Nach dem Verbot der "One Love"-Kapitänsbinde bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar kommt nun von vielen Seiten scharfe Kritik an der Entscheidung des Weltfußballverbands Fifa. So fanden beispielsweise heute auch Innenministerin Nancy Faeser und Außenministerin Annalena Baerbock deutliche Worte.
Inzwischen reagieren auch erste Unternehmen auf das Verbot: Der Handelskonzern Rewe beendet ab sofort die Zusammenarbeit mit dem DFB. Und der Sportartikelriese Adidas, als Sponsor der Fifa, fordert eine liberale Haltung.
"Das kann nicht so weitergehen"
Das Stimmungsbild am Münchner Marienplatz ist ganz ähnlich. Die Entscheidung des Fußballverbands, die Armbinde zu verbieten, stößt bei fast allen Befragten auf Unverständnis und klare Ablehnung. "Dass der DFB beziehungsweise die deutsche Nationalmannschaft es nicht durchzieht, ist meiner Meinung nach sehr schwach", sagt beispielsweise eine junge Frau auf dem Marienplatz.
Und ein Münchner ist davon überzeugt: "Das hat noch ein Nachspiel nach der WM. Da werden sich die europäischen Länder sicher noch zusammensetzen und klare Worte finden. Weil so ein Vorgehen, das kann so nicht weitergehen."
Neben Deutschland hatten auch England, Wales, Belgien, Dänemark, die Niederlande und die Schweiz geplant, die bunte Kapitänsbinde als Zeichen gegen Diskriminierung zu tragen.
"Der Sport wird wieder viel zu politisch"
Vielfach wurde von den Passanten auch kritisiert, dass der Sport nach solchen Entscheidungen in den Hintergrund rücke. "Ich denke, jetzt wird der Sport noch politisierter", sagt beispielsweise ein Student und bezieht sich auf Moderatoren der WM, die nun – auch aus Protest gegen diese Entscheidung – T-Shirts oder Armbinden mit Regenbogenfarben tragen. Deswegen sei das Ziel der Fifa, den Sport nicht zu politisieren, am Ende in die gegensätzliche Richtung gegangen, so der Student. Genau das stört auch einen anderen jungen Passanten: "Der Sport wird wieder viel zu politisch."
Enttäuschung auch über Kapitän Manuel Neuer
"Der Fußballverband hätte definitiv Courage zeigen sollen", meint eine Passantin enttäuscht. "Manuel Neuer, der eigentlich ein großer Sympathieträger ist und auch der Kapitän, hätte da mehr Rückgrat zeigen müssen". Letztendlich wisse man jedoch nicht, so die Frau weiter, was im Hintergrund ablaufe, deswegen sei es schwer, das zu beurteilen. "Man steckt auch nicht selbst drin".
Ein älterer Herr zeigt sich am Glühweinstand richtig entrüstet: "Mich ärgert es, dass die einfach keinen Charakter haben. Sie sind eingeknickt und das ist eine Sauerei!"
Fifa droht mit sportlichen Sanktionen
Die "One Love"-Kampagne war eine im September angekündigte gemeinsame Aktion der Teams aus Deutschland, England, den Niederlanden, Belgien, der Schweiz, Wales, Frankreich, Dänemark sowie Norwegen und Schweden (die beide nicht für die WM qualifiziert sind).
Die Fifa hatte dann am Freitag – zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel – eigene neue Kapitänsbinden vorgestellt und am Montag das Tragen der mehrfarbigen Binde während der WM untersagt und mit sportlichen Sanktionen gedroht.
Mittlerweile spitzt sich der "One Love"-Streit zwischen dem Deutschen Fußball-Bund und dem Weltverband Fifa weiter zu. Der DFB will prüfen, ob das Vorgehen der Fifa rechtmäßig war und erwägt eine Klage.
Deutschland spielt am Mittwoch gegen Japan
Das Emirat Katar ist erstmals Austragungsort einer Fußball-Weltmeisterschaft. Die deutsche Fußballmannschaft bestreitet ihre WM-Gruppenspiele gegen Japan, Spanien und Costa Rica. Los geht es am Mittwoch um 14 Uhr gegen Japan.
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