"Plauderkasse" in Schweinfurt: Dienstag von 8 - 12 Uhr
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Plauderkasse in Schweinfurt: Einkaufen ohne Zeitdruck

Plauderkasse in Schweinfurt: Einkaufen ohne Zeitdruck

Wenn an der Supermarktkasse jemand besonders lange braucht, sind andere Kunden schnell genervt. Ein Schweinfurter Edeka hat daher nun eine eigene Kasse für Menschen, die sich beim Einkauf gern Zeit lassen, eingerichtet. Ein Konzept mit Zukunft?

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Dienstagvormittag im Edeka Höchner in Schweinfurt: Mitarbeiterin Helga Schöner begrüßt gut gelaunt eine ältere Kundin. "Da gibt’s wohl nachher noch einen Kartoffel-Auflauf!", rät sie, während sie die Ware übers Band zieht. Langsam, damit die Seniorin die Sachen in Ruhe verstauen kann. Die erzählt währenddessen von ihrem selbstgezogenen Feldsalat, kramt dann ihr Kleingeld hervor. Münze für Münze zählt sie den geforderten Betrag passend ab. Schöner geht ihr geduldig zur Hand.

Pilotprojekt am Dienstagvormittag

Für gewöhnlich werden Szenen wie diese von genervten Blicken ungeduldig anstehender Kunden begleitet. Doch an der Plauderkasse im Frische-Center Höchner ist genau das erlaubt. Hier stellen sich nur Leute an, die sich gern Zeit nehmen. Wer es eilig hat, zahlt an einer der anderen geöffneten Kassen oder an einem der Automaten zum Selbstscannen. Seit vier Wochen hat die Plauderkasse testweise immer dienstags zwischen acht und zwölf Uhr geöffnet.

Gegenpol zum hektische Alltag: "Das Konzept hat Zukunft"

Die Idee dazu kam Inhaber Marius Höchner im Mitarbeitergespräch mit Helga Schöner. Sie habe ohnehin viele Kunden, die extra bei ihr zahlen, um sich während des Einkaufs zu unterhalten, so Schöner. "Ich plauder einfach gern", erzählt die Kassiererin, "und viele Kunden freuen sich über die Zuwendung." Durch die Plauderkassen sei das nun möglich, ohne andere Kunden aufzuhalten. Die Filiale könne so eine breite Kundengruppe ansprechen, bestätigt Inhaber Höchner. Als Gegenpol zum schnellen Einkauf stünden hier Service und persönlicher Kontakt im Vordergrund. "Ich glaube, das Konzept hat Zukunft", so Höchner.

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Mitarbeiterin Helga Schöner unterhält sich mit einer Kundin.

Niederlande, Japan, Schweiz: Ähnliche Konzepte im Ausland

Bei der Schweinfurter Plauderkasse handelt es sich laut eigener Aussage um die wohl erste ihrer Art in Deutschland. Vorbild waren ähnliche Konzepte, die es bereits im Ausland gibt: Die niederländische Supermarktkette Jumbo führt sogenannte "Kletskassa" (dt. Plauderkassen) in mittlerweile über 100 Filialen. Im schnell alternden Japan gibt es "langsame Kassen", die sich explizit an Senioren und Menschen mit Behinderung richten. Und im Schweizer Basel wird durch ein Plauderkassen-Projekt gezielt auf andere soziale Unterstützungsangebote aufmerksam gemacht.

Kasse gegen die Vereinsamung

Auch in Schweinfurt möchte man durch die Plauderkasse insbesondere Senioren den Einkauf erleichtern. Gerade für ältere und alleinstehende Menschen gehört das Einkaufen manchmal zu den wenigen sozialen Gelegenheiten. "Da ist es einfach schön, wenn man sich ein bisschen Zeit nimmt und auf die Menschen eingeht", so Mitarbeiterin Helga Schöner.

Aber auch jüngere Menschen und Familien würden sich anstellen und freuen, wenn sie die Einkäufe in Ruhe einpacken können. Gleichzeitig kann das Konzept auch das Kassenpersonal entlasten. Man habe deutlich weniger Druck, bestätigt Schöner.

Weitere Plauderkassen denkbar

Die dienstägliche Plauderkasse wurde am 28. Februar zum ersten Mal geöffnet. Bisher sind die Rückmeldungen durchweg positiv. Wenn das Konzept weiterhin gut angenommen wird, seien in Zukunft auch weitere Wochentage oder gar eine zweite Plauderkasse denkbar, so Frische-Center Inhaber Marius Höchner.

Helga Schöner möchte ihren Platz an der Plauderkasse in jedem Fall nicht so schnell wieder aufgeben. "Ich darf nicht laut sagen, wie viel Spaß mir das eigentlich macht", verrät Schöner mit einem Augenzwinkern, "sonst muss ich am Schluss noch Geld mitbringen, statt es hier zu verdienen."

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