjähriger Bäcker hat Martin Kaufmann damals miterlebt, wie Discounter plötzlich billig Backwaren angeboten haben und Aufbackware in Mode kam. Umso schöner sei es für ihn, dass viele Kundinnen und Kunden wieder ein handwerklich gebackenes Brot bevorzugen.

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So kommen die Dinkelbrote aus dem Ofen. Viele Kunden schätzen das handwerkliche Backen mit langen Quellzeiten.

Sauerteig reift drei Tage

Martin und Eberhard legen großen Wert auf Qualität. Drei Tage lang bereitet Eberhard übers Wochenende den Sauerteig vor. Dazu kommt nur Bio-Roggen- und Dinkelmehl aus der örtlichen Mühle – dazu ein bisschen Salz und Gewürz.

Der Holzofen wird auf 300 Grad aufgeheizt. Mit der Restwärme werden dann die Brote gebacken. Denn im Gegensatz zu einem elektrischen Ofen kann während des Backvorgangs nicht nachgeheizt werden. Das Brot halte länger, sei besser verträglich und ohne Zusätze, hört man die Brotliebhaber am Montag schwärmen. Meist ist alles restlos ausverkauft. Richard Furtmeier etwa kommt 25 Kilometer aus Geltendorf angeradelt. Auf seinem Gepäckträger transportiert der 81-Jährige sieben Brote und bringt sie bei Bekannten vorbei, die auf der Strecke liegen.

Gewinn geht an Grundschule

Der gesamte Gewinn wird an die Grundschule Aufkirchen gespendet. 200 Kinder bekommen jede Woche Obst und Gemüse von dem Geld. Diese Idee hat auch Walter Amann überzeugt, der mit seinen 76 Jahren das Team im Verkaufsladen unterstützt.

Er sei auch ein Kunde der ersten Stunde gewesen und habe irgendwann mal gefragt, ob er nicht helfen könnte. Seine Frau und er engagieren sich gern ehrenamtlich. "Wir hatten so viel Glück und wollen der Gesellschaft etwas zurückgeben", so Walter Amann. Die Arbeit im Verkaufsladen mache Spaß, er habe dadurch soziale Kontakte, Unterhaltung und es sei für eine gute Sache.

Und das Wichtigste: Die drei haben Spaß. Solange es geht, wollen sie weitermachen. Dafür freuen sie sich jeden Montag auf eine Brotzeit mit frisch gebackenem Brot.

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