Parkplatz-Wahnsinn · Lkw-Fahrer unter Druck
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Ein Lkw-Fahrer vor eng geparkten Lkw an einer deutschen Autobahn Raststätte

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Parkplatz-Wahnsinn: Lkw-Fahrer unter Druck

Parkplatz-Wahnsinn: Lkw-Fahrer unter Druck

Zehntausende Parkplätze für Lkw fehlen an den Autobahnen. Die Folge: Die Fahrer haben große Probleme, ihre Ruhezeiten einzuhalten. Außerdem führt der Mangel an Stellplätzen zu gefährlichen Parksituationen. Wie könnten Lösungen aussehen?

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Nußdorf am Inn. Am frühen Morgen beginnt die Tour von Lkw-Fahrer Andi Koller. Sein Ziel: Das 850 Kilometer entfernte Hamburg. Kontrovers – Die Story begleitet ihn auf der Tour. Dabei ist die Strecke nicht die größte Herausforderung, sondern einen Parkplatz zu finden, um die vorgeschriebenen Pausen zwischendurch einzuhalten. Es gibt zu wenige Stellplätze für die Laster. Das Problem ist bekannt: Eine Studie der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen aus dem Jahr 2024 kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland fast 20.000 Lkw-Parkplätze fehlen. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung geht sogar von mehr als 38.000 aus.

Eine Pause und ein Platz für die Nacht

Andi Koller soll mit seinem Lkw Strick- und Bügelmaschinen nach Hamburg liefern. Für die Strecke wird er rund 13 Stunden brauchen. Neun Stunden darf er an einem Tag fahren. Dazwischen ist eine Pause von 45 Minuten Pflicht. Und nach jeder Tages-Tour ist eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden vorgeschrieben. Das heißt, jeder Lkw-Fahrer braucht pro Schicht zweimal einen Stellplatz – auch Andi Koller: "Ich vermute, dass ich heute zwischen vier und sechs Raststätten anfahren muss, bis ich einen Platz für die Nacht finde."

Gefährliche Parkpositionen

Ruhezeiten von Lkw-Fahrern werden streng kontrolliert. "Es ist heute so, dass sie die Fahrzeuge der neuesten Generation bereits im Vorbeifahren auslesen können. Das heißt, die Kontrolleure müssen mich nicht mal anhalten, um zu sehen, ob mein Tacho grün ist oder nicht." Wer überzieht, dem drohen empfindliche Strafen. "Das kostet, je nachdem wie massiv es ist, von 30 Euro bis in den vierstelligen Bereich", erklärt Koller. Die Strafen müssen die Fahrer in vielen Fällen selbst bezahlen. Auf der A9 Richtung Hof kurz vor Bayreuth fährt der Lkw-Fahrer einen Parkplatz an. "Wir nehmen jetzt einfach den", entscheidet Koller und bringt den Laster quer über mehreren Pkw-Parkplätzen zum Stehen. Denn der Bereich für die Lkw ist bereits voll. Und es kommen noch mehr Laster. Wenn kein Parkplatz frei ist, parken viele trotzdem irgendwo am oder im Rastplatz-Bereich, weil sie ihre vorgeschriebene Pause machen müssen. Das ist manchmal nur eng, manchmal aber auch gefährlich, vor allem, wenn Lastwagen in der Ein- oder Ausfahrt stehen. Es passieren immer wieder schwere Unfälle, weil andere Verkehrsteilnehmer nicht mit geparkten Lkw rechnen und auf sie auffahren.

Bundesverkehrsministerium räumt Handlungsbedarf ein

Koller hat seine vorgeschriebene Pause gemacht und erreicht am Nachmittag Sachsen-Anhalt. "Wir haben es jetzt 16:43 Uhr und es ist voll. Die stehen teilweise schon da drüben auf den Pkw-Plätzen." Der Lkw-Fahrer sucht einen Platz für die Nacht. Auch auf dem nächsten Parkplatz hat er kein Glück. Einige Kollegen parken bereits in zweiter Reihe im Parkverbot. Auf Nachfrage von Kontrovers – Die Story räumt das Bundesverkehrsministerium ein: "Unbestreitbar ist jedenfalls dringend notwendig, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele neue LKW-Stellplätze zu schaffen."

Widerstände gegen neue Lkw-Parkplätze

Teil einer Lösung könnten das sogenannte Kolonnen- oder das Kompaktparken sein. Die Lkw-Parkplätze sind mit digitalen Anzeigen ausgestattet, die die Standzeiten der Fahrer managen. Wer zuerst wegmuss, bekommt vom System einen Platz ganz vorne in der Schlange zugewiesen. Wer danach fährt, dahinter, wer zuletzt fährt, ganz hinten. Das soll jede Menge zusätzlichen Parkraum schaffen. Der Neubau von Parkplätzen sei hingegen schwierig, erklärt Josef Seebacher von der für Raststätten zuständigen Autobahn GmbH. "Ganz konkret werden in Bayern zurzeit drei neue Parkplätze gebaut. Bei Bad Aibling sind es zwei größere Parkplätze und einer im Hofoldinger Forst. Aber alle drei Parkplätze sind rechtlich lange bekämpft worden. Es gibt da sehr, sehr starke Widerstände dagegen."

Kostenpflichtige Stellplätze

Lkw-Fahrer Koller läuft die Zeit davon. Er hat nun einige Parkanlagen und Raststätten erfolglos abgefahren. Jetzt steuert er auf einen Autohof zu. Diese werden in Deutschland von Privatbetreibern geführt. Deshalb kostet das Parken hier zehn bis 15 Euro pro Nacht. Das bedeutet im Extremfall bis zu 300 Euro zusätzliche Ausgaben im Monat. Je nach Spedition müssen die Fahrer auch das oft selbst bezahlen. Doch trotzdem ist auch diese Anlage voll. Koller hat Glück: "Da ist noch einer!" Die vorgeschriebene, maximale Lenkzeit hat er nur ein bisschen überschritten: "Acht Minuten bin ich drübergefahren." Das wird auf einem ellenlangen Zettel dokumentiert. Und dann ist für ihn Feierabend. Morgen fährt er weiter nach Hamburg. Und dann wird für Andi die Suche nach freien Stellplätzen von vorne losgehen.

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