Ein spitzer Kirchturm überragt die wenigen Häuser inmitten von Feldern und grünen Wiesen. Das Kloster Sankt Ottilien - ein Traum für so manchen Fan vom Klosteridyll. Nicht aber für Max. Der 27-Jährige ist hier seit März gestrandet. Sein eigentliches Ziel: eine Abtei in Israel.
Denn dort wollte er dem Benediktinerorden beitreten, aber wegen des Lockdowns in Israel wird sein Visumsantrag nicht bearbeitet und er darf nicht einreisen.
Also muss eine Alternative zu Jerusalem her. Er zieht nach Sankt Ottilien, ein Benediktinerkloster in der Nähe von Landsberg - übergangsweise. "Das ist erst mal eine richtig herbe Enttäuschung. Da wusste ich dann natürlich auch erst mal nicht, wie es weitergeht. Macht das im Moment überhaupt Sinn? ", berichtet Max.
Immer weniger Menschen in Deutschland wollen ins Kloster
Doch er hält an seinem Wunsch fest - trotz aller Widerstände. Damit ist er eine Ausnahme. Denn immer weniger Menschen treten ins Kloster ein: 1999 gab es in Deutschland noch knapp 100 Novizen, also Männer, die die Ausbildung zum Mönch beginnen. 2019 waren es nur noch 26. Auch Frauen scheinen sich ein Leben im Kloster immer weniger vorstellen zu können. Gab es 1999 in Deutschland noch 145 Novizinnen, waren es vergangenes Jahr nur noch 51. Und das hat Folgen: Der Altersdurchschnitt in den Klöstern steigt. Laut der Deutschen Ordensobernkonferenz ist über die Hälfte der Ordensmänner älter als 65 Jahre, bei den Ordensfrauen sind es sogar 83 Prozent.
Auch Max hat jahrelang mit der Entscheidung für ein Klosterleben gehadert - und ist jetzt, mit 27, der jüngste Mönchsanwärter in Sankt Ottilien. Und seine Erkenntnis aus den ersten Monaten: Mönchsein heißt Verzicht. Zum Beispiel der, auf einen Teil seiner Unabhängigkeit, denn im Kloster ist alles geplant und vorgegeben: vom Tagesablauf bis hin zum Speiseplan. Und natürlich muss er auch auf eine eigene Familie verzichten. Dabei hatte er sich die immer gewünscht, sagt Max. Bis ans Lebensende abschreiben will er diesen Wunsch jedoch noch nicht, "Kloster könne man ja auch ausprobieren", sagt er.
Max: "Zuhause in Jerusalem"
Und warum ausgerechnet Israel? Max war bei der Feuerwehr in der Nähe von München, mit Anfang 20 zog er zu Hause aus. Es gefiel ihm, unabhängig und selbstbestimmt zu sein, sagt er. Er studierte Theologie und wollte Priester werden. Währenddessen verbrachte er ein Jahr in Israel, besuchte regelmäßig das Kloster Dormitio, am Rande der Altstadt von Jerusalem. Der Beginn seines Traums. Ein Entschluss, der für seine Familie bis heute nicht einfach ist - besonders für seine Oma, bei der er aufgewachsen ist.
Dennoch hält Max an seiner Entscheidung fest: "Ich habe aber trotzdem gemerkt, diese Art und Weise zu leben, diese Gottesbeziehung in die Mitte meines Lebens zu stellen, die auf diese Art und Weise zu pflegen, wie wir es hier pflegen, das zieht mich irgendwie an." Es würde ihm auch im oberbayerischen Kloster Sankt Ottilien gefallen, aber zu Hause sei er in Jerusalem, wie er sagt.
Israel zum zweiten Mal im Lockdown
Dort, in Israel, steigen seit Anfang Juli die Corona-Infektionen wieder an. Das Land ist nun schon zum zweiten Mal im Lockdown. Ende September wurden neue Höchststände von über 9.000 Neuinfektionen am Tag gemeldet - aus einem Land mit rund zehn Millionen Einwohnern. Max' Ausreise muss deshalb weiter warten. Für ihn auch eine Art Prüfung seines Wunsches: "Das ist jetzt schon so eine Erprobung. Und zwischendurch denkt man sich wirklich: Komm, nein, ich habe keinen Bock mehr."
Inzwischen hat Max sein Noviziat im Kloster Huysburg im Harz begonnen und wartet auf seine Ausreise. Das Konvent dort steht seinem in Jerusalem nahe. Max’ Hoffnung jetzt: An Weihnachten im Heiligen Land zu sein.
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