Samstagmorgen im Hofgarten hinter der Residenz in Würzburg. Gut 30 Jugendliche stellen sich für die nächste Szene auf. Ihre knallbunten Kostüme heben sich deutlich von der Kulisse ab: pinker Tüll, rote Schleifen, kurze Röcke – dass das der Cast einer Inszenierung von Mozarts Zauberflöte ist, lässt sich nicht auf den ersten Blick erkennen. "Es ist natürlich gewagt, gerade auch dieser Manga-Style. Aber ich find‘s mal was Neues und ich glaube es kann was Gutes draus werden", sagt Miriam Stein. Sie spielt in der modernen Zauberflöte-Adaption die Pamina. Die 17-Jährige hat die Inszenierung im Projektseminar Theater des Würzburger Wirsberg Gymnasiums mitentwickelt.
Tamino tritt Manga-Idee los
Unter Leitung von Siegfried Hutzel, Lehrer am Gymnasium und Leiter des Schultheaters: "Das ist so allmählich entstanden, dass wir die Inszenierung im Manga-Stil überzeichnen. Um eine andere Farbe reinzubringen." Durchaus gerechtfertig, sagt er, weil Tamino beschrieben werde als 'junger Prinz im japanischen Gewande'.
Von der Bühne zum Kurzfilm
Clara Mertens verkörpert die Papagena – die Herzensdame des Vogelfängers Papageno: "Die Handlung habe ich jetzt erst kennengelernt. Für mich ist es deshalb gar nicht so abgefahren, wie wir es inszenieren." Eigentlich war eine Schuloper für die Bühne geplant – als klar war, dass das wegen der Corona-Pandemie nicht möglich sein wird, haben die Seminarleiter die Idee entwickelt, einen Kurzfilm zu produzieren. Dann haben sie sich sogar für die Mitmach-Aktion des Mozartfests "100 für 100" beworben.
Würzburger Kulisse dient als Filmkulisse
Rathaus, Residenz, Käppele, Festung: Hier durften die Schüler ihre Film-Kulisse quasi hinter die Würzburger Kulissen verlagern. Harald Kraus, Musiklehrer am Wirsberg Gymnasium und Regisseur des Filmprojekts, ist begeistert: "Wir erleben die Architektur Würzburgs mit der Zauberflöte ganz anders. Ich glaube Würzburg hat viel Geist des 18. Jahrhunderts und auch viel Entwicklung des Geistes des 18. Jahrhunderts auf seinen Plätzen – also für uns geht’s auf."
Themen nach wie vor aktuell
Auch für den 17-jährigen Papageno-Darsteller Luis Wilde passt Mozarts Zauberflöte gut in das junge Würzburg: "Ich bin ja Papageno, also bin verzweifelt, bekomme keine Freundin und keine Liebe. Und das sind denke ich Themen, die für uns junge Menschen sehr aktuell sind." Das ist der Kern dieser Märchenoper, sagt auch Regisseur Harald Kraus: "It‘s all about love. Jeder spürt es, das ist eine riesige Bandbreite, vom Caspar sozusagen bis zu einer Geschichte, die den innersten Kern trifft. "Vom Papageno bis zur Liebesgeschichte zwischen Tamino und Pamina. Ein Junge wird zum Mann, entdeckt seine Sexualität und seine Position in der Gesellschaft. "Und dann kommt die bürgerliche Liebesehe. Die Frau, für die ich durch Dick und Dünn gehen muss, ein Glück, das erkämpft werden muss."
Zauberflöte und Schule: Menschwerdung und Herzensbildung
Lieben und verzeihen, das sind die großen Themen, die sowohl das Wiener Publikum vor knapp 250 Jahren beschäftigt haben als auch die Jugendlichen des Theater-Seminars. Durch die aktuelle Adaption der Oper soll das verdeutlicht werden. "In der Bayerischen Verfassung steht 'das Gute, Schöne und Wahre' zu vermitteln. Ich finde Herzensbildung ist in der ganzen Corona-Zeit bisschen zu kurz gekommen", sagt Schultheater-Leiter Siegfried Hutzel. "Die Zauberflöte ist mir sehr wichtig, weil sie die Menschwerdung zum Thema hat und passt deshalb finde ich gut in den schulischen Kontext."
Der Kurzfilm ist Teil eines Projekt-Wettbewerbs beim Würzburger Mozartfest. Mitte Juli soll der Film im Kino im Bürgerbräu gezeigt werden.
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