"Also die berühmten Gläser im Schrank werden in den letzten Tagen ziemlich sicher bei niemandem gewackelt haben", sagt Roland Eichhorn und lacht. Eichhorn ist Abteilungsleiter des Geologischen Dienstes des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) – also Bayerns oberster Geologe. Zusammen mit einem Kollegen vom Erdbebendienst Bayern überprüft er an diesem Tag die Erdbebenmessstation in Konnersreuth im Landkreis Tirschenreuth.
Epizentrum liegt unter dem tschechischen Nový Kostel
Diese Messstation bildet mit sechs weiteren rund um Marktredwitz ein eigenes Messnetz. In der Gegend bebt die Erde regelmäßig. Das Epizentrum liegt meist unter Nový Kostel (deutsch Neukirchen), einem tschechischen Dorf in der Region Eger – so auch im aktuellen Fall.
Dort verläuft der Egergraben, eine Bruchzone der europäischen Kontinentalplatte. Dazu kommt eine weitere geologische Bruchzone mit Nord-Süd-Ausrichtung, die Fachleute erst vor wenigen Jahren entdeckt und nachgewiesen haben. Genau dort, wo sich die beiden Brüche schneiden, liegt Nový Kostel. "Deswegen gibt es dort eben die meisten kleinen Mini-Erdbeben, weil dort das Magma am weitesten nach oben kommen kann", erklärt Roland Eichhorn.
Erdbeben im östlichen Fichtelgebirge nichts Ungewöhnliches
Der Großteil der Erdstöße im Egergraben liegt unter Magnitude drei auf der Richterskala, auch die aktuellen liegen in diesem Bereich. Sie sind von Messgeräten wahrnehmbar, von Menschen im Normalfall nicht.
Es kommt dort aber auch immer wieder zu Erdbeben der Magnitude drei bis vier, die für Menschen spürbar sind. Viele Einwohner in der Region berichten dabei, dass sie meist eher ein schwer greifbares, lautes Geräusch bemerken als Erschütterungen.
Das stärkste in der Region gemessene Erdbeben der jüngeren Zeit erreichte 1985 eine Magnitude von 4,6. Ab diesem Bereich können leichte Gebäudeschäden auftreten, 1985 zum Beispiel Risse in den Mauern der Kirche von Nový Kostel. Laut Geologischem Dienst ist mit dieser Größenordnung in etwa alle 50 Jahre zu rechnen.
Keine Gefahr: Starke Erdbeben können im Egergraben nicht entstehen
Erdbeben jenseits der Magnitude fünf können im Egergraben in menschlich absehbarer Zeit nicht entstehen. Dahingehend sind sich die Fachleute wegen der örtlichen Geologie und auch dem Fehlen entsprechender historischer Berichte weitestgehend einig.
Der Grund dafür sind im Endeffekt auch die Schwarmbeben selbst, erklärt Roland Eichhorn: Durch sie kann von Magma und Wasserdampf erzeugter Druck immer in ungefährlichen kleinen Rucklern entweichen. Dadurch entstehe nie genug Spannung für ein großes Schadbeben. Zumindest nicht, wenn man nicht in geologischen Zeiträumen von Jahrzehntausenden und mehr denkt.
Aufruf an die Bevölkerung: Gespürte Erdbeben melden
Das Fichtelgebirge ist nicht das einzige Erdbebengebiet im Freistaat: Auch zum Beispiel im Altmühltal, der Rhön oder in den Alpen wie zuletzt im Berchtesgadener Land kann es immer wieder ruckeln. Im Schnitt wird Bayern laut Erdbebendienst pro Jahr rund 200 Mal von Erdbeben erschüttert – vier bis fünf davon seien stark genug, um von Menschen wahrgenommen zu werden.
Der Erdbebendienst Bayern ist eine Kooperation der LMU München und des Bayerischen Landesamtes für Umwelt im Auftrag des Bayerischen Umweltministeriums. Er übernimmt die Betreuung und Auswertung der Messstationen und ruft die Bevölkerung dazu auf, Erdbeben-Wahrnehmungen auf seiner Internetseite [externer Link] zu melden.
Diese Meldungen werden dann gemeinsam mit den Daten der Messstationen ausgewertet. Das soll auf lange Sicht Erkenntnisse bringen und die Vorhersagequalität verbessern: Immer wieder werden zum Beispiel in den Messdaten schwächere Erdbeben von der Bevölkerung intensiver wahrgenommen, als auf dem Papier. Auf der Seite des Erdbebendienstes sind auch die Live-Daten aller offiziellen Erdbeben-Messtationen öffentlich abrufbar.
Zum Nachhören: Schwarmbeben im Fichtelgebirge
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