Wo vor einigen Jahren noch dicke alte Buchen standen, ist nur noch eine große freie Fläche zu sehen. Statt der Laubbäume schauen kleine Douglasien aus dem Schnee. Für den Bund Naturschutz (BN) ist das ein Skandal. Den Umweltschützern zufolge hat es in den vergangenen Jahren im Fürstlich Löwensteinschen Park im Landkreis Main-Spessart auf mindestens 327 Hektar Fläche Kahlschläge oder kahlschlagähnliche Ereignisse gegeben. Der BUND beruft sich auf eine naturschutzfachliche Studie. Das Areal zwischen Rothenfels und Bischbrunn befindet sich in Privatbesitz.
"Naturfrevel": Brut- und Lebensräume von Vögeln zerstört
Die Naturschützer warnen von einem "in dieser Größenordnung einzigartigen Naturfrevel in ganz Deutschland". Jahrelang seien ökologisch wertvolle Buchenwälder "kahlgeschlagen" worden, darunter viele uralte dicke Buchen sowie Höhlen- und Biotopbäume für Vögel. Dadurch, so der BN, seien die Lebensräume von mehreren Specht-Arten, aber auch dem Raufuß- und Sperlingskauz sowie dem Halsbandschnäpper erheblich beeinträchtigt worden.
Als Beispiel nannte die beauftragte Juristin Franziska Heß den Raufußkauz: Dessen Lebensraum sei durch Kahlschläge auf mindestens 139 Hektar beeinflusst. Als gerade noch zulässige Bagatellschwelle für solche Eingriffe gelte für diese Art zehn Hektar.
Buchen abgeholzt, Wiederaufforstung mit Douglasie
Tief erschüttert über das Ausmaß der Kahlschläge zeigte sich der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Main-Spessart Erwin Scheiner. Die kahlgeschlagenen Buchenwälder würden mit der schnell wachsenden Douglasie aufgeforstet. Viele Vögel seien aber auf die Buche als Lebensraum angewiesen. "Auch ein Privatwaldbesitzer ist der Natur verpflichtet. Es gibt Gesetze und integrierte Waldpläne und daran muss sich auch ein Privatwaldbesitzer halten", so Scheiner.
Das Landratsamt Main-Spessart teilt BR24 mit, es habe nach Prüfung des Sachverhalts bereits ein Verwaltungsverfahren eingeleitet. Derzeit sei sichergestellt, so die Behörde, dass in dem Gebiet keine weiteren Bäume gefällt würden. Das Löwensteinsche Forstamt möchte sich aktuell nicht zu dem laufenden Verfahren äußern.
BN fordert Kahlschlagsverbot im Bayerischen Waldgesetz
Laut Bund Naturschutz hätten die Verwaltungen nach dem Waldgesetz bisher kaum Möglichkeiten, gegen solche Abholzungen einzuschreiten.
"Es muss ein Kahlschlagsverbot endlich auch im Bayerischen Waldgesetz festgeschrieben werden, damit solche Exzesse verhindert bzw. geahndet werden können", so BN-Waldreferent Ralf Straußberger. Der BN fordere daher die Bayerische Staatsregierung auf, die aktuelle Novelle des Bundeswaldgesetzes zu unterstützen, in dem ein Kahlschlagsverbot definiert werden soll.
Fürstlicher Förster: Prophylaxe-Maßnahmen wegen des Klimawandels
In der Vergangenheit hatte der zuständige Förster ähnliche Vorwürfe zurückgewiesen und die Abholzungen und Neuanpflanzungen als Maßnahme gegen den Klimawandel bezeichnet. Auch auf der offiziellen Internetseite des fürstlichen Forstamts wird das Fällen von sogenannten Hochrisikobäumen als "Revitalisierung der Wälder durch gezielten Waldumbau" bezeichnet.
Der Fürstlich Löwensteinsche Park ist nach dessen Besitzer benannt, dem fürstlichen Hause Löwenstein. Der Privatwald umfasst rund 3.000 Hektar.
BN: Aus Laubwald darf nicht Nadelwald werden
"Richtig ist, dass die Wälder umgebaut werden müssen", sagt dazu Erwin Scheiner vom Bund Naturschutz. Allerdings müsse das in einem verträglichen Maß geschehen. Wenn aber aus Buchen-Laubwäldern jetzt wieder Nadelgehölze würden, verändere das die ganze Struktur im Spessart und sei deshalb nicht hinzunehmen.
Schon 2016 hatte der BN gemeinsam mit dem Vogelschutzbund NABU großflächige Abholzungen im Fürstlich Löwensteinschen Park kritisiert. Ein darauf folgendes Verfahren ist bis heute noch nicht abgeschlossen.
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