Vorträge, Bücher, Dokumentationen, Datenstudien, Projekte: Nur wenige Menschen in Deutschland beschäftigen sich wohl tagtäglich so intensiv mit den Themen Wetter und Klima wie Sven Plöger. Da ist es selbstverständlich, dass der ARD-Meteorologe für ein BR24 extra auch den ungewöhnlich heftigen Wintereinbruch in Bayern analysiert und erklärt hat. Wie also kam es dazu?
Atlantik und Mittelmeer versorgen Tiefs mit viel Feuchtigkeit
"Die Wetterlage hat sich schon über einige Tage so entwickelt", so Plöger. Was konkret bedeutete: "Erst wurde Kaltluft angezapft, dann kam sehr feuchte Luft dazu. Und dann drückte das alles gegen die Alpen."
Für ihn ist aber noch ein anderer Punkt zusätzlich interessant. Das seien die Anomalien bei den Wassertemperaturen: Letztere sind im Atlantik und im Mittelmeer derzeit weiterhin sehr hoch. Die Tiefs nahmen auf ihrem Weg in den Freistaat also entsprechend viel Feuchtigkeit mit und "das kam dann als Schnee runter".
Welchen Einfluss hat das Wetterphänomen El Niño?
So weit, so ungewöhnlich – und doch auch nicht: Es ist ein sogenanntes El Niño-Jahr. 2023 dürfte nach Einschätzung der UN-Wetterbehörde das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen werden. Erst vor wenigen Tagen warnte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO): Die Durchschnittstemperatur für das Jahr werde um etwa 1,4 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit ansteigen – und hätte damit fast den Zielwert erreicht, der eigentlich für das Ende des Jahrhunderts im Pariser Klimaabkommen von 2015 als Marke festgelegt wurde.
Der Generalsekretär der WMO, Petteri Taalas, sagte, es sei "praktisch sicher, dass wir in den kommenden vier Jahren diese 1,5 Grad erreichen werden, zumindest vorübergehend". Und im kommenden Jahrzehnt werde man mehr oder weniger dauerhaft dort sein.
Dieses nun zu Ende gehende Jahr sei "so unglaublich warm", sagt auch ARD-Experte Sven Plöger. Er weist aber auch darauf hin, dass diese weltweiten Muster nicht immer mit dem Wettergeschehen vor Ort korrelieren. Derzeit bildet demnach Europa einen Kontrast zu anderen Regionen, in denen es momentan ungewöhnlich warm sei. "Deshalb stößt die Kaltluft bei uns vor."
Es wird mittelfristig wieder milder
Doch wie lange werden die zunächst anstehenden Minustemperaturen im Süden Bayerns bleiben?Zumindest tagsüber wohl nicht allzu lange. Plöger erkennt an der 15-Tage-Prognose, dass es in München wieder milder wird. Der Schnee fange dann an zu tauen, aber: "Die Unsicherheiten sind noch groß."
BR-Wetterexperte Michael Sachweh sieht es exakt auch so. Er spricht von einer Art "Nicht-Fisch-nicht-Fleisch"-Wetter in der kommenden Woche: Mal sei es freundlich, mal bewölkt. Ab und zu falle Schnee, später gebe es auch Regen mit Glatteisgefahr: "Der Frost hat aber zumindest die Nächte und die Frühstunden weiterhin für sich reserviert, wenngleich zweistellige Minusgrade ab der Nacht auf Dienstag nicht mehr zu erwarten sind."
Dieser Artikel ist erstmals am 2.12.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Video: Rekorde in München und im Passauer Land
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