Wenn es nach Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geht, sollen nach den Sommerferien in allen bayerischen Klassenzimmern mobile Luftreinigungsgeräte stehen. Insgesamt 240 Millionen Euro Förderung stellt der Freistaat dafür zur Verfügung. Doch schon jetzt ist klar: daraus wird nichts werden. Nicht, dass die Kommunen untätig gewesen wären. Ganz im Gegenteil: je intensiver sie sich mit der Materie befassten, desto komplexer stellte sich das Thema dar. Denn es ist nicht damit getan, einfach in den Laden zu gehen und ein paar Hundert Luftfilter zu kaufen – so viele braucht nämlich jeder Landkreis, die Stadt Würzburg bräuchte sogar 1.000.
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Förderung vom Freistaat: Schnelligkeit hat sich gelohnt
Trotzdem gibt es natürlich Gemeinden, die bereits mobile Luftfilter angeschafft haben – vor allem im letzten Herbst, als der Freistaat dafür noch die vollen Kosten übernommen hat. Ebern im Landkreis Hassberge gehörte zu den Glücklichen, denen der Freistaat fünf Geräte komplett bezahlt hat. Weitere fünf hat die Gemeinde erst in diesem Frühjahr bestellt. Da war die Förderung schon auf 50 Prozent beziehungsweise 1.750 Euro je Anlage gedeckelt. Gekostet hat jedes Gerät etwa 3.600 Euro.
Mobile Luftfilter wissenschaftlich umstritten
Gleichzeitig fordern immer mehr Eltern eine Anschaffung solcher Geräte, um das Infektionsrisiko für ihre Kinder möglichst gering zu halten und eine weitere Homeschooling-Phase zu vermeiden. Ob es allerdings wirklich Sinn macht, mobile Luftfilter aufzustellen, ist wissenschaftlich umstritten. Denn viele halten angeblich nicht, was der Hersteller verspricht. Außerdem filtern gerade günstige Geräte, ab 800 Euro, oft nur auf höchster Stufe ausreichend die Luft und sind im Unterricht zu laut. Die teuren, deutlich größeren Anlagen, sind zwar leiser. Aber Lüften muss man trotzdem, weil die Geräte ja keinen Sauerstoff liefern. Immerhin ist die Raumluft dann weitgehend virenfrei.
Keine flächendeckenden Luftfilter in Würzburg und Miltenberg
Die Gefahr einer Coronainfektion bekommt man aber auch mit herkömmlichen Mitteln in den Griff, meint Würzburgs Schulbürgermeisterin Judith Jörg (CSU). Sie setzt weiter auf Masketragen, Abstand halten und Lüften und konnte auch den Stadtrat mehrheitlich davon überzeugen. Mit dem Ergebnis, dass es für die etwa 1.000 Klassenräume der Stadt Würzburg erst einmal keine flächendeckenden Raumluftfilter geben wird. Das hätte auch Millionen gekostet. Diese Entscheidung kam bei Schulleitungen und Eltern gut an, sagt die Schulbürgermeisterin. Bis jetzt hätte es nur einzelne Beschwerden gegeben. Von Schulleiterinnen und Schulleitern habe sie sogar viel Beifall dafür erhalten, in der emotional aufgeheizten Debatte nicht eingeknickt zu sein.
Mit dieser Haltung steht Würzburg übrigens nicht allein da: auch der Landkreis Miltenberg hat sich aus den gleichen Gründen gegen mobile Luftfilter entschieden.
Landkreise Haßberge und Kitzingen bemühen sich um Luftfilter
Andere unterfränkische Landkreise haben sich zwar für die Anschaffung von Raumluftfiltern entschieden, gehen aber trotzdem je ihren eigenen Weg. Der Landkreis Haßberge hat Mitte August eine europaweite Ausschreibung für mehrere 100 Großgeräte auf den Weg gebracht. Mit viel Glück könne man die Luftfilter im Oktober dann bestellen, heißt es aus dem Landratsamt. Und wenn es dann keine Lieferengpässe gibt, könnten die Geräte bis Weihnachten stehen. Die Nachfrage bei einem Großhändler in Hösbach hat allerdings ergeben, dass die Bestellungen gerade wieder spürbar anziehen. Bislang aber könne man, je nach Gerät, innerhalb weniger Tage bis Wochen liefern.
Noch bevor die Förderrichtlinien klar waren, hat der Landkreis Kitzingen auf eigene Faust Luftfilter für seine 5. und 6. Klassen bestellt. Also für die Jahrgangsstufen, in denen die Kinder unter 12 Jahre alt und demnach nicht im impffähigen Alter sind. Die Förderung kann nach Angaben des Landratsamts jedoch rückwirkend geltend gemacht werden. Demnach können 50 Prozent der Geräte gefördert werden. Das Landratsamt rechnet damit, dass die Luftfilter rechtzeitig zum Schulbeginn im September geliefert werden.
Landkreis Würzburg will fest eingebaute Filteranlagen
Und im Landkreis Würzburg denkt man richtig groß: dort setzt man auf fest eingebaute Anlagen. Die filtern nicht nur, sondern liefern auch Frischluft. Kostenpunkt: über 30.000 Euro pro Klassenraum. 145 will der Landkreis damit bestücken. Das kann also leicht fünf Millionen Euro kosten. Eine Menge Geld, die der Landkreis jedoch nicht allein aufbringen muss. Diese fest eingebauten sogenannten raumlufttechnischen Anlagen (RLT) fördert zwar nicht der Freistaat, aber der Bund. Und zwar bis zu 80 Prozent der Kosten. Allerdings hat diese Premiumlösung auch einen Nachteil: es dauert Minimum ein Jahr, bis der Einbau abgeschlossen ist. Und ob übergangsweise mobile Geräte in den Landkreisschulen zum Einsatz kommen, darüber entscheidet der Kreistag frühestens am 20. September.
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