Münchens Winterdienst testet dieses Jahr auf ausgewählten Strecken neue Möglichkeiten, Radwege in der kalten Jahreszeit sicherer zu machen. Gestreut wird nicht mehr nur mit Splitt, sondern auf einigen Fahrradstraßen auch mit Feuchtsalz beziehungsweise Sole, wie die Landeshauptstadt mitteilte. Ab dem Winter 2024/25 soll dann mit Hilfe spezieller Fahrzeuge auch auf einigen Radwegen, die baulich von der Fahrbahn getrennt sind, ein sogenanntes auftauendes Feuchtsalz eingesetzt werden. Feuchtsalz lässt sich leichter verteilen und erfordert eine geringere Dosierung als Trockensalz.
ADFC: Winterdienst auf Radwegen ist nirgendwo "gut"
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) begrüßt das zwar, ist mit Bayerns Radwegen im Winter aber insgesamt unzufrieden. Laut einer Umfrage des ADFC bewerten die Radfahrerinnen und Radfahrer den Winterdienst auf den Radwegen in keiner größeren bayerischen Stadt als "gut".
Statt einer "Schwarzräumung", also einer vollständigen Reinigung der Straße mit Bürsten, werde der Rest des Schnees nach einer groben Räumung oft nur planiert. Das führe immer wieder zu überfrierender Glätte. Der scharfkantige Splitt könne zudem Radreifen beschädigen.
Immer wieder Beschwerden über den "Rollsplitt-Effekt"
Mit Splitt zu streuen, habe viele Nachteile, heißt es auch in dem Beschluss des Bauausschusses der Stadt München. Demnach ist es trotz Streuen wegen der überfrierenden Nässe an manchen Stellen glatt.
Wenn der Schnee weg ist, bleibt der Splitt und führt bei Radfahrern oft zu Verdruss. Es gebe "immer wieder Beschwerden über eine eingeschränkte Griffigkeit durch den sogenannten Rollsplitt-Effekt", steht im Beschluss. Es dauere drei Wochen, das Streugut wieder aufzukehren, weshalb das Problem nicht kurzfristig zu beseitigen sei.
Sole: Gut für Radler, schlecht für die Umwelt?
In Nürnberg testet der Winterdienst deswegen ebenfalls eine Solestreuung. Der Vorteil: Die Salzlösung taut Schnee und Eis auf, verhindert Glätte also effektiver. Nach eigenen Angaben verzichten mittlerweile auch die Städte Würzburg, Augsburg und Ingolstadt vorübergehend auf Splitt. Der Winterdienst der Stadt Regensburg setzt dagegen auf ein Salz-Splitt-Gemisch.
Ein Nachteil beim Einsatz von Sole und besonders reinem Salz als Streumittel sind die Auswirkungen auf die Umwelt. Zum Schutz der Bäume wird deshalb auf Radwegen in Würzburger Grünanlagen doch wieder auf Splitt zurückgegriffen. Auch in München soll laut der Stadt bei der Wahl des Streumittels auf angrenzende Grünstreifen geachtet werden.
Forderung: Erst Radwege räumen - dann Straßen
In den meisten großen Städten im Freistaat gibt es ein spezielles Radwegenetz, das vom Winterdienst bevorzugt geräumt wird. Nürnberg, Würzburg und Ingolstadt stellen diese Routen auch online zur Verfügung. Dem ADFC reicht das nicht aus. Der Verband fordert, dass der Winterdienst die Fahrradwege noch vor den Fahrbahnen für Autos räumt. "Denn glatte Oberflächen sind aufgrund der Sturzgefahr für den Rad- und Fußverkehr viel gefährlicher als für Autofahrende", sagte eine Sprecherin.
Es gebe zudem immer wieder Fälle, in denen der Schnee von der Straße auf die Fahrradwege geschoben wird. In Augsburg sensibilisiert der Stadtreinigungsbetrieb seine Mitarbeiter nach eigenen Angaben mittlerweile für dieses Problem.
Fahrradunfälle durch Glätte
Etwa 650 Fahrradunfälle pro Monat gab es zuletzt im Dezember, Januar und Februar nach Angaben des bayerischen Innenministeriums. Fast jeder zehnte davon lasse sich auf Glätte und Schnee zurückführen. Die absolute Anzahl der Unfälle liege im Winter aber deutlich unter dem Jahresdurchschnitt - im Sommer etwa seien es zwischen 2.000 und 3.000 pro Monat.
Das dürfte jedoch daran liegen, dass im Winter allgemein weniger Fahrrad gefahren wird. Laut ADFC sind viele Menschen abgeschreckt von der Sturzgefahr und dem mühsamen Vorankommen bei nicht vollständig geräumten Wegen.
Mit Informationen von dpa
Im Audio: Winterliche Straßenverhältnisse in Bayern
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