Als Tierschützer letzten Sommer Bilder gequälter Schweine und Rinder aus dem Schlachthof in Aschaffenburg veröffentlichten, war das auch für Marco Vad ein Schock. Er ist Schweinehalter aus Obernburg im Landkreis Miltenberg und bringt jede Woche 100 Tiere nach Aschaffenburg. Vad: "Damit haben wir nicht gerechnet. Gerade in so einem kleineren Schlachthof. Ich kenne meine Tiere von Geburt an, fahre sie selbst zum Schlachthof, bin von Anfang bis zum Ende dabei."
Als die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen den Schlachthof letzten Sommer kurzzeitig geschlossen hatte, wurden seine Schweine am Hof abgeholt und nach Fulda gefahren. Kein schönes Gefühl und nicht wirtschaftlich. "Wenn es keinen Schlachthof in der Region mehr gibt, werden wir die Schweinehaltung vermutlich aufgeben", so Marco Vad.
Spessart-Metzger sucht nach Lösungen
Ein neuer Schlachthof am Untermain ist zwar seit Jahren im Gespräch, doch bis der gebaut ist, gehen Jahre ins Land. Bis dahin sei die Wertschöpfungskette am Untermain aber zusammengebrochen, sagt Marco Häuser, Obermeister der Metzgerinnung in Aschaffenburg. Das wäre auch ein harter Schlag für die Verbraucher.
17 Metzgerei-Filialen betreibt Familie Häuser selbst am Untermain. Marco Häuser spricht von einer noch gesunden Struktur mit insgesamt 100 Metzgereibetrieben in der Region bayerischer und hessischer Untermain. Der Spessart-Metzger wirbt mit Fleisch von glücklichen Tieren aus der Region für die Region. Der Standort bedeute kurze Transportwege und letztlich auch Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher. "Diese traditionelle Nähe vom Landwirt über den Metzger zum Verbraucher, das wollen wir unbedingt für uns erhalten. Da ist ein Schlachthof in der Region unser wichtigstes Bindeglied und da setzen wir uns vehement dafür ein."
Räumungsklage vor Gericht – Vertrauen ist weg
Eigentlich dürfte in Aschaffenburg schon gar nicht mehr geschlachtet werden. Die Stadt hat den Pachtvertrag mit der Betreibergesellschaft AB Schlachthof GmbH fristlos gekündigt. Doch es wird weitergeschlachtet, die Kontrollbehörde hat den Betrieb wieder frei gegeben. Mit der Räumungsklage, die die Stadt vor dem Landgericht eingereicht hat, hat die Behörde nichts zu tun. Der Schlachthof sei bereits häufiger wegen Tierquälereien in die Schlagzeilen geraten und immer noch seien die gleichen Betreiber in der Gesellschaft am Wirken, sagt Meinhard Gruber, Rechtsreferent der Stadt Aschaffenburg.
Genossenschaftliches Modell und Tierschutz
Mit dem neuen Geschäftsführer und den Maßnahmen, die er ergriffen hat zum Wohl der Tiere, habe das gar nichts zu tun. Das Vertrauen in die Gesellschafter sei irreparabel geschädigt. Der Tierschutz ist im Pachtvertrag nicht verankert. "Am liebsten wäre es dem Stadtrat, wenn es ein genossenschaftliches Modell gäbe, an dem sich eine Vielzahl an Unternehmen, an Metzgern, Landwirten, fleischverarbeitenden Betrieben beteiligen und dieses Unternehmen gemeinschaftlich tragen, so dass nicht einzelne Personen eine dominierende Stellung haben und entscheiden, wie der Betrieb zu laufen hat", so Meinhard Gruber.
Übergangslösung muss her
Solch ein genossenschaftliches Modell ist für einen neuen Schlachthof am Untermain ohnehin im Gespräch – 2029 läuft der Pachtvertrag mit dem Schlachthof regulär aus. Doch Genehmigung und Bau einer neuen Schlachtstätte wird mehrere Jahre dauern. Marco Häuser hat sich Anfang des Jahres mit einem Brief an die Stadt gewandt. Der Obermeister der hiesigen Metzgerinnung hat diese Woche auch erste Gespräche mit Stadtratsmitgliedern geführt. Die Hoffnung: Doch noch eine provisorische Lösung am derzeitigen Standort in Aschaffenburg zu finden. Marco Häuser: "Wenn wir die Wertschöpfungskette zerstören, dann können wir es uns eigentlich sparen an einen neuen Schlachthof zu denken. Denn wo keine Tiere mehr sind, wo keine Abnehmer mehr sind, braucht man auch keinen Dienstleister mehr. Wir haben uns jetzt einfach mal besprochen diese Woche und ich denke, das sieht alles machbar und darstellbar aus. Alles Weitere wird die nächste Zeit zeigen müssen."
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