Als Protest gegen das seit dem 1. April in Bayern geltende Genderverbot an Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden sind zwei Schülerinnen am Mittwoch auf die Fahnenmasten vor der Staatskanzlei in München geklettert. Dort brachten sie ein Banner mit der Aufschrift "*innen" an.
Schülerinnen protestieren für freie Entscheidung
Mit der Aktion wollten sie nach eigenen Angaben "andere Schüler*innen, Auszubildende und Student*innen auffordern, in Klausuren sowie im Alltag weiter zu gendern, um sich gegen Diskriminierung auszusprechen", wie sie im Anschluss mitteilten. Erst nach rund zwei Stunden wurden die Protestierenden von der Feuerwehr wieder auf den Boden zurückgeholt.
Aus der Sicht der beiden Schülerinnen versuche die CSU, mit dem neuen Gesetz Menschen eine Sprache aufzuzwingen, die sie selbst als richtig erachte. Es gehe bei dem Protest nicht in erster Linie darum, alle Menschen dazu zu bringen zu gendern. Wichtig sei es, dass alle Menschen frei darüber entscheiden können, ob sie gendern oder nicht. Auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Direktorinnen und Direktoren sollten ermutigt werden, sich nicht in ihrer Sprache und im Schriftverkehr einschränken zu lassen. Gerade die bevorstehenden Abitur- und Abschlussprüfungen seien eine geeignete Plattform, um den Protest zu verdeutlichen.
Mehrere Protestaktionen gegen Genderverbot
Zuvor hatte es bereits ähnliche Aktionen gegen das Genderverbot gegeben. An der Akademie der Bildenden Künste in München hissten Aktivisten ebenfalls ein Banner. Und bei einer Demonstration in der Landeshauptstadt protestierten am Wochenende über 500 Menschen gegen die Staatsregierung.
Genderverbot seit Montag in Kraft
Am 1. April ist das Genderverbot an bayerischen Behörden, Universitäten und Schulen in Kraft getreten. In der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO) heißt es nun in Paragraf 22: "Mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt, Gender-Gap oder Mediopunkt sind unzulässig."
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte Anfang Dezember in seiner Regierungserklärung vor dem bayerischen Landtag gesagt: "Mit uns wird es kein verpflichtendes Gendern geben, im Gegenteil: Wir werden das Gendern in Schulen und Verwaltung sogar untersagen." Der entsprechende Kabinettsbeschluss dazu folgte im März.
Sorge um Verständlichkeit von Texten
Die Staatsregierung beruft sich in ihrer Entscheidung auf den Rat für deutsche Rechtschreibung, der nicht empfiehlt, Sonderzeichen im Wortinneren zu verwenden, weil es sich damit um "Eingriffe in Wortbildung, Grammatik und Orthografie handelt, die die Verständlichkeit von Texten beeinträchtigen können", legte das Kabinett dar.
Das Genderverbot betrifft an Universitäten und Schulen konkret nur das Lehr- und Verwaltungspersonal, nicht aber die Schülerinnen und Schüler. Wenn sie in Prüfungen mit Wortinnenzeichen gendern, dann werden ihnen dafür keine Fehler angestrichen. Schulbücher mit Gendersprache soll es laut angepasster Verordnung des Kultusministeriums aber nicht mehr geben.
Unterschiedliche Reaktionen auf Genderverbot
Die Reaktionen auf das Genderverbot fielen gemischt aus: Der Bayerische Jugendring (BJR) etwa zeigte sich enttäuscht. Gendern zeige Respekt gegenüber der Vielfalt in der Gesellschaft und fördere aktiv die Gleichberechtigung aller Geschlechter. Die Arbeiterwohlfahrt in Bayern (AWO) betonte, dass es weder eine Pflicht zum Gendern noch ein Verbot geben dürfe.
Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hingegen unterstützt weitestgehend das Genderverbot. Denn die "befürchteten weitergehenden Verbote" seien ausgeblieben. Schülerinnen und Schüler müssten nicht um ihre Noten fürchten, wenn sie sich um eine geschlechtergerechte Sprache bemühten, sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.
Mit Informationen von dpa und epd
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Mit Informationen von dpa
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