Viele leere Stiegen stehen auf seinem Hof, ungewöhnlich ist das im Spätsommer. Für Neukunden ist Georg Höhensteiger ausverkauft, was er noch hat an Brennholz, das hebt er für etwa 50 Stammkunden auf. Die will er nicht verlieren, sie kommen erst im Herbst mit ihren Bestellungen.
"Was vorher das Klopapier war, das ist jetzt das Brennholz"
Der Forstwirt besitzt einen Hof bei Rohrdorf im Landkreis Rosenheim, 300 Hektar Wald gehören dazu. Der liefert genug Rohstoff für etwa 100 Ster gutes Brennholz, die er in normalen Jahren ausliefert. Heuer könnte er sicher die dreifache Menge verkaufen, sagt er. Das Telefon stehe nicht still, von weither riefen die Leute an, auf der Suche nach Holz. Und wenn es früher um zwei oder drei Ster, also Kubikmeter geschichtete Holzscheite ging, dann werde jetzt oft nach großen Mengen bis zu zehn Ster gefragt. Panikgetriebene Hamsterkäufe nennt Höhensteiger das. "Was vorher das Klopapier war, das ist jetzt das Brennholz", sagt er.
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Hamsterkäufe treiben den Preis
Als Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung Rosenheim weiß er, dass es bei allen mehr als 3.000 Mitgliedern des Vereins ganz ähnlich ausschaut. Das hat Folgen für den Preis. Höhensteiger ist von 90 auf etwa 120 Euro pro Ster gegangen, vor allem um die gestiegenen Energiekosten auszugleichen. Und 120 Euro sind moderat im Vergleich zu den Preisen in manchen Baumärkten, wo oft über 200 Euro verlangt werden. Zum Vergleich: Wenn ein Raummeter Hartholz einen Heizwert von etwa 200 Litern Heizöl hat, die derzeit um die 340 Euro kosten, dann ist Holz immer noch der deutlich günstigere Brennstoff.
Lieferengpässe bei Holzöfen
Jeder vierte Haushalt in Deutschland verfügt über eine Feuerstätte, die mit Holz gefüttert wird, sagt die Statistik. Insgesamt gibt es demnach etwa elf Millionen Holzöfen hierzulande. Zahlen, die derzeit stark ansteigen, denn auch die Nachfrage nach solchen Wärmequellen ist "einfach unglaublich", wie es Markus Huber formuliert. Er ist Geschäftsführer von Gebus, einer Firma, die in Kolbermoor Öfen aller Art verkauft.
Beim Besuch in seinem Geschäft klingelt ständig das Telefon, die Gespräche ähneln sich. Huber muss absagen oder aufs nächste Jahr vertrösten. Es sei dramatisch, sagt er, die Hersteller kämen nicht mehr nach. Und er selber hat seine Firma auf eine Sechs-Tage-Woche umgestellt, er könnte Monteure einstellen, findet aber keine auf dem Arbeitsmarkt. Die Öfen, die noch ankommen, werden sofort eingebaut. Gerade empfängt er eine heißersehnte Lieferung aus Dänemark, zwei gusseiserne Öfen, schon vor Monaten geordert und längst verkauft. "Die Kunden können glücklich sein, dass das noch vor dem Winter geklappt hat", sagt der Händler der heißen Ware.
Rohstoffe aus der Ukraine
Auch bei den Feuerstätten gehen die Preise nach oben, um etwa 25 Prozent in den letzten Monaten. Das ist nach Ansicht des gelernten Kaminkehrers verständlich, weil auch hier verteuerte Rohstoffe und Lieferkosten zu Buche schlagen. Tatsächlich spielt die Ukraine bei mehreren wichtigen Rohstoffen für den Ofenbau eine wichtige Rolle, was die Lage weiter verschärft. Huber plagt die Sorge, dass so mancher aus Angst vor Gas-Engpässen alte, längst ausgemusterte Holzöfen wieder aufstellt, das könne durchaus gefährlich werden.
Risiko bei alten Öfen
So sieht das auch Max Goldbrunner, Bezirkskaminkehrermeister aus Bad Aibling. "Wenn die Öfen nicht zu alt sind, können sie genutzt werden", sagt er, "der Kaminkehrer muss sie aber auf jeden Fall abnehmen, das heißt, ihre Tauglichkeit und Funktionsweise überprüfen." Die Luftzufuhr müsse stimmen, die Feinstaubregeln befolgt werden, sonst sei das Heizen mit Holz nicht sinnvoll. Auch Goldbrunner berichtet über eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Abnahmen von Feuerstätten aller Art. Er kommt mit seinem Team kaum hinterher, alle Anträge abzuarbeiten.
Angst vor der Rechnung für die Wärme
Zurück im Geschäft von Gebus in Kolbermoor: Eine Rentnerin kommt herein, sie sucht nach einem kleinen, stählernen Ofen, den sie im oberen Stockwerk ihrer Wohnung aufstellen möchte. Bisher sorgt eine Gasheizung für erträgliche Temperaturen im Winter, die Frau hat aber Angst vor der nächsten Rechnung. Strom und Gas seien ja so teuer geworden, sie könne das mit ihrer kleinen Rente nicht stemmen, sagt sie. Aber Markus Huber muss auch sie vertrösten, in diesem Jahr sieht er keine Chance mehr, die gewünschte Wärmequelle zu beschaffen.
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