Dass sich Wohnmobilisten in der Fränkischen Schweiz auf Wanderwegen über Nacht abstellen, ist nicht das große Problem – viel mehr, dass sie auch dort ihre Entsorgungen vornehmen: Fäkalien im Wald, Mülltüten auf dem Weg, Flaschen am Wegrand. Viele parken auch wild auf Wiesen und kleinen Wegen. Was es braucht, sind bezahlbare Stellplätze und eine gute Infrastruktur. Doch um neue Wohnmobilstellplätze bauen zu können, braucht es einen langen Atem.
Neue Stellplätze schaffen? Lange Bearbeitungszeiten schrecken ab
Die Ferienanlage von Familie Brütting liegt oberhalb von Pottenstein im Gemeindeteil Weidenloh. Neben Ferienwohnungen bieten sie auf ihrem Gelände noch eine Abenteuer-Minigolfanlage, eigenes Bier und einen Biergarten. Acht Wohnmobil-Stellplätze sollten das Angebot noch erweitern. Zweieinhalb Jahre Genehmigungsverfahren liegen bereits hinter ihnen.
"Wir mussten das Landratsamt Bayreuth, das Staatliche Bauamt, Wasserwirtschaftsamt, die Regierung von Oberfranken, das Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz, den Verein Naturpark Fränkische Schweiz und viele mehr dazu kontaktieren. Das braucht alles extrem viel Zeit", erklärt Johannes Brütting. Zehn Aktenordner füllt der Vorgang für die Freizeitanlage mit Wohnmobilstellplätzen mittlerweile. Der komplette Bebauungsplan und die dazugehörigen Arbeiten haben die Familie bereits 50.000 Euro gekostet.
Im Audio: Zu viel bürokratischer Aufwand - Ferienanlage legt Wohnmobilstellplätze ad acta
Jetzt will die Behörde auch noch, dass die Stellplätze gepflastert werden, also versiegelt. "Die ganzen Bodenarbeiten, Ver- und Entsorgungsstation und die ganze Infrastruktur auf dem Platz: Da reden wir schon von einer sechsstelligen Summe", so Brütting. Die Konsequenz: Die Pläne für die Wohnmobilstellplätze hat die Familie erst einmal auf Eis gelegt. Eine reine Rechensache, denn bei 15 Euro Stellplatzgebühr pro Nacht dauert eine Amortisierung der Investition lange.
"Die Bürokratie macht uns kaputt. Systematisch."
Familie Brütting ist mit diesem Dilemma nicht alleine: Der Berner Hof im nahe gelegenen Prüllsbirkig hat acht Plätze für Wohnmobilisten geschaffen, inklusive Versorgungsstationen für Frischwasser und Strom sowie einer Entsorgungsanlage. Auch hier dauerte der ganze Planungsvorgang ein Jahr. 40.000 Euro hat die Familie dafür in die Hand genommen. Senior-Chef Konrad Berner schüttelt nur immer wieder mit dem Kopf: "Die Bürokratie macht uns kaputt. Systematisch."
Die Fränkische braucht aber neue Stellplätze um zum einen das Wildcampen einzudämmen und zum anderen sich als Tourismusregion auf den schon lange andauernden Urlaubstrend einzustellen.
Projektmanagerin für Wohnmobiltourismus legt Plan vor
Im September vergangenen Jahres wurde Nicole Marquis als Projektmanagerin innerhalb des Verbunds Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) Fränkische Schweiz – einem Zusammenschluss mehrerer Gemeinden – für Wohnmobiltourismus engagiert. Es ist die einzige Stelle dieser Art in Bayern. Marquis will in erster Linie das Problem angehen, dass Stellplätze nach der Campingplatzverordnung genehmigt werden. Die gilt ab drei Stellplätzen. "Der Reisemobilist ist kein Camper, der auf einem Campingplatz steht, wo man natürlich ganz andere Voraussetzungen und Kriterien anlegen muss. Das hat sich leider noch nicht in die Gesetzbücher hineinteleportiert," erklärt sie. Wohnmobilisten wollen in der Regel nur für ein bis zwei Nächten an einem Ort übernachten. Sie brauchen keinen großen Luxus.
Wanderparkplätze als Übernachtungsmöglichkeit
Nicole Marquis plant, den Wohnmobilisten die schönsten Tage des Jahres in der Fränkischen Schweiz angenehm zu machen. Dafür hat sie eine große Liste erstellt, in der beispielsweise steht, dass Wanderparkplätze sehr wohl als Stellplätze genutzt werden könnten – aber mit einer Registrierung per QR-Code, angemessenen Entsorgungsmöglichkeiten und unter Rücksichtnahme auf Naturschutzgebiete. Bereits im nächsten Jahr will Marquis zumindest diese Idee umsetzen. Ob das gelingt, liegt wieder einmal unter anderem an den Behörden.
Zumindest immer mehr Gemeinden und Städte haben die wichtige touristische Einnahmequelle entdeckt: Gößweinstein bietet Wohnmobilstellplätze für 13 Euro die Nacht an, mit Strom- und Wasserversorgung sowie Entsorgungsmöglichkeiten. Auch Forchheim hat 22 Stellplätze direkt am Regnitz-Radweg geschaffen. Der Gehweg zur Innenstadt beträgt zehn Minuten. Neun Euro pro Nacht verlangt die Stadt.
Dieser Artikel ist erstmals am 28. August 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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