"Volle Kanne gegen PFC!" Unter dieser Losung trommelt eine Interessengemeinschaft in Manching zum Protest. Sie fordert rasches Handeln, denn seit vier Jahren dürfen die Bürger ihr Grundwasser nicht nutzen, während die PFC-Sanierung noch auf sich warten lässt. Die Interessengemeinschaft NO PFAS Manching spricht von "Sanierungsverschleppung".
Protestaktion am Jahrestag: rasche PFC-Sanierung gefordert
Seit vier Jahren darf Doris Schmidt nicht mehr mit dem Wasser aus ihrem Brunnen gießen. Sie wohnt in Westenhausen, einem der betroffenen Ortsteile im oberbayerischen Manching. Ihr Haus mit dem großem Garten ist nur wenige Kilometer vom Militärflugplatz entfernt. Sie zählt zu den PFC-geschädigten Bürgern, denn längst hat der Chemikalien-Cocktail PFC das Grundwasser der Manchinger Ortsteile Westenhausen und Lindach erreicht.
Seit vier Jahren herrscht Gießverbot
Seit vier Jahren gilt hier deshalb ein Gießverbot. Das bedeutet: Die Bürger dürfen ihr Grundwasser nicht mehr verwenden. Ausgesprochen hat diese Allgemeinverfügung das zuständige Landratsamt Pfaffenhofen. Das war am 14. Mai 2018. Den vierten Jahrestag des Gießverbots nehmen die Bürger nun zum Anlass für eine Protestaktion.
Komplizierter Name, klares Ziel: Wieder sauberes Grundwasser!
Organisiert wird die Protestaktion von Doris Schmidt, einer der beiden Sprecherinnen der Interessengemeinschaft NO PFAS Manching. Die Ziele dieser Interessengemeinschaft sind transparente Information über die PFC-Verschmutzung am Flugplatz Manching und vor allem eine rasche PFC-Sanierung. Konkret gefordert wird eine sogenannte Abstromsicherung entlang des Flugplatzes in Richtung Manching, damit die Chemikalien die Bundeswehrliegenschaft nicht mehr mit dem Grundwasser verlassen können.
Der Name der Interessengemeinschaft NO PFAS Manching orientiert sich an der Abkürzung PFAS. Diese steht für eine Gruppe von Industriechemikalien, die etwa 4.700 Substanzen umfasst. Zu ihnen zählen auch Perfluorcarbone – kurz PFC. Das sind Fluor-Kohlenstoffverbindungen, die laut Umweltbundesamt in der Natur kaum abgebaut werden können und der menschlichen Gesundheit schaden.
PFC-Verschmutzung ist ein bundesweites Problem
PFC waren bis 2011 in Löschmitteln zu finden. Auch die Bundeswehr hat sie auf ihren Flugplätzen eingesetzt, zum Beispiel im oberbayerischen Manching, aber nicht nur. Das erklärt das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr dem Bayerischen Rundfunk auf Nachfrage.
"Mit Stand 31. März 2022 wurden bisher auf insgesamt 42 Liegenschaften PFC-Kontaminationen nachgewiesen." Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr
Bundesweit Probleme mit PFC
Der Umgang mit PFC am Militärflughafen Manching interessiert bundesweit: Denn bei der PFC-Sanierung der Bundeswehrliegenschaften soll Manching Vorreiter sein. Keine der betroffenen Bundeswehrliegenschaften ist bei der PFC-Sanierung weiter als Manching, diese haben also einen noch längeren Weg bis zur Sanierung vor sich, wie das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr klarstellt:
"Zwei weitere Liegenschaften haben ebenfalls die Phase der Sanierungsplanung (III a) erreicht. Die Maßnahmen auf den übrigen Liegenschaften mit nachgewiesenen PFC-Kontaminationen befinden sich in verschiedenen Stadien der Phasen II a (Detailuntersuchung) oder II b (Orientierende Untersuchung) des Altlastenprogramms der Bw. Erst am Ende der Phase II b, nach Vorliegen einer abschließenden Gefährdungsabschätzung, entscheiden die jeweils zuständige Bodenschutzbehörden der Länder über Notwendigkeit, Art und Umfang von Sanierungsmaßnahmen." Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr
Unterschiedliche Zeitvorstellungen bei Bürgern und Bundeswehr
Doris Schmidt und ihre Mitstreiter haben keine Geduld mehr mit der Bundeswehr. Nach ihrer Wahrnehmung verschleppt die Bundeswehr die PFC-Sanierung per Abstromsicherung seit Jahren.
"Die Sanierung wurde uns schon 2019 versprochen und dann noch mal 2022. Und bis jetzt warten wir vergeblich und wissen nicht einmal, wann genau die Abstromsicherung nun wirklich kommen wird." Doris Schmidt, Interessengemeinschaft NO PFAS Manching
Ins gleiche Horn stößt Michael Weichenrieder, der die zweite Bürgerinitiative zum Thema PFC-Verschmutzung in Manching leitet. "Wir als Bürgerinitiative PFC Flugplatz Manching sind auch über den Fortschritt bzw. besser dem Kriechgang im Schneckentempo durch die Bundeswehr als BI sehr enttäuscht", sagt Weichenrieder. "Es wird zwar bekundet, alle Beteiligten arbeiten mit Hochdruck an dem Thema, aber tatsächlich werden die Termine immer wieder mit teils fadenscheinigen Argumenten nach hinten verschoben." Der Vorsitzende der Bürgerinitiative PFC Flugplatz Manching nennt ein Beispiel: "Seit Monaten wartet das Landratsamt darauf, dass die Bundeswehr den Antrag auf die wasserrechtliche Genehmigung für die Errichtung der Brunnen für die Abstromsicherung einreicht und es tut sich nichts. Warum – keine Antwort."
Bundeswehr wirbt um Geduld
Bei der Bundeswehr wirbt man derweil für Geduld und verweist auf die Komplexität des Vorhabens. Erst wenn Art und Umfang der Kontaminationen und die geologischen und hydrologischen Verhältnisse vollständig bekannt seien, sei eine Gefährdungsabschätzung möglich, auf deren Grundlage wirksame Sanierungsmaßnahmen geplant werden könnten, so das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr.
Umgedrehte Gießkanne als Zeichen des Unmuts
In Westenhausen wollen die Bürger nicht mehr warten und zeigen das jetzt zum vierten Jahrestags des Gießverbotes mit der Aktion "Volle Kanne gegen PFC". Doris Schmidt von der Interessengemeinschaft NO PFAS Manching fordert alle betroffenen Westenhausener und Lindacher Bürger zum Mitmachen auf: "Jeder in Westenhausen hängt seine Gießkanne auf, steckt sie umgekehrt auf einen Stecken in seinen Garten, macht Fotos und schickt seinen Unmut in Form von Fotos an den Landrat unter landrat@landratsamt-paf.de. Das Postfach soll volllaufen. Das ist der Sinn der Sache!"
Landrat zeigt Verständnis
Der Adressat der vielen Gießkannen-Fotos, der Pfaffenhofener Landrat Albert Gürtner, zeigt großes Verständnis für die Protestaktion. Er ist aber auch im ständigen Austausch mit der Bundeswehr. Er weiß, dass die Sanierung noch auf sich warten lässt. Den genauen Zeitplan habe er noch nicht bekommen. Er rechnet aber mit einem Start Anfang nächsten Jahres. Immerhin müsse die Sanierung "europaweit ausgeschrieben werden. Es müssen die Planungen saubergemacht werden. Das dauert seine Zeit. Ich denke, Anfang Juli können wir einen vernünftigen Zeitplan der Öffentlichkeit präsentieren", so Gürtner.
Informationsabend Anfang Juli
Der genaue Termin für den Informationsabend Anfang Juli ist noch offen. Fest steht aber schon jetzt, dass Doris Schmidt kommen wird, denn sie will endlich erfahren, wann sie wieder mit sauberem Brunnenwasser gießen kann.
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