Nach zweistündiger Verhandlung am Donnerstag (07.06.18) haben sich die Richter des Verwaltungsgerichts Bayreuth zur Beratung zurückgezogen. Das Gericht muss nun entscheiden, ob die Enteignung des Hauses im Jahr 2014 rechtens war. Die Hausbesitzerin hat den Freistaat Bayern verklagt. Das Haus in Oberprex gilt in Deutschland als bekannter Neonazi-Treffpunkt.
Mutter will nichts gewusst haben
Die Hausbesitzerin ist die Mutter der bundesweit bekannten Neonazis Tony Gentsch. Sie will von den verfassungswidrigen Aktivitäten des "Freien Netz Süd" auf ihrem Anwesen nichts gewusst haben. Krankheitsbedingt war sie nicht im Gerichtssaal anwesend. Über ihren Anwalt ließ sie ausrichten, dass sie das Haus 2010 als Alterssitz für sich selbst gekauft habe. Sie sei politisch nicht interessiert, betonte ihr Anwalt. Sie habe das Anwesen lediglich ihrem Sohn überlassen. Die Hausbesitzerin habe die verfassungswidrigen Aktivitäten aber gefördert, indem sie das Haus zu Verfügung gestellt habe. Ob sie davon wusste oder nicht, würde keine Rolle bei der Enteignung spielen, so ein Vertreter des Innenministeriums vor Gericht.
Gentsch in Sachsen aktiv
Tony Gentsch bestätigte vor Gericht, dass sich seine Mutter nicht für Politik interessiere. Er räumte aber ein, dass sie durchaus wisse, dass er sich im rechten Spektrum bewege. Gentsch stand lange an der Spitze des "Freien Netz Süd". Seit dem Verbot der rechtsextremen Gruppierung 2014 ist er nun vor allem in Sachsen in der rechtsextremen Partei "Der 3. Weg" aktiv.
Zahlreiche Veranstaltungen in Oberprex
Auf dem Anwesen in Oberprex sollen 44 Veranstaltungen stattgefunden haben. Größtenteils seien das private Geburtstagsfeiern gewesen, so Gentsch vor Gericht. Ein Vertreter des Bayerischen Innenministeriums entgegnete, dass das Haus immer wieder für politisch motivierte Veranstaltungen genutzt worden sei – etwa für Vorträge über extremistische Parteien oder einschlägige Geschichtsveranstaltungen. Zudem habe das inzwischen verbotene "Freie Netz Süd" das Haus damals als "NS-Versammlungsstätte" dekoriert. An der Fassade hing beispielsweise ein Banner mit der Aufschrift "Nationales Zentrum Hochfranken".
Rechtsextremen Versandhandel
In einem zweiten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth ging es auch um die Enteignung der Gegenstände, die in dem Anwesen in Oberprex waren. Gentsch betrieb bis 2014 in dem Haus einen rechtsextremen Versandhandel zusammen mit Matthias Fischer. Fischer könnte dem Umfeld des "Nationalsozialistischen Untergrunds" zugeordnet werden. Gentschs Anwalt erklärte, dass sein Mandant den Versandhandel betrieben habe, um Geld zu verdienen. Zusammen mit Fischer habe er dort Kleidung, CDs, Fahnen, Wandschmuck, Bücher und Getränke verkauft. Auf der Internetseite sei die Homepage des "Freien Netz Süd" verlinkt gewesen. Auf fünf bis zehn Prozent der Verkaufsgegenstände sei ein Bezug zum "Freien Netz Süd" erkennbar gewesen.