Regenwasser, das aus einer Öffnung in der Regenrinne fließt
Bildrechte: picture-alliance/dpa-Themendienst/Franziska Gabbert
Bildbeitrag

Regenwasser, das aus einer Öffnung in der Regenrinne fließt

Bildbeitrag
>

Regenwasser zum Gießen: Können Mieter es einfach abgreifen?

Regenwasser zum Gießen: Können Mieter es einfach abgreifen?

Was für viele Hausbesitzer selbstverständlich ist, erscheint so manchem Balkonbesitzer zunehmend attraktiv: Regenwasser aufzufangen und als Gießwasser oder fürs Aquarium zu nutzen. Aber ist das erlaubt, technisch realisierbar und überhaupt sinnvoll?

Langanhaltende Trockenphasen und sinkende Grundwasserpegel zwingen uns zu einem sparsameren Umgang mit dem Trinkwasser. Überall dort, wo kein Wasser in Trinkwasserqualität nötig ist, bietet es sich an, Regenwasser zu verwenden. Einfamilienhausbesitzer haben viele Möglichkeiten, Niederschläge zu speichern. Unterirdisch in Zisternen aus Beton oder Kunststoff und oberirdisch in Regentonnen. Solche Regentonnen gibt es in unterschiedlichen Größen und Formen, manche Modelle sind so schmal, sodass sie kaum Stellfläche brauchen.

Die Sache mit der Statik

Platz für eine Tonne ist auf dem kleinsten Balkon, nur hält der Freisitz auf Dauer der Belastung stand? Schon ein bescheidenes Regenwassertönnchen mit 150 Liter Fassungsvermögen bringt gefüllt über 150 Kilogramm auf den Balkon. Seit 2010 müssen Balkone eine Verkehrslast von 400 Kilogramm pro Quadratmeter tragen können. Im Fall unseres Regenwassertönnchens wäre also noch reichlich Luft nach oben. Wenn neben der wassergefüllten Tonne aber ein halbes Dutzend schwerer Pflanztröge stehen und abends fünf Freunde zum Feiern kommen, dann kann es eng werden.

Auch der Zustand der Bausubstanz beeinflusst die Tragfähigkeit. Wie hoch ist die Betonfestigkeit, sind die Bewehrungseisen in der Bodenplatte angerostet oder die tragenden Holzbalken ein bisschen morsch? Gewissheit kann hier nur der Statiker verschaffen.

Wie kommt das Wasser in die Tonne

Am effektivsten ist es, das Niederschlagswasser unmittelbar dort abzuleiten, wo es am Balkon vorbeirauscht, nämlich am Regenfallrohr. Es gibt hochwirksame Sammler, für die man ein Stück Fallrohr herausschneiden muss. Und weniger wirksame Modelle, da wird nur ein Loch ins Rohr gebohrt. Wer sich vor Überschwemmungen schützen will, der greift zu einem Sammler mit Rücklaufsperre. Bei solchen Modellen verschließt ein Schwimmer den Zulauf, sobald die Tonne voll ist. So kann das Wasser – im Normalfall – nicht über den Tonnenrand laufen.

Nicht ohne meinen Vermieter

Freilich darf der Mieter nicht einfach hergehen und ein Loch ins Fallrohr bohren. So eine bauliche Veränderung am Fallrohr ist nur dann zulässig, wenn der Vermieter zustimmt. Ist die Wohnung Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft zählen Regenrinnen und Fallrohre darüber hinaus zum Gemeinschaftseigentum. In diesem Fall müssen bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum in der Eigentümerversammlung von einer Mehrheit abgesegnet werden.

Nicht jeder Vermieter wird begeistert in die Hände klatschen, wenn seine Mieter das Fallrohr anbohren oder zerschneiden wollen. Allein schon wegen der Haftung. Wer kommt für den Schaden auf, wenn aus Fallrohr oder Sammler Regenwasser aus- und in die Hauswand eindringt? Und was passiert mit dem Regensammler, wenn der Mieter auszieht?

Schriftliche Vereinbarung schützt vor Ärger

Damit es hinterher keinen Streit gibt, rät Syndikusrechtsanwalt Roman Sostin (Haus und Grund Bayern) Vermietern, eine schriftliche Vereinbarung mit dem Mieter zu treffen. Darin kann zum Beispiel festgelegt sein, wer den Regenwassersammler instand halten muss und was beim Auszug mit dem angebohrten oder zerstückelten Fallrohr passiert. Kann der Sammler bleiben oder muss der Ursprungszustand wieder hergestellt werden. Und, falls Letzteres der Fall ist, muss der Mieter einen Handwerker beauftragen oder darf er das neue Rohr selbst montieren?

In die Hausgemeinschaft könnten Regensammler Unfrieden bringen. Nämlich dann, wenn mehrere Nachbarn das gleiche Rohr nutzen wollen. Und der obere dem unteren Bewohner das Wasser abgräbt.

Mit Regenwasser auf den Trichter kommen

Bei vielen Mehrparteienhäusern stellt sich die Frage nach der Fallrohrnutzung gar nicht erst. Weil die Fallrohre nicht an den Balkonen entlanglaufen, sondern meterweit davon entfernt. Wer einen Balkon ohne Dach sein eigen nennt, der könnte in diesem Fall eine Kunststoffplane zwischen Balkongeländer, Sonnenschirm und Sitzmobiliar spannen, das Wasser wie in einem Trichter sammeln und dann in die Regentonne leiten. Freilich müsste der Balkonbesitzer dann bei Regen zur Stelle sein, um die Plane aufzuspannen.

Deutlich unkomplizierter wird es mit einem Sonnensegel. Einfach das Segel vorne schräg und einen Auffangbehälter drunter stellen. Wenn’s regnet, läuft das Wasser automatisch in den Behälter. Allerdings haben sowohl Folie als auch Sonnensegel den Nachteil, dass die Auffangbehälter nicht vor dem Überlaufen geschützt sind. Was bei Starkregen schnell zu Überschwemmungen führt.

Kleinvieh macht wenig Mist

Auf dem Balkon Regenwasser sammeln, kann kompliziert werden; sowohl rechtlich als auch technisch. Von der Wirkung darf man sich nicht zu viel versprechen.

  • Erstens finanziell: Rund 3,50 Euro kostet der Kubikmeter Trinkwasser einschließlich Abwassergebühr im bayerischen Durchschnitt. Da muss eine Menge Regen in die Tonne laufen, bis allein die Kosten für das Zubehör wieder drin sind.
  • Zweitens ökologisch: Wer keinen Statiker hinzuziehen will, sollte die Regentonnenlast deutlich unter dem zulässigen Maximum halten.

Allzu viel Mist wird das Kleinvieh auf deutschen Balkonen also nicht produzieren. Alles in allem sind es wohl hauptsächlich Topfpflanzen und Aquarienfische, die von einer Regenwassertonne auf dem Balkon profitieren. Und nicht zu vergessen: Baumärkte.

  • Zum Artikel: Sparen wie früher: Haushalts-Tipps für Wasser und Strom

Europäische Perspektiven

BR24 wählt regelmäßig Inhalte von unseren europäischen öffentlich-rechtlichen Medienpartnern aus und präsentiert diese hier im Rahmen eines Pilotprojekts der Europäischen Rundfunkunion.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!