Schüler, Eltern und Lehrpersonal schnaufen durch. Das heute zu Ende gegangene Schuljahr war das erste nach der Pandemie ohne Corona-Einschränkungen. Trotzdem spüre man an den Schulen noch immer die Folgen, sagt Antje Radetzky vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband sowie Grundschulleiterin in Ismaning.
Schule in Zeiten der Krise
"Die Nachwirkungen beschäftigen uns noch extrem. Also man merkt es sehr an den Schülern, dass denen diese Zeit einfach fehlt im sozialen Lernen. Eigentlich merkt man's in allen Klassen, aber bei den Erstklässlern merkt man's halt gerade massiv, weil die wichtige Zeit im Kindergarten gefehlt hat", so Radetzky.
Die Klassenlehrerin Theresa Mailinger sieht bei ihrer vierten Klasse an der Grundschule Camerloherstraße in Ismaning einen Jahrgang, der mit vielen Krisen konfrontiert wurde, angefangen von Corona: "Es war halt eine andere Klassendynamik, als die man so kennt, diszipliniert musste es halt ablaufen, aber das haben wir zum Glück recht schnell überwunden. Dann kam natürlich der Ukrainekrieg, jeder durfte mal erzählen, was er so aufgeschnappt hat, und haben das zusammen eingeordnet, aber auch dieses Thema hat die Kinder definitiv beschäftigt."
Lehrerverband fordert mehr Lehrer
Um die Rückstände aufzuholen, bräuchte es gerade jetzt mehr Lehrkräfte, fordern Gewerkschaften wie der BLLV. Sie warnen schon lange: Besonders an Grund-, Mittel- und beruflichen Schulen sei die Personalsituation angespannt. Die Lehrerbedarfsprognose des Kultusministeriums zeigt: In den kommenden Jahren gibt es voraussichtlich zu wenige Bewerber für alle offenen Stellen. Die Landesregierung will deshalb unter anderem mehr Quereinsteiger oder Lehrkräfte aus anderen Bundesländern für die bayerischen Schulen gewinnt.
Über all den Krisen steht zusätzlich auch noch der unveränderte Leistungsdruck. In ihrer 1. Klasse in der Camerloher Grundschule Ismaning verteilt Klassenlehrerin Imke Berg zusätzlich zu den Zeugnissen eine Karte mit der Botschaft: "Freue dich darüber, was du schon alles geschafft hast. Denk immer daran. Du bist wunderbar, du bist etwas Besonderes, du bist perfekt, so wie du bist."
Druck auf Kinder bleibt hoch
Im nächsten Schuljahr beginnt für die vormaligen Erstklässler eine neue Phase. Ab dem zweiten Halbjahr der zweiten Klasse werden sie benotet. Bereits dann fängt das Rennen um den Übertritt an, sagt Schulleiterin Antje Radetzky. Sie leitet auch die Abteilung Berufswissenschaft beim Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband und kritisiert: Das übt einen enormen Druck auf die Kinder aus.
"Es wäre aber wichtiger, dass die Kinder konstruktives Feedback kriegen und nicht: Da steht jetzt eine vier drunter. Dann weiß das Kind ja nicht: Was kann ich denn verbessern? Was muss ich denn noch lernen? Was kann ich denn schon, was noch nicht? Und Betonung auf noch nicht. Und ich finde diese Reduktion auf diese drei Übertrittsnoten einfach nicht zeitgemäß", sagt Radetzky. Mathe, Deutsch und HSU entscheiden in der 4. Klasse: Kommt ein Kind ans Gymnasium, an die Real- oder die Mittelschule? Gerade das letzte – das vierte - Schuljahr wird für viele sehr anstrengend.
Und nicht immer sind die Noten so wie erhofft. Dann heißt es vor allem für die Eltern, ruhig bleiben, empfehlen Experten seit Jahren. Bei der Suche nach den Ursachen könnten neben den Lehrkräften auch die Schulpsychologinnen und -psychologen helfen.
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