Bis zum Schluss wurde gehämmert, gestrichen, geprobt: Schlag zwölf Uhr greift nun Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter im Schottenhamel-Zelt wie gewohnt zum letzten Hammer: dem Anstich-Schlegel für das - offiziell - erst Fass Wiesnbier 2017. Von da ab läuft der Gerstensaft in allen Zelten in Strömen. Dann wird nicht nur gefachsimpelt, wie viele Schläge der OB diesmal für den Anstich des ersten Wiesn-Fasses gebraucht hat, sondern auch untersucht, ob nicht wieder zu viel Schaum in der ist.
Wiesnpreise steigen erneut deutlich über Inflation
Viele Wiesnfreunde schäumen auch wegen der Preisentwicklung auf dem Festgelände an der Bavaria: Eine Steigerung von durchschnittlich 3,1 Prozent hat der Chefvolkswirt der italienischen Bank Unicredit für heuer ermittelt – deutlich über der allgemeinen Preisentwicklung. Aber das hat auf der Wiesn ja Tradition. 2016 war die Wiesn-Inflation sogar auf 3,5 Prozent geklettert. Die Maß liegt heuer zwischen 10,60 und 10,95 Euro.
Bierkonsum 2016 erstmals rückläufig
Geht deshalb der Bierkonsum zurück? Laut Unicredit-Analyse ist der Pro-Kopf-Konsum von 1985 bis 2015 kontinuierlich von rund 0,9 Litern auf einen Spitzenwert von 1,3 Litern gestiegen. Vergangenes Jahr aber waren es durchschnittlich nur noch 1,18 Liter pro Mann beziehungsweise Frau. Die Besucherzahlen waren 2016 mit 5,6 Millionen fast so niedrig wie 2001 – unmittelbar nach den Anschlägen in den USA. Der Höchstwert seither wurde 2011 mit 6,9 Millionen Besuchern erreicht – bei 17 Tagen Dauer. Von diesen Werten träumt man bei der Stadt.
Mehr Sammelstellen für Taschen und Rucksäcke
Immerhin ist aufgrund die Zahl der Sammelstellen für Rucksäcke und Taschen erhöht worden. Alles, was größer ist als drei Liter Fassungsvermögen, darf nicht mit aufs Fest. Kinderwägen allerdings auch nicht – und zwar an allen Samstagen und am Einheitsfeiertag (3. Oktober).
Mehr Sicherheit: Lieferverkehr nur außerhalb der Öffnungszeiten
Der Lieferverkehr auf der Theresienwiese ist aus Sicherheitsgründen nun erstmals vom Besucherverkehr getrennt: Bisher durfte dieser bis 10 Uhr aufs Festgelände, Einlass für die Besucher war aber schon ab 8 Uhr. Nun müssen sich die Gäste eine Stunde länger gedulden: Erst um 9 Uhr wird das Oktoberfest öffnen. Da müssen die Lieferanten definitiv wieder weg sein. Neu ist auch: Alle Fahrer und Beifahrer müssen überprüft und registriert sein. Und noch etwas dürfte dem gestiegenen Sicherheitsbedürfnis der Festbesucher entsprechen: Im Notfall kann die Polizei per zentraler Lautsprecheranlage sogar in jedem Festzelt einzeln Durchsagen machen. Bestehen bleiben der Zaun ums gesamte Gelände, abschnittsweise ein flexibler Maschendrahtzaun, und die hochfahrbaren Poller gegen Fahrzeuge an den kontrollierten Eingängen. Mehr Einsatzkräfte, mehr Überwachungskameras und mehr Taschenkontrollen tun ihr Übriges.
Oide Wiesn mit neuem Volkssänger-Zelt
Da kein Zentral-Landwirtschaftsfest stattfindet, kann die nun zum sechsten Mal ihre Tore öffnen. Diese historische Wiesn ist für alle, denen der Rummel auf der normalen Wiesn zu groß und zu laut ist. Neu dabei: das "Original Münchner Volkssängerzelt – Zur Schönheitskönigin". Hier soll die Wirtshauskultur der satirisch-bissigen Volkssänger(innen) neu belebt werden.
Karusselltürme jetzt noch höher
Im Gegensatz dazu das lärmende, tosende "Schneller, höher, weiter!" vieler Schausteller auf der großen Wiesn: Beim "XXL Raver" fällt man kopfüber sogar aus 55 Metern Höhe in die Tiefe – an einem langen Greifarm, der einen kräftig durchschüttelt. Nichts für volle Mägen.
Im "Jules Vernes Tower" dreht sich ein Kettenflieger sogar auf 70 Metern Höhe – in der Schräglage gar 65 Stundenkilometer schnell. der "Drifting Coaster": Hier sitzt man in den Gondeln einer Achterbahn, die allerdings in jeder Kurve ausschwenken, sodass man wirklich den Boden unter den Füßen verliert.
Erstmals App zum bargeld- und kartenlosen Zahlen
Ach ja, ganz neu ist die kostenlose Bezahl-App: Sie macht sogar Plastikgeld überflüssig, weil das Besucher-Smartphone und das Kellner-Smartphone per Barcode-Scanner alles unter sich ausmachen. In der App müsseen nur die Bankdaten nebst Einzugsermächtigung gespeichert werden. Sogar das Trinkgeld lässt sich per Tastendruck aus vorgefertigten Buttons auswählen – mit 0, 10, 15 und 20 Prozent. Dann den Endpreis bestätigen – fertig. Für alle, die schon lange gewusst haben, dass das Smartphone eines Tages die Kontrolle über uns gewinnt ...
Auf zum Trachten- und Festzug
Traditionell marschieren und galoppieren am ersten Wiesn-Sonntag Tausende Trachtler, Schützen, Musikgruppen und Brauereigespanne von der Maximiliansstraße durch die Innenstadt zur Theresienwiese. Um 10 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung. Vorneweg reitet stets das Münchner Kindl. Die Prominenz fährt in der Kutsche. Gut, wer auf Papas Schultern sitzen und den Zug von oben anschauen kann.
Na dann: Auf eine friedliche Wiesn!