Trinkwasserschutzprojekt in der Oberpfalz
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Trinkwasserschutzprojekt in der Oberpfalz

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Mit gesundem Boden zu sauberem Trinkwasser?

"Bundesweiten Modellcharakter" soll ein Trinkwasserschutzprojekt in der Oberpfalz haben. Doch die angesprochenen Landwirte haben auch drei Jahre nach Startschuss mäßiges Interesse – obwohl Ausgleichszahlungen winken. Woran das liegt.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Es soll nicht weniger sein als die Rettung des sauberen Trinkwassers in der Region nördlich von Regensburg: das Projekt "Trinkwasserschutz Oberpfälzer Jura". Geschaffen vor drei Jahren in einem Zusammenschluss von elf Wasserversorgern in der Region. "Auf Augenhöhe" will man Landwirte dazu bewegen, das Wasser sauberer zu machen, so Wasserversorger Franz Herrler.

Das Prinzip: Landwirte in gefährdeten Gebieten können freiwillig aus einer Reihe von Maßnahmen wählen, die den Boden schützen. Diese reichen vom Einhalten einer bestimmten Fruchtfolge auf dem Acker bis hin zum kompletten Verzicht auf Pflanzenschutzmittel. Für jede umgesetzte Maßnahme zahlen die Wasserversorger den Landwirten Geld. Ziel sei es, eine Filterfunktion im Boden aufzubauen, die dafür sorgen soll, dass Nährstoffe im Boden bleiben und nicht ins Grundwasser durchfließen.

Warum die Region Probleme mit verunreinigtem Grundwasser hat

Ein Geheimnis ist es nicht, dass das Land um Beratzhausen nördlich von Regensburg Probleme mit verunreinigtem Grundwasser hat. Grund sind die Böden im Oberpfälzer Jura. Dünne Bodenauflagen und Hohlräume im Karstgestein bilden einen Kurzschluss zum Grundwasser – Schadstoffe können so teils ungefiltert ins Wasser gelangen. Schon fast ein Fünftel der 723 Trinkwasserbrunnen, die das Wasserwirtschaftsamt Regensburg betreut, sind stillgelegt. Grund sind Qualitätsmängel, so die Kooperation.

Schon seit einigen Jahren müssen die Wasserversorger in der Region aus dem Trinkwasser Pestizide filtern, um es verkaufen zu können. Konkret geht es um das gesundheitsgefährdende Herbizid Atrazin, das schon seit 1991 verboten ist. Doch noch immer lagern die Schadstoffe im Grundwasser. Und auch die Nitratwerte nähern sich dem Grenzwert. Dieser ist aber noch nicht überschritten, so Franz Herrler, Werksleiter des Wasserzweckverbandes Laber-Naab und zugleich erster Vorsitzender des Kooperationsprojektes.

Nitrat im Grundwasser: Bayernweit ein Problem

Nitrat im Grundwasser ist in vielen Teilen Bayerns schon lange zum Problem geworden. Laut Landesamt für Umwelt überschreiten 5,8 Prozent der Messstellen den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter.

In manchen Regionen muss daher Nitrat aufwendig aus dem Wasser gefiltert werden – zehn Anlagen gibt es dafür in Bayern. Bevor es so weit kommt, versuchen Wasserversorger, mit anderen Mitteln die Grenzwerte einzuhalten. Etwa in Rottenburg im Landkreis Landshut. Hier mischt das Wasserwerk das verunreinigte Wasser mit sauberem Tiefengrundwasser, um sicherzustellen, dass alle Grenzwerte eingehalten werden.

Trinkwasserschutz: Vorsorge ist billiger als Nachsorge

So weit soll es im Oberpfälzer Jura bei Beratzhausen nicht kommen. Franz Herrler vom Zweckverband betont: Eine technische Reinigung mit Aktivkohle ist teuer – also besser vorsorglich weitere Einträge verhindern.

Doch Erfolg hat das Trinkwasserschutzprojekt nur, wenn viele mitmachen. Jedoch wollen kaum Landwirte am freiwilligen Projekt teilnehmen. Zwar habe sich die unter Vertrag stehende Fläche von 2022 auf 2023 um 50 Prozent erhöht. Doch von insgesamt 600 möglichen Landwirten haben nur 65 einen unterschriebenen Vertrag zurückgeschickt. Sie alle setzen nur Minimalmaßnahmen um – auf den aus Sicht der Wasserversorger notwendigen Verzicht auf Pflanzenschutz setzt keiner von ihnen. Von vielen Seiten wird das Maßnahmenpaket als "Spitzensport" kritisiert, einige weitere Maßnahmen seien sachlich nicht sinnvoll.

Mehrheit der Landwirte nicht überzeugt

Auch Milchviehbauer Johann Mayer ist Gegner des Projekts. Wie die meisten anderen Bauern in der Region liegen viele seiner 137 Hektar Gras- und Ackerflächen in Wasserschutzgebieten, einige zusätzlich in sogenannten roten Gebieten. Die Messstellen hier melden erhöhte Nitratwerte, daher gelten ohnehin strengere Auflagen. Etwa muss Mayer in roten Gebieten 20 Prozent unter seinem eigentlichen Bedarf düngen.

Weitere Einschränkungen will er nicht mittragen. Vor drei Jahren schon hatte er gegenüber dem BR attestiert, das Projekt sei "zum Sterben" verurteilt. Und auch heute ist der Landwirt skeptisch. Für eine Umwandlung von Ackerland auf Grünland, eine der als "Spitzensport" kritisierten Maßnahmen, würde er pro Hektar zwar 500 Euro im Jahr als Ausgleich bekommen. Doch auf Ackerflächen kann energiereicheres Futter für seine Tiere wachsen als auf Grünflächen – die Ausgleichszahlungen genügen nicht, so der Landwirt: "Ich brauche Flächen, damit ich meine Tiere füttern kann."

Landwirte: Nicht noch mehr Bürokratie

Wenige Kilometer weiter, auf dem Betrieb von Ackerbauer Rupert Schmid, hat man den Vertrag heuer im Januar unterschrieben. Allerdings nur auf Drängen des landwirtschaftlichen Beraters, so Schmid. Er sei "nahezu angefleht" worden, endlich mitzumachen. Und so unterschrieb Schmid den Vertrag für eine Maßnahme, die er ohnehin schon seit Jahren auf seinem Betrieb umsetzt. Dafür bekommt er nun 3.000 Euro, ohne seinen Betriebsablauf ändern zu müssen. Bürokratie hätten die Landwirte ohnehin schon genug. "Da ist man nicht gewillt, noch mehr zu unterschreiben", so Schmid.

Viermal im Jahr bringt der Landwirt Pflanzenschutzmittel auf seinen Äckern aus. Ändern will er daran auch künftig nichts, damit sein Getreide und Saatgut qualitativ hochwertig bleiben. Ohne Pflanzenschutz fürchtet er, seine Produkte nicht mehr verkaufen zu können.

Wer ist für das verunreinigte Wasser verantwortlich?

Ohnehin fühlt sich der Landwirt nicht verantwortlich für das Problem mit verunreinigtem Grundwasser. Tatsächlich hatte ein vom Kooperationsprojekt initiierter Test gezeigt, dass die Böden unter Rupert Schmids Äckern viel Wasser aufnehmen können. Ein reges Bodenleben hatte außerdem gezeigt: Rupert Schmids Böden sind fit – ganz ohne zusätzliche Maßnahmen für das Projekt. Für den konventionell arbeitenden Landwirt wäre es zielführender, "schwarze Schafe" in der Region zur Verantwortung zu ziehen.

Die Trinkwasserinitiative im Oberpfälzer Jura ist nicht das erste Projekt von Wasserversorgern, in freiwilliger Zusammenarbeit mit Landwirten das Wasser sauberer zu machen. In Franken etwa arbeiten 18 Wasserversorger schon seit 2014 mit Landwirten zusammen. Sie sollen auf die dritte Gabe von Stickstoffdünger bei Backweizen verzichten, um den in Franken besonders trockenen Boden zu schützen - 37 Bauern machen mit.

Das Team vom Trinkwasserschutzprojekt im Oberpfälzer Jura um Franz Herrler will nun weiter versuchen, Landwirte zu überzeugen. Denn der Großteil des Grundwassers wird unter landwirtschaftlich genutzten Flächen gewonnen. Und das Geld der Wasserkunden ist da – denen schulde man somit einen Erfolg.

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