Arbeiter mit Oberleitungen
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Dass neue Oberleitungen für die Bahn gebaut werden, hat in Bayern Seltenheitswert.

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Schleppende Elektrifizierung bei der Bahn - woran hakt es?

Schleppende Elektrifizierung bei der Bahn - woran hakt es?

Die Hälfte des Schienennetzes in Bayern ist nicht elektrifiziert. Auf vielen Strecken fahren noch Dieselzüge, die nicht nur schmutziger sind, sondern auch langsamer und teurer. Der Umstieg läuft schleppend - das liegt am Geld, aber nicht nur.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Im oberfränkischen Hof stoßen zwei Bahnwelten aufeinander. Elektrische Oberleitungen führen von hier aus nur in Richtung Sachsen. Wer südwärts will – nach Bayern – muss in Züge umsteigen, die noch mit Diesel fahren. Die sogenannte Franken-Sachsen-Magistrale von Hof nach Nürnberg ist noch immer nicht elektrifiziert, obwohl darüber schon seit mehr als 30 Jahren gesprochen wird. Und das liegt nicht zuletzt an der Bürokratie.

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Nur die Hälfte der Bahnstrecken in Bayern sind elektrifiziert. Große "Diesellöcher" liegen in Ostbayern und dem Allgäu.

Bevor die Planung überhaupt losgehen kann, ist bei jedem Bahnprojekt eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgeschrieben. "Das ist sehr kompliziert", erläutert Andreas Schulz vom Fahrgastverband Pro Bahn. So gebe es unterschiedliche Berechnungsvorschriften für Fern- und Nahverkehrsstrecken. Genau das wurde dem Elektrifizierungsprojekt auf der Strecke Hof-Nürnberg zum Verhängnis. Denn man hat hier nach den Regeln für Fernverkehr gerechnet, obwohl dort derzeit wegen der fehlenden Oberleitung nur Nahverkehrszüge fahren. Was dann wiederum dazu geführt hat, dass der Bau von Oberleitungen als unwirtschaftlich gilt. Und so dreht sich das Verfahren im Kreis.

Gutachten: Elektrifizierung lohnt sich fast immer

Dem Freistaat Bayern ist es gleichzeitig wichtig, die Strecke als Fernverkehr zu definieren – weil dann der Ausbau zu 100 Prozent vom Bund bezahlt werden muss. Dabei sei der Sachverhalt ganz einfach, so Andreas Schulz von Pro Bahn. Ein Gutachten im Auftrag des Freistaats hat schon vor Jahren ergeben, dass sich Oberleitungen - außer bei wirklich schwach befahrenen Strecken - langfristig immer lohnen.

Ampel hat geplantes Gesetz nicht mehr geschafft

Das sah auch die sogenannte "Beschleunigungskommission" so, die von der Bundesregierung eingesetzt wurde. Sie hat ein stark vereinfachtes Verfahren für die Wirtschaftlichkeitsberechnung von Elektrifizierungen erarbeitet – aber das geplante "Moderne-Schiene-Gesetz" ist wegen des Bruchs der Berliner Ampelkoalition nicht mehr zustande gekommen.

Bei einer Debatte im Bayerischen Landtag wurde kürzlich jedoch deutlich, dass fast alle Parteien außer der AfD diese Reform wollen. Die Aussichten, dass sie nach der Bundestagswahl doch noch umgesetzt wird, sind also nicht schlecht.

Zu wenig Geld für den geplanten Ausbau

Die bürokratischen Hindernisse aus dem Weg zu räumen, wäre jedoch nur der erste Schritt. Danach kostet der Bahnausbau auch viel Geld. Eigentlich hatte sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, dass bis 2030 75 Prozent des deutschen Schienennetzes elektrifiziert sein sollen. Obwohl die Ampel die Mittel für die Schiene deutlich erhöht hat, resümiert Andreas Schulz von Pro Bahn: "Die finanziellen Bedingungen reichen vorne und hinten nicht." Nötig sei ein langer Atem, mit dauerhaft hohen Investitionen, damit auch die Bauindustrie die nötigen Kapazitäten aufbauen kann.

Bayern finanziert jetzt Planungen vor

In Bayern jedenfalls hat sich in den vergangenen Jahren etwas getan: Die Staatsregierung ist dazu übergegangen, die Planung von Elektrifizierungen vorzufinanzieren. Damit möglichst gleich losgelegt werden kann, wenn der Bund für eine Strecke Geld zur Verfügung stellt. Im Straßenbau verfolgt Bayern diese Strategie schon lange erfolgreich. Nach den Beobachtungen von Pro Bahn deutet sich das jetzt auch auf der Schiene an.

Nach Angaben des bayerischen Verkehrsministeriums stößt der Freistaat mit eigenem Geld die Planung für Oberleitungen von mehr als 300 Kilometern Strecke an. Dazu gehören zum Beispiel die Linien Neu-Ulm-Memmingen-Kempten, Ebersberg-Wasserburg, Aschaffenburg-Miltenberg oder Kempten-Oberstdorf. Theoretisch sind in Bayern bis 2040 insgesamt über 1.000 Streckenkilometer zur Elektrifizierung vorgesehen. Wie schnell es wirklich gehen wird, hängt aber von der Politik der nächsten Bundesregierung ab. Vor allem davon, ob die lange vernachlässigten Investitionen in die Bahn-Infrastruktur nun verstetigt werden.

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