Kalter Rauch - Dominik Ewald riecht es sofort, wenn Mütter oder Väter neben ihm am Wickeltisch stehen, die sonst viel rauchen. "Da hilft auch kein Lüften. Die Schadstoffe bleiben." Der Kinderarzt ermahnt dann die Eltern, das Rauchen sein zu lassen – zumindest in engen Räumen, wie zum Beispiel im Auto.
Seine Ansprache wirkt aber nicht immer. Als Landesvorsitzender der bayerischen Kinderärzte macht sich Ewald seit Jahren daher für ein Verbot stark, das das Rauchen im Auto verbietet, wenn Minderjährige und Schwangere mitfahren. Denn die Folgen für die Gesundheit seien gravierend, sagt er.
- Zum Artikel: Rauchen im Auto mit Kindern: Was in anderen EU-Ländern gilt
Schadstoffbelastung höher als in Raucherkneipe
Besonders das Rauchen im Auto stellt eine große Gefahr dar, wie mehrere Studien bestätigen. Unter anderem hat das bayerische Landesamt für Gesundheit eine Untersuchung durchgeführt, bei der ein Raucher mit einem Wagen mehrere Runden durch die Münchner Innenstadt gedreht hat. Auf der Rückbank: Eine Apparatur, die die Schadstoffbelastung gemessen hat. Die Ergebnisse decken sich mit anderen Studien: Die Schadstoffbelastung ist mit 2.500 Mikrogramm pro Kubikmeter um das Fünffache höher als in einer gut besuchten Raucherkneipe, die mit rund 500 Mikrogramm pro Kubikmeter belastet ist. Eine alarmierende Zahl.
Im Video: Rauchen im Auto kann vor allem für Kinder und Schwangere schädlich sein
Rauch macht Kindern Probleme
Ortswechsel: Ein kleiner Junge sitzt in einem Glaskasten in der Regensburger Kinderklinik St. Hedwig. Ruhig atmet er über ein Mundstück ein und aus, im Rhythmus der ruhigen Stimme des Pflegers. Plötzlich ändert sich die Lautstärke: "Jetzt mal tief Luft holen. Und wieder aus, aus, aus." Der Junge kämpft gegen die Lungenbelastungsmaschine an. Auf einem Computerbildschirm daneben zeichnen sich Linien in einem Diagramm ab. Für den Laien scheint alles okay zu sein. Chefarzt Michael Kabesch, Experte für Lungenmedizin bei Kindern, erkennt aber sofort: Die Atemwege des Jungen sind zu eng.
Eine Analyse, die Kabesch oft machen muss. Gerade bei Kindern, in deren unmittelbarer Umgebung geraucht wird. Zu Hause, aber häufig auch im Auto.
"Ich hatte zuletzt erst einen Vater bei mir, der das Rauchen im Auto nicht aufgeben wollte, obwohl wir bei seinem Kind Asthma diagnostiziert haben." Michael Kabesch, Chefarzt für pädiatrische Pneumologie an der Kinderklinik St. Hedwig
Doch außer gut Zureden kann auch der Chefarzt nichts machen. Daher unterstützt Kabesch ein Gesetz, das das Rauchen im Auto verbietet, wenn Minderjährige oder Schwangere mitfahren. Eine "Entscheidungshilfe" für Eltern, wie Kabesch das Verbot nennt.
Rauchen im Auto: 800.000 Kinder betroffen
Seit Jahren warnen sowohl Kinderärzte als auch das deutsche Krebsforschungszentrum: Zwar würden zwei Drittel der Raucher, die mindestens ein Kind haben, auf das Rauchen im Auto verzichten, aber ein Drittel tue es nicht. Das Krebsforschungszentrum rechnet daher, dass rund 800.000 Kinder in Deutschland dem Passivrauchen im Auto ausgesetzt sind. Die Folge: Atemwegserkrankungen bis hin zum plötzlichen Kindstod.
Wie dramatisch es sein kann, ständig und unmittelbar dem Rauch ausgesetzt zu sein, macht Lungenspezialist Michal Kabesch anhand einer Röntgenaufnahme deutlich. Zu sehen: Zwei Lungenflügel, die den ganzen quadratischen Bildschirm ausfüllen. Eigentlich seien diese wie ein Trapez angeordnet. Doch wegen der engen Atemwege konnte die Luft nicht mehr entweichen. Die Folge: Atemnot. Das Kind musste auf die Intensivstation.
Gesetz: Eingriff in die Privatsphäre?
Vor so einer Gefahr müssen Kinder geschützt werden, begründet Dominik Ewald seine Forderung nach einem Verbot. Unterstützung bekommen die Kinderärzte von den Bundesländern: Bereits 2019 haben einige Länder einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der das Rauchen im Auto verbietet, wenn Minderjährige oder Schwangere mitfahren. Trotzdem: Seit vier Jahren habe sich nichts geändert, stellt der Landesvorsitzende der bayerischen Kinderärzte fest. Ein oft angeführtes Argument: Ein Rauchverbot sei ein Eingriff in die Privatsphäre.
"Es ist einfach nichts passiert, aus unterschiedlichsten Gründen, nicht nachvollziehbaren Ausweichgründen, die man gar nicht zitieren mag, um sich nicht fremdzuschämen. Es ist eine Schande." Dominik Ewald, Landesvorsitzender des Berufsverbands bayerischer Kinderärzte
Nun will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ein entsprechendes Gesetz bundespolitisch voranbringen. Andere Länder sind da schon weiter. Dort gibt es die entsprechenden Verbote bereits. Dass Deutschland dafür so lange braucht, sorgt bei Medizinern wie Dominik Ewald und Michael Kabesch immer wieder für Verwunderung.
Im Audio: Kinderärzte fordern seit Jahren, das Rauchen im Auto zu verbieten, wenn Minderjährige und Schwangere mitfahren
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