In dem Hassbrief, den Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) kürzlich auf Facebook veröffentlicht hat, werden der OB und seine Familie aufs Übelste beschimpft und bedroht. Der Verfasser, der mit "NSU – Reichsbürger Nürnbergs" unterzeichnete, ergeht sich in Vergewaltigungs- und Mordphantasien, auch gegen seine Frau und seinen Sohn. Adressiert ist der Brief an den Energieversorger N-Ergie, über den sich der Autor offenbar geärgert hat – als Oberbürgermeister ist Marcus König hier Vorsitzender des Aufsichtsrats.
- Zum Artikel: Wie wir bei BR24 mit Hasskommentaren umgehen
OB König: Jede Hassbotschaft wird angezeigt
Für König ist klar: Er setzt sich zur Wehr. Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk kündigte er ein hartes Vorgehen gegen die Verfasser von Hassbotschaften an – in diesem, aber auch in allen anderen Fällen. Das Schreiben sei Polizei und Staatsanwaltschaft übergeben worden und der Staatsschutz ermittle.
Ihm sei es wichtig gewesen, den Hassbrief zu veröffentlichen, sagte König am Montag in der Frankenschau aktuell im BR Fernsehen. Grund sei der Duktus des Schreibens.
"Das sind Worte, die geschrieben werden. Aber wer sagt mir, dass diese Worte nicht irgendwann in einer Tat enden? Dem müssen wir ganz entschieden entgegentreten." Marcus König, Oberbürgermeister von Nürnberg
Beschimpfungen auf den Ämtern
Besonders schockiert sei er angesichts der Tatsache, dass auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden und Betrieben wie des Energieversorgers N-Ergie derart beschimpft und verunglimpft würden, erklärte der Nürnberger Oberbürgermeister weiter. Die Botschaften kämen nicht nur anonym, die Beschäftigten in den Ämtern würden auch persönlich angegangen. "Konstruktive Kritik ist in einer Demokratie nötig und erwünscht. Aber hier werden rote Linien überschritten", schrieb König auf Facebook.
Vorsitzender der Türkischen Gemeinde gab Amt auf
Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Metropolregion Nürnberg (tgmn e. V.), Bülent Bayraktar, kennt Beleidigungen und Bedrohungen und hat sie viele Jahre ausgehalten. Doch vor einer Woche war das Maß für ihn voll – Bayraktar gab sein Amt auf.
Er habe in all den Jahren viel Zustimmung erhalten und sei konstruktiv kritisiert worden, schrieb er in einem offenen Brief. "Jedoch wurde ich auch immer wieder denunziert, bedroht und beleidigt", heißt es darin. "Leider hat die Dosis in letzter Zeit zugenommen, so dass ich und meine Familie sich nicht mehr sicher fühlen." Deshalb habe er die Konsequenz gezogen und sein Amt als Vorsitzender der Türkischen Gemeinde niedergelegt, schreibt Bülent Bayraktar.
Mehr als 2.400 Verfahren gegen Hate Speech
Betroffene von Hassbotschaften können die Vorfälle in Bayern nicht nur bei der Polizei anzeigen. Die bayerische Justiz hat eigens eine Hate-Speech-Beauftragte und Spezialisten, die sich darum kümmern. Nach Angaben des Justizministeriums leiteten sie im vergangenen Jahr mehr als 2.400 Verfahren ein.
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