Symbolbild: Schockanrufe
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Symbolbild "Schockanruf" (Montage): In Wirklichkeit warnt das Telefon leider nicht - man sollte selbst gewarnt sein.

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Schockanrufe: Wie sie ablaufen und was man dagegen tun kann

Schockanrufe: Wie sie ablaufen und was man dagegen tun kann

Die Serie der Telefonbetrügereien bei Senioren in Bayern reißt nicht ab - am Mittwoch waren die Täter in drei Fällen erfolgreich. Die Methoden ähneln sich, werden aber immer raffinierter. Wer informiert ist, kann sich schützen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Dass es nicht ratsam ist, fremden Anrufern größere Geldsummen auszuhändigen, sollte sich schon herumgesprochen haben. "Enkeltrick" und "Schockanruf": Leider sind Delikte dieser Art an der Tagesordnung - derzeit gehäuft in Niederbayern und der Oberpfalz.

Schockanrufe häufen sich

Meldungen aus den vergangenen zwei Tagen: Am Mittwoch gibt eine 86-Jährige aus Landshut einem unbekannten Mann nach einem Schockanruf Bargeld und Gold im Wert von 10.000 Euro. Am selben Tag rafft eine Rentnerin im oberpfälzischen Pyrbaum ihre Ersparnisse zusammen, um sie vor dem Rathaus einem Fremden auszuhändigen. In Pleystein übergibt eine Frau wertvollen Schmuck. Allen war zuvor am Telefon die nahezu gleiche Geschichte aufgetischt worden: Die Enkelin (Tochter, Schwiegertochter) habe mit dem Auto Menschen totgefahren und brauche nun eine Kaution.

Erfreulicher diese Meldung der Polizei Traunstein: Eine Seniorin hatte sich am Dienstag schon auf den Weg gemacht, um nach einem Schockanruf einen sechsstelligen Eurobetrag zu übergeben. Doch einer Nachbarin fiel das Verhalten der Seniorin auf. Sie verhinderte im letzten Augenblick die Übergabe des Geldes an die Abholer, die daraufhin die Flucht ergriffen.

Immer mehr Fälle trotz spürbarer Strafen

Gelingt es der Polizei, die Täter festzunehmen und zu überführen, ist das Strafmaß nicht gering. Am Mittwoch verurteilte das Landgericht München zwei 21 und 53 Jahre alte Betrüger, die in zwei Fällen als "Abholer" fungiert hatten, wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs zu vier Jahren und sechs beziehungsweise drei Monaten.

Dennoch: Allein im Freistaat lag die Schadenssumme im vergangenen Jahr bei 24 Millionen Euro. Das bayerische Innenministerium registriert weiter steigende Zahlen.

Die Polizei warnt - mit Flyern, Bäckertüten und Humor

Längst geht Bayerns Polizei auch unkonventionelle Wege, um potenzielle Opfer und ihr Umfeld zu sensibilisieren. So führt die Kripo Schulungen beim Bank-Personal durch, das hellhörig werden soll, wenn Senioren plötzlich hohe Geldbeträge abheben. In Weiden in der Oberpfalz eröffnete die Polizei im vergangenen Jahr eine Präventionsstelle mitten in der Innenstadt. In Traunstein, Berchtesgaden und anderen Städten bringen Warnhinweise auf Bäckertüten die Information direkt an den Frühstückstisch.

Zum Nachhören: Polizei warnt vor Schockanrufen

Das ist eine von insgesamt über 215.000 Papiertüten, mit denen beim Bäcker im südlichen Oberbayern vor Schockanrufen und Betrügern gewarnt wird.
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Das ist eine von insgesamt über 215.000 Papiertüten, mit denen beim Bäcker im südlichen Oberbayern vor Schockanrufen und Betrügern gewarnt wird.

Im niederbayerischen Reisbach holten die Beamten sogar einen Kabarettisten auf die Bühne des Wirtshaussaales, um 300 Senioren vorzuführen, wie Trickbetrüger arbeiten. "Wir haben als Kabarettisten ganz andere Möglichkeiten als einer mit PowerPoint-Präsentation", erzählt Bauer im Interview mit BR24. Weitere Aufführungen sind geplant.

Warum Schockanrufe dennoch oft Erfolg haben

Was die Schockanrufe so erfolgreich macht, ist zum einen der emotionale Ausnahmezustand, in den die Nachricht vom Unfall und/oder der Verhaftung von Kindern oder Enkeln die meist älteren Opfer versetzt. Die Täter sitzen zudem zwar nicht selten in Callcentern im Ausland, sprechen aber oft ein gepflegtes Hochdeutsch oder Bairisch, das gut zu Polizeibeamten passen könnte. Oft zeigen sie Verständnis für die Vorsicht der Angerufenen und bieten an, zu Vorgesetzten weiterzuverbinden. Die Übergabe findet dann bisweilen vor "offiziellen" Gebäuden wie Rathäusern oder Gerichten statt. Und: Die Betrugsmaschen sind variabel. Inzwischen ist auch die Geschichte verbreitet, in der Nachbarschaft sei eingebrochen worden und die Polizei habe eine Liste gefunden, auf der der Name des Angerufenen steht.

Besonders hinterhältig ist, dass manche Betrüger die "110" auf dem Display erscheinen lassen - und neuerdings mit KI erzeugte Stimmen verwenden, die den Tonfall von "in Not geratenen" Verwandten ziemlich überzeugend nachahmen.

Wie Angerufene sich verhalten sollen

Zuallererst und grundsätzlich: Weder die Polizei noch andere Behörden in Deutschland stellen am Telefon, per Mail oder Whatsapp Kautions- oder sonstige Geldforderungen. Wer einen entsprechenden Anruf erhält, sollte sich nicht auf Gespräche einlassen, sondern auflegen und im Zweifel die Polizei anrufen - aber niemals unter einer Nummer, die einem der Anrufer zuvor mitteilt.

Zudem empfiehlt es sich, bei Anrufen durch unbekannte Nummern nicht den Namen zu nennen, sondern sich mit "Hallo" zu melden, und auch sonst keine Informationen preiszugeben. Um keiner KI-Stimme auf den Leim zu gehen, kann man im Familienkreis einen Geheimcode oder eine Testfrage vereinbaren, etwa: "Wie hieß unser erster Hund?"

Nur wer gut informiert und nervenstark ist, sollte es machen wie jene hundertjährige Augsburgerin, die vor zwei Jahren die Betrüger in ein Gespräch verwickelte, während herbeigerufene Nachbarn die Polizei alarmierten. Die konnte den Täter bei der Geldübergabe festnehmen.

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