Wasserkocher, Töpfe, Backofen – die Küche ist ein Ort voller Gefahren. Besonders für Kleinkinder. In einer Riesenküche, die ab sofort in der Abflughalle 2 am Flughafen in Nürnberg aufgebaut ist, können das Erwachsene eindrucksvoll nachempfinden. Bei der Aktion "Die Küche aus dem Blickwinkel Ihres Kindes" soll auf Gefahrenquellen im Haushalt aufmerksam gemacht werden. Dabei kommt auch eine VR-Brille zum Einsatz sowie die digitale Darstellung einer Küche aus Sicht eines Kleinkindes. Initiiert hat die Aktion der Verein Klabautermann e.V. zusammen mit dem Klinikum Nürnberg.
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Zahl der Verbrühungen bei Kindern seit Jahren hoch
Gerade für Kleinkinder existierten bisher viel zu wenig geeignete Maßnahmen zur Unfallverhütung, sagt die Klabautermann-Vorsitzende Hanne Henke. Und Mitinitiator Karl Bodenschatz, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Nürnberger Süd-Klinikum, ergänzt: "Man muss die Eltern öffentlich abholen und darauf hinweisen, dass da eine Gefahr da ist."
Während die Fallzahlen bei Autounfällen beispielsweise merklich zurückgingen, sei die Zahl an Verbrühungen bei kleinen Kindern seit Jahren konstant. Laut Paulinchen e.V., der Initiative für brandverletzte Kinder, müssen allein in Deutschland mehr als 30.000 Kinder unter 15 Jahren mit Verbrennungen und Verbrühungen ärztlich versorgt werden. Die Zahl der Kinderunfälle insgesamt wird laut Bundesgesundheitsministerium auf mindestens 1,88 Millionen geschätzt.
Verbrennungen für Kinder sehr gefährlich
Verbrennungen und Verbrühungen gehören auch am Süd-Klinikum Nürnberg zu den häufigsten Notfällen bei kleinen Kindern. Etwa 200 Fälle behandeln die Experten des Zentrums für Schwerbrandverletzte pro Jahr. "Die Kinderhaut ist sehr dünn", erklärt Chefarzt Karl Bodenschatz. Schon relativ niedrige Temperaturen knapp über 50 Grad würden ausreichen, um die Haut zu schädigen. "Das wäre beim Erwachsenen noch unbedenklich. Wenn da mal Tee über die Hand läuft, bekommt man noch keine Brandblase." Beim Kind sei das anders. Da entstünden schon Brandblasen bei Flüssigkeiten, an die man gar nicht denke. Zudem genügten bei Kindern schon kleine Flüssigkeitsmengen, um große Hautflächen zu verletzten, sagt Bodenschatz.
Richtige Behandlung ist entscheidend
Oft müsse dann Haut transplantiert werden. So wie bei der einjährigen Mathilda. Vor etwa acht Wochen hat sich das Mädchen beide Handflächen verbrannt. Beim Zelten sei die Camping-Küche zwar mit einem extra aufgebauten Zaun gesichert gewesen, aber irgendwie habe sie es geschafft, die Barriere zu durchbrechen, erinnert sich Mutter Carolin Miehling. "Mathilda ist gestolpert, hat sich aufgefangen, ist weitergelaufen, wieder gestolpert und zum Schluss vor den Herdplatten zum Stehen gekommen." In einem Bruchteil von Sekunden landeten beide Handflächen genau auf den heißen Herdplatten. Durch die Verbrennung bildeten sich Blasen.
Mathilda brauchte eine Hauttransplantation
Im Krankenhaus wurde schnell klar, dass Mathilda operiert werden und Haut transplantiert werden muss. Um die Narbenbildung zu hemmen, trägt das kleine Mädchen spezielle Kompressionshandschuhe. Das ist wichtig, erklärt Chefarzt Karl Bodenschatz: "Denn die Kinder wachsen ja noch sehr viel und sehr schnell, die Narben kommen da aber nicht mit. Es kann zu Bewegungseinschränkungen bei Händen oder Gelenken kommen." Diese Komplikationen wolle man mit einer möglichst guten Behandlung verhindern.
Bei der Genesung ist Geduld nötig
Mathilda hatte Glück. Die Behandlung mit den Kompressionshandschuhen schlägt gut an. Die stärker betroffene linke Hand müsse wohl irgendwann gelasert werden, berichtet Vater Michael Miehling – neben den speziellen Handschuhen eine weitere Maßnahme, um die Narben auf der Handinnenseite weicher werden zu lassen, sodass die Haut mitwachsen kann. Das ist wichtig für die Wundheilung.
Beim Kontrolltermin ist Oberärztin Birgit Hülße zufrieden mit Mathildas Genesung. Einschränkungen hat die Einjährige nahezu keine mehr – und auch keine Schmerzen. Greifen und Anfassen von Gegenständen klappt auch schon wieder richtig gut. Jetzt müssen sich nur noch die lästigen Narben in der Handinnenfläche zurückbilden. Da ist Geduld gefragt. Die Prognose: In etwa zwei Jahren wird Mathildas Behandlung abgeschlossen sein.
Zielgruppe: Eltern von Kleinkindern
Der Flughafen wurde als Standort für die Präventions-Aktion ausgewählt, da gerade in den Ferien starker Publikumsverkehr herrscht und dort viele Familien unterwegs sind, die für Gefahren sensibilisiert werden sollen, heißt es vom Verein Klabautermann. Der Nürnberger Verein betreut seit 1990 chronisch kranke, frühgeborene und besondere Kinder und deren Familien. Seit einigen Jahren ist auch Unfall-Prävention ein Thema. Die Zielgruppe der aktuellen Kampagne sind vor allem Eltern von Kleinkindern zwischen einem halben und drei Jahren.
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