Ein schlichter, beiger Stein mit der Aufschrift "Mögen ihre Seelen im Bund des Lebens eingebunden sein". Dahinter steht eine schwarze Tafel. Auf ihr sind die Namen und Lebensdaten der 60 jüdischen Opfer des Holocaust aus Schopfloch aufgeführt. Dieser Gedenkort auf dem jüdischen Friedhof soll an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger aus Schopfloch erinnern, die im Dritten Reich von Nationalsozialisten ermordet wurden. Seit der Schoa gibt es kein jüdisches Leben mehr in der 3.000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Ansbach.
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Jugendliche starten Petition für Gedenkstein
Dass Schopfloch nun einen solchen Gedenkort hat, ist zwei Ethik-Klassen des Gymnasiums Feuchtwangen und ihrer Lehrerin zu verdanken. Sie setzten sich mit der jüdischen Geschichte Schopflochs auseinander und machten sich für einen Gedenkort stark.
Die Schülerinnen und Schüler arbeiteten sich tief in das Thema Judenverfolgung und Holocaust ein. "Dann haben wir herausgefunden: hier in Schopfloch gibt es ja einen Judenfriedhof. Dann ist das Interesse gewachsen und auch die Ergriffenheit, dass kein Gedenkstein für die Menschen da war", erzählen die Schüler, und sie erzählen auch, dass sie das nicht hinnehmen wollten: Nach einem Gespräch mit dem Bürgermeister starteten sie eine Petition für einen Gedenkort. Der Gemeinderat von Schopfloch stimmte zu. Und damit war der Weg frei für den Stein und die Namenstafel auf dem jüdischen Friedhof. Schülerin Julia ist ergriffen: "Das ist schon ziemlich überwältigend, dass wir so etwas geschafft haben, weil das macht man auch nicht jeden Tag."
Interview mit Holocaust-Überlebender
Während der Einarbeitung in das Thema konnten die Jugendlichen eine der letzten lebenden jüdischen Zeitzeuginnen aus Schopfloch ausfindig machen. Die Schülerinnen und Schüler durften mit der 95-Jährigen, die jetzt in den USA lebt, online ein Interview führen. Sogar ein Buch mit ihren Rechercheergebnissen haben sie zusammen mit ihrer Lehrerin Barbara Haas herausgebracht. In Zukunft soll es Vorträge zum Thema "Die Schopflocher Juden im Dritten Reich" geben. Für Gleichaltrige haben die engagierten Schüler den Instagram-Account "Verwehrte Steine" ins Leben gerufen.
"Das war meine Zielsetzung: Sie zu sensibilisieren, was passiert ist und wie sie selber es auch in der Hand haben können, dass so etwas nie wieder passiert." Ethik-Lehrerin Barbara Haas
Für ihr Engagement bekamen die Jugendlichen einen Preis der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Steine für die Opfer der Schoa
Zur Einweihung des Mahnmals am Dienstagabend kamen Schülerinnen und Schüler der beiden Ethik-Klassen nach Schopfloch. Nach jüdischer Tradition legen sie kleine Steine auf den Gedenkstein – als Zeichen der Ehrung und des Gedenkens an die Toten. Und sie verlesen die Namen aller 60 Jüdinnen und Juden aus Schopfloch. Sie sollen niemals vergessen werden.
Neben dem Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle, würdigte auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, die Arbeit der Jugendlichen. Es mache ihr Hoffnung, dass sie den Jüdinnen und Juden aus Schopfloch, die im Dunkel der Geschichte zu verschwinden drohten, ein Denkmal gesetzt hätten.
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