Die Band Craving auf der Bühne des Bamberger Jugendzentrums.
Bildrechte: Natalia Sokolowska
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Beim Gig der Band Craving im Bamberger JUZ kam es zu einem Streit wegen eines ausgezogenen T-Shirts. Das Thema sorgt für Gesprächsstoff.

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Nach T-Shirt-Eklat bei Konzert: Drohungen gegen Metal-Band

Nach T-Shirt-Eklat bei Konzert: Drohungen gegen Metal-Band

Auch Tage nach dem unterbrochenen Konzert der Band Craving im Jugendzentrum Bamberg wird weiter diskutiert. Der JUZ-Leiter hatte den Stecker gezogen, weil ein Musiker oben ohne auf der Bühne stand. Im Netz wurde die Band nun auch bedroht.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Am 9. Dezember war es im Bamberger Jugendzentrum (JUZ) zu einer Auseinandersetzung gekommen, weil ein Musiker der Band Craving auf der Bühne sein T-Shirt ausgezogen hatte. Aktuell sorgt der Vorfall immer noch für Gesprächsstoff. Online erhalten die Musiker viel Zuspruch, allerdings auch Drohungen.

Bamberg: Auseinandersetzung wegen ausgezogenem T-Shirt

Wegen eines ausgezogenen T-Shirts lief der JUZ-Leiter damals zur Bühne, gestikulierte, redete auf die spielende Band ein und zerrte schließlich an Kabeln und den Instrumenten herum, um sich Gehör zu verschaffen. Zuschauer und der Veranstalter mussten dazwischengehen.

Das ausgezogene Shirt war für den Pädagogen ein No-Go. Die Hausordnung des Abends habe besagt, dass alle Menschen im JUZ ihre T-Shirts anlassen sollten. "Darüber sind wir im Vorfeld weder mündlich noch schriftlich informiert worden", erklärt Ivan Chertov, Sänger der Band Craving auf Anfrage von BR24. "Sobald wir wussten, was überhaupt das Problem war, hat sich unser Gitarrist auch gleich sein Shirt wieder angezogen", fügt Schlagzeuger Wanja Gröger hinzu. Ein Video des Abends in den sozialen Medien dokumentiert den Vorfall.

Vorher kein Kontakt zwischen JUZ und Band

Die Band bemängelt im Nachgang insbesondere die Art der Kommunikation. Für Craving sei es absolut inakzeptabel, als Musiker auf der Bühne bedrängt zu werden – zumal der besagte JUZ-Leiter den Künstlern im Vorfeld nicht als solcher vorgestellt worden war. Dass es zwischen dem Jugendzentrum und den Musikern vor dem Konzert keinen Kontakt gegeben hatte, hat auch Sandra Ender, stellvertretende Geschäftsführerin der Innovativen Sozialarbeit gGmbH (ISO), die das JUZ betreibt, im Gespräch mit BR24 bestätigt. Die Band hatte nur mit dem Veranstalter kommuniziert: dem Bamberger Festivals e.V.

Das Konzert am 9. Dezember war eingebettet in einen Workshop zum Thema "Musik für echte Männer?! Wieso ist der Metal so männerdominiert und was muss passieren, um diesen Status Quo zu verändern?" Genau deshalb habe der Leiter des Jugendzentrums das ausgezogene T-Shirt als Provokation eingestuft, erklärt Ender: Das obenherum Blankziehen sei ein Zeichen von männlicher Dominanz. Konzertbesucherinnen und Konzertbesucher hätten sich unwohl fühlen können. Frauen könnten nicht so einfach ihre T-Shirts ausziehen. Dass der JUZ-Leiter eingegriffen habe, sei richtig gewesen, so Ender. Er habe das Hausrecht durchsetzen müssen. Die Art und Weise, die er gewählt hat, sei eine von vielen möglichen gewesen. Von ihm sei zu keiner Zeit eine Gefahr ausgegangen, ist sich die stellvertretende Geschäftsführerin sicher.

Zu einer Aussprache zwischen Band und den Verantwortlichen des Jugendzentrums sei es vor Ort wegen der verhärteten Fronten nicht gekommen. Nun aber, im Zuge der medialen Berichterstattung, habe es seitens des Vereins ISO den Vorschlag einer Diskussion zum Thema gegeben, so Sänger Chertov.

Experte: Rituale tragen zur Authentizität des Metal bei

Für Claus-Christian Carbon, den Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, ist das ausgezogene T-Shirt auf der Bühne eines Metal-Konzerts als Ritual einzustufen. Es gehöre zum Genre, wie zum Beispiel auch die szenetypische Kleidung, die herausgestreckte Zunge oder die hohe Lautstärke der Musik. Wie viele andere Subkulturen ist auch der Metal sehr von Ritualen geprägt: Diese trügen zur Authentizität bei. Man könne natürlich auch bei einem Rockkonzert einige der typischen Rituale weglassen, je mehr man aber versuche, das Wesen des Genres zu verändern, desto mehr verliere die Darbietung an Authentizität.

Wer auf ein Metal-Konzert gehe, der wisse ziemlich genau, was einen erwartet, so Carbon weiter. Ob man es mag oder nicht, da würden Männer auch mal ihren nackten Oberkörper zeigen oder in schaurigen Outfits auftreten, vielleicht mit Bierflasche auf der Bühne. Das könne man durchaus als Demonstration von Männlichkeit interpretieren und möge einzelne abstoßen, von einer Benachteiligung von Frauen könne dennoch nicht im engeren Sinne gesprochen werden, denn es gebe auch Domänen, wo Frauen ihre Weiblichkeit zeigten und dies nicht per se hinterfragt werden müsse, erklärt der Lehrstuhlinhaber.

Chancenausgleich wichtiger als Unterschiede zwischen Geschlechtern

Wichtig erscheint, dass Frauen auch im Metal-Bereich durchaus erfolgreiche Gitarristinnen oder Sängerinnen werden können, so Carbon. Man müsse scharf unterscheiden zwischen Diskriminierung im öffentlichen Leben – zum Beispiel in Behörden, am Arbeitsplatz oder im Kindergarten –, die nicht hinnehmbar sei, und geschlechtsspezifischen Interessensfeldern, die von Natur aus Menschen selektiv ansprechen. Kurz: Dass Metal Männer etwas mehr anspreche, sei kein Problem, es gebe auch Interessensfelder, die sich eher an Frauen richten.

Zwischen Männern und Frauen gebe es biologische Unterschiede. Diese schlagen sich zum Teil in Vorlieben und Präferenzen nieder, das sei kein Grund zur Aufregung. Wichtiger sei es, die Chancen für unterschiedliche Menschen im Leben anzugleichen. Ein Beispiel: Die Nutzung von Pissoirs für Männer einzuschränken, nur weil Frauen diese nicht benutzen könnten, wäre kontraproduktiv, vor allem wenn man dabei die wichtigen Themen wie Gender-Pay-Gap, Inklusion und Gleichverteilung von Lasten vernachlässigen würde, so Carbon.

Punk-Sängerin kann Aufregung nicht verstehen

Auch Dora Pflug, Sängerin der Münchener Hardcore Punk-Band "Life comes Closer" kann die Aufregung um das ausgezogene T-Shirt auf Nachfrage von BR24 nicht verstehen. "Ich weiß nicht, inwiefern das diskriminierend oder beleidigend sein sollte." Dass es gewisse Unterschiede in der Mode zwischen Mann und Frau gebe, sei normal. "Männer können oben ohne auf der Bühne stehen, wir Frauen können im Fitnessstudio obenherum im Sport-BH herumlaufen", so Pflug.

Gegen ein ausgezogenes Shirt auf der Bühne sei nichts einzuwenden, es sei aber eine andere Sache, wenn die Menschen im Publikum das Gleiche täten. "Da kann es schon eklig sein, wenn man im Moshpit an den verschwitzten Körpern kleben bleibt." Auf der Bühne seien die Künstler aber unter sich.

Nach Vorfall in Bamberg: Drohungen gegen die Band Craving

Zuspruch erhalten die Musiker im Internet. Neben vielen solidarischen Kommentaren von Fans habe es aber auch vereinzelt Drohungen gegen die Band gegeben, zum Beispiel von Instagram-Usern, aber auch anonym von einer nicht näher benannten feministischen Gruppe aus dem Großraum München. "Im Metal ist kein Platz für Sexisten" und "das wird enden", heißt es in der Mail unter anderem. Der Hauptkritikpunkt dabei ist, dass die Band nach dem Konzert Fanartikel mit einem Foto der Brust des Gitarristen und dem Schriftzug "Die gefährlichsten Nippel von Bamberg" vertreibt. Der Erlös soll dabei einem guten Zweck zugutekommen, so Ivan Chertov im Gespräch mit BR24.

Für die Band seien ausgezogene oder anbehaltene T-Shirts kein wirklicher Faktor, um mehr Frauen für Metal zu begeistern. Es müsste mehr Offenheit gegenüber der Musikrichtung in der Gesellschaft und in Musikschulen geben. Anstatt Mädchen zum Klavier- oder Gesangsunterricht zu schicken, müssten Eltern ihre Töchter zum Beispiel auch mal Schlagzeug oder E-Gitarre lernen lassen.

Dieser Artikel ist erstmals am 16. Dezember 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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