Forschung mithilfe der Anni Hofmann Stiftung: Professor Rainer Glaß bei einer mikroskopischen Untersuchung.
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Professor Rainer Glaß forscht in der Neurochirurgischen Klinik des LMU-Klinikums Großhadern am Glioblastom.

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Private Stiftung fördert Forschung gegen Tumor – Erste Erfolge

Ein Ingolstädter Familienunternehmen steckt seit vielen Jahren einen Teil seines Gewinns in eine private Stiftung. Diese hat nur ein einziges Ziel: die Erforschung eines bislang tödlichen Hirntumors, des sogenannten Glioblastoms.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Für Anni Hofmann gab es vor gut zehn Jahren keine Rettung. Der langjährigen Lebensgefährtin des Ingolstädter Unternehmers Oskar Wack blieben nach der Diagnose Glioblastom nur wenige Wochen. Dabei hatte sich ihr bestens vernetzter Partner weltweit um medizinische Hilfe bemüht. "Ich hab' alles versucht. Ich habe Kontakte mit Japan, mit USA aufgenommen, mit allem aufgenommen, aber gegen Glioblastom kommen Sie nicht an. Das ist ein Todesurteil."

Einziges Stiftungsziel: Eine Therapie für Glioblastom-Patienten

Der Hirntumor wächst schnell und bislang unaufhaltsam. Den Betroffenen bleiben manchmal nur wenige Woche wie Anni Hofmann, manchmal etwas mehr als ein Jahr. Noch gibt es keine Rettung. Um das zu ändern, hat Oskar Wack nach dem Tod seiner Lebensgefährtin eine Stiftung gegründet und nach ihr benannt. Seitdem fließt ein Teil des Gewinns des Ingolstädter Familienunternehmens Dr. Wack Group, das hochwertige Pflegemittel für Autos, aber auch für Mikro-Elektronik, produziert, in die Anni Hofmann Stiftung.

Mit insgesamt 300.000 Euro pro Jahr werden Wissenschaftler in München, Hamburg und Frankfurt unterstützt. Einziges Ziel der Stiftung: die Suche nach einer Therapie für Glioblastom-Patienten. Denn bislang sterben an diesem tödlichen Hirntumor jedes Jahr 4.000 bis 5.000 Menschen, allein in Deutschland.

Etappenziel am Klinikum Großhadern

Mittlerweile sind die Wissenschaftler von der Neurochirurgischen Klinik des LMU-Klinikums Großhadern einen Schritt weiter. Die Forscher rund um Professor Rainer Glaß haben im Labor einen neuen Zelltyp entdeckt und ihn kurz TAMEP genannt. TAMEP-Zellen sind keine Krebszellen, gelten aber als Tumortreiber, denn sie helfen bei der Bildung neuer Blutgefäße, die der gefräßige Tumor zum Wachsen braucht: "TAMEP sind nun ein Teil dieser scheinbar gesunden Zellen des Gehirns. Die aber in den Tumor hineinwandern und dort das Tumorwachstum mit befördern", sagt Professor Glaß.

Die private Anni Hofmann Stiftung finanziert Forschung am bislang tödlichen Hirntumor Glioblastom – so auch am LMU-Klinikum Großhadern. Zu sehen sind zwei Hände in Nitrilhandschuhen, die mit einer Probe hantieren.
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Die private Anni Hofmann Stiftung finanziert Forschung am bislang tödlichen Hirntumor Glioblastom – so auch am LMU-Klinikum Großhadern.

Die Wissenschaftler um Rainer Glaß hoffen, dass ihre Entdeckung zu einer Therapie führt. Die könnte darin bestehen, den neuen Zelltyp TAMEP mit Medikamenten auszuschalten und damit letztendlich auch das Wachstums des Tumors zu stoppen. Doch der Weg aus dem Labor bis hin zur Heilung der Glioblastom-Patienten ist lang. "15 Jahre sicherlich, wenn wir tatsächlich das Glück haben, dass die TAMEP ein guter und dann auch effizienter Angriffspunkt für die Glioblastom-Therapie sind", sagt Professor Glaß.

"5.000 Todesfälle – das ist kein Markt"

Die Fördermittel der Anni Hofmann Stiftung sind dafür wichtig. Sie machen für die Glioblastom-Forschung an der LMU gut ein Viertel des Budgets aus. Oskar Wack zahlt ohne Zeitlimit und ohne Groll. Der Unternehmer weiß, dass die Pharmaindustrie die Forschung nicht alleine stemmt:

"Es ist ja so, dass in Anführungszeichen 'nur' 5.000 Tote im Jahr in Deutschland am Glioblastom sterben. 5.000 Todesfälle. Das ist einfach zu wenig. Das ist kein Markt." Unternehmer und Stiftungsgründer Oskar Wack
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Der Unternehmer und Stiftungsgründer Oskar Wack finanziert mehrere Forschungsprojekte.

Pharmaindustrie verweist auf eigene Forschung

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. verweist auf BR-Anfrage darauf, dass die Pharmaindustrie sehr wohl zu diesem Hirntumor forsche. Laut der Datenbank "PharmaProjects" erprobe die Branche mehr als 130 Medikamente gegen Glioblastom. Allerdings erklärt deren Sprecher auch, dass eine "umfassendere öffentliche Förderung der Grundlagenforschung noch zu mehr Erkenntnissen führen" könne, "an denen dann wiederum neue Arzneimittelprojekte anknüpfen können".

Auch öffentliche Hand engagiert sich in der Forschung

Auch die öffentliche Hand fördere die Forschung am Glioblastom, versichern zahlreiche Wissenschaftler und die Deutsche Krebsgesellschaft gleichermaßen. Diese Meinung teilt auch Wolfgang Wick. Der Professor ist Geschäftsführender Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg und leitet zudem die Abteilung Neuroonkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums DKFZ. Nach seiner Einschätzung haben viele größere Zentren, wie beispielsweise in Freiburg, München, Tübingen oder Heidelberg, das Thema "Glioblastom" auf dem Schirm. Es gebe auch "eine substanzielle öffentliche Förderung über das Bundesministerium für Bildung und Forschung" zum Beispiel des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung DKTK und über die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Der Wissenschaftler benennt auch die Herausforderungen:

Die Pharmaindustrie könnte mutiger investieren, da herrscht momentan wegen einiger Rückschläge in Studien zum Thema Hirntumore eine gewisse Zurückhaltung. Das ist sehr schade. Aber die Grundlagen- und translationale Forschung läuft und macht gute Fortschritte." Wolfgang Wick, Deutsches Krebsforschungszentrum

Mithilfe der privaten Gelder lassen sich nach Wicks Worten neben der Forschung vor allem auch Angebote schaffen, die es den Patienten, vor allem Kindern und ihren Angehörigen, leichter machten, Tumortherapien zu bewältigen. Dazu zählten beispielsweise Einrichtungen mit einer besseren Versorgung.

Private Stiftungen als wichtiger Baustein der Forschung

Einstimmig betonten die Wissenschaftler, aber auch die Deutsche Krebsgesellschaft, die Bedeutung privater Stiftungen wie die der Anni Hofmann Stiftung. Sie seien ein ganz wichtiger Baustein in der Forschung, sagt Professor Michael Ghadimi, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft. Dort würden sehr große Fördergelder bewegt. Aber: "Extrem schwierig sind die Regularien, strukturelle Hürden bei klinischen Studien, die machen den Fortschritt langsam und sind kontraproduktiv für innovative Forschungen", kritisiert Ghadimi.

Wie groß das Engagement der Bürger ist, weiß der Bundesverband Deutscher Stiftungen. Von den knapp 25.000 privaten Stiftungen in Deutschland widmet sich gut ein Viertel dem "Gesundheitswesen" und der "Wissenschaft und Forschung in der Medizin". Der Ingolstädter Stiftungsgründer Oskar Wack wiederum betont, dass jede Spende zählt, und freut sich deshalb auch über jeden kleinen Betrag, der auf das Konto der Anni Hofmann Stiftung fließt. Wie gespendet werden kann, lässt sich nachlesen auf der Webseite der Stiftung.

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