Es war schon vor mehreren Jahren ein ambitioniertes Projekt: den Bergfried, eine leerstehende Klosteranlage über den Dächern Passaus, zu einer kulturellen Spielstätte zu verwandeln. Doch es ist geglückt. Die Cellistin Julia Willeitner und ihre Mitstreiter gründeten einen Verein, sammelten Spenden, investierten Hunderte Stunden ehrenamtlicher Arbeit und stellten ab 2021 mehrmals ein Festival auf die Beine – mit Konzerten, Ausstellungen, Puppentheater und Kräuterworkshops rund um die Klostermauern. Die Gruppe belebte den Bergfried wieder.
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Unbekannte haben wohl Brand gelegt
Doch dann kam der Brand. Unbekannte legten in einer Novembernacht an mehreren Stellen Feuer, ein großer Teil der Anlage brannte nieder. Man hätte meinen können: Das war es. Doch der Verein gibt nicht auf, im Gegenteil: Er nimmt gerade die Arbeit wieder auf, damit das dreitägige Festival Ende Juni wieder stattfinden kann. "Zerstörungswut darf nicht das letzte Wort haben", sagt Julia Willeitner.
Schaden von mindestens 500.000 Euro
Zehn ehrenamtliche Helfer verteilen sich über das große Gelände. Sie schneiden Apfelbäume zurück, bauen den Lehmofen von Hand wieder auf, putzen die Kapelle und suchen in den Ruinen nach Gegenständen, die nicht komplett zerstört sind. Doch viel ist nicht zu finden. Nach dem Brand ist laut Polizei ein Schaden von mindestens 500.000 Euro entstanden. Dem Kulturverein ist Equipment im Wert von etwa 20.000 Euro kaputtgegangen, schätzt Julia Willeitner. Sie und ihre Mitstreiter fangen also auch beim Spendensammeln wieder vorne an, am 5. Mai spielen sie ein Benefizkonzert.
Festival findet draußen statt
Anfang Mai werden die vom Brand zerstörten Gebäudeteile abgerissen. Denn die Ruine ist statisch nicht mehr sicher. Die Kapelle aber bleibt stehen – Einsatzkräfte der Feuerwehr konnten sie retten. Sie wird künftig wieder als Konzertsaal genutzt, alle anderen Programmpunkte des Festivals müssen draußen stattfinden.
"Ich habe mich damit abgefunden, dass ein Teil vom Bergfried für immer verschwindet. Aber ich bin sicher, dass etwas Neues entstehen kann", sagt Julia Willeitner. Sie gibt sich motiviert, räumt aber gleichzeitig ein: "Wir haben natürlich Angst, dass die Brandstifter wiederkommen. Wer sagt, dass die nicht irgendwo lauern. Da positiv zu bleiben, ist eine Herausforderung." Die Polizei teilt auf BR-Nachfrage mit, im Moment die Spuren auszuwerten, die die mutmaßlichen Brandstifter hinterlassen haben.
Langfristige Planung ist ungewiss
Die Vereinsmitglieder, die hier ehrenamtlich arbeiten, eint, dass sie an den Ort, das idyllisch gelegene Anwesen in der Nähe der Veste Oberhaus, glauben. "Es ist eine gewaltige Energie hier, das hat mich immer schon beeindruckt. Und ich möchte, dass das erhalten und für Menschen zugänglich bleibt", sagt zum Beispiel Martin Wimmer. Er wohnt in der Nachbarschaft und packt jede freie Minute mit an.
Die Gruppe träumt davon, dass hier ein Kulturraum für Passau entsteht. Doch ob das langfristig gelingen kann, hängt vor allem von den Eigentümern ab. Die unbewohnte Klosteranlage gehört seit 2014 der Erbengemeinschaft des 2021 verstorbenen Großindustriellen Heinz Hermann Thiele. Die Opes-Immobiliengruppe überlässt dem Verein das Areal seit einigen Jahren. Was langfristig mit dem Bergfried beziehungsweise auf dem Gelände geschehen soll, steht aber noch nicht fest. Auf BR-Anfrage teilt Opes mit, dass es dazu derzeit noch keine konkreten Überlegungen gebe. Die Zukunft des Bergfrieds bleibt also ungewiss.
Im Video: Bergfried soll wieder Kulturstätte werden
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