Seit Wochen warnt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor einem "sehr kalten Winter" – vor allem, weil Gas zum Heizen knapp werden könnte. Nach etlichen Städten und Kommunen hat sich jetzt auch das bayerische Kabinett auf ein Maßnahmenpaket verständigt, mit dem im Bereich der Staatsverwaltung Energie gespart werden soll.
Weniger heizen, kein Warmwasser, weniger Außenbeleuchtung
Betroffen sein dürften in erster Linie Ministerien und Behörden. Im Winter soll dort auf höchstens 20 Grad Raumtemperatur geheizt werden, wie Bauminister Christian Bernreiter (CSU) erläuterte. In Fluren und anderen Bereichen, "die nicht dem ständigen Aufenthalt dienen", kann es demnach auch kälter werden. Bei sommerlichen Temperaturen soll laut Bernreiter nur mit Klimaanlagen gekühlt werden, "wo es unbedingt nötig ist".
In den Sanitätsbereichen von staatlichen Behörden und anderen öffentlichen Gebäuden soll es künftig kein warmes Wasser mehr geben. Darüber hinaus soll die Außenbeleuchtung stark eingeschränkt oder ganz abgeschaltet werden. Zudem sollen die Einstellungen von Heizungen und anderen Anlagen optimiert werden. Das Aus für warmes Wasser beim Händewaschen hatte zuletzt bereits die Landeshauptstadt München für ihre Behörden angekündigt.
Freistaat besitzt rund 11.000 Gebäude
"Wir wollen hier mit gutem Beispiel vorangehen", sagte Bernreiter. Rein mengenmäßig geht es aber vor allem um Symbolik: "Der Freistaat besitzt rund 11.000 Gebäude und Bauwerke, von denen ca. 9.000 energierelevant sind", teilt die Staatskanzlei im aktuellen Kabinettsbericht mit. Der Energieverbrauch betrage für Gas und Strom jeweils etwa ein Prozent des Verbrauchs in Bayern.
Bauminister Bernreiter nannte zunächst keine Details, für welche Gebäude und Stellen die Einsparungen ab wann greifen sollen. Er betonte allerdings, dass für Krankenhäuser andere Bedingungen gelten als für Behörden. Die Umsetzung des Energiespar-Pakets ist demnach jetzt Sache der einzelnen Ministerien – sie müssen die ihnen unterstellten Behörden und Bereiche informieren. Weiter heißt es im Kabinettsbericht: "Den Kommunen wird die Übernahme der Energieeinsparmaßnahmen in eigener Verantwortung empfohlen."
Wieder mehr Homeoffice, kaum noch Dienstfahrten?
Für die Mitarbeiter von Behörden, Ministerien und anderen staatlichen Stellen soll sich in Bayern noch mehr ändern: Laut Bauminister Bernreiter sollen sie freiwillig im Homeoffice arbeiten, sofern das möglich ist. Dienstreisen soll es möglichst nicht geben. Falls doch, sollen sie laut Staatskanzlei "mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad durchgeführt werden".
Mit den Maßnahmen für seine Staatsverwaltung will Bayern einen Beitrag leisten zur Forderung der EU-Kommission an die Mitgliedstaaten, vom 1. August bis zum 31. März 2023 den Gasverbrauch durch freiwillige Anstrengungen um 15 Prozent zu reduzieren. Das Einsparpotenzial im Bereich der Staatsverwaltung liegt laut Bernreiter eben bei bis zu 15 Prozent der bisher verbrauchten Energie. "Die Versorgungslage ist sehr dramatisch", sagte der Minister. Wegen der geringen Gas-Liefermengen aus Russland dürfe möglichst kein Gas mehr zur Stromproduktion verwendet werden.
Ohnehin müssten alle bayerischen Ministerien im Freistaat längst mit Hochdruck daran arbeiten, weniger Energie zu verbrauchen: Sie sollen nämlich schon bis 2023 klimaneutral sein – so jedenfalls die Zielsetzung der Staatsregierung.
Von Brunn: "Monatelang Zeit vergeudet"
Die bayerische SPD hält das Maßnahmenpaket für ein "Feigenblatt". Fraktions- und Landeschef Florian von Brunn sagte BR24: "CSU und Freie Wähler haben monatelang Zeit vergeudet, nur mit dem Finger nach Berlin zu zeigen, anstatt ein ernsthaftes Sparprogramm für Bayern vorzulegen – und die Bremsen bei der Energiewende zu lösen."
Laut von Brunn braucht es jetzt "Unterstützung für die Menschen beim Energiesparen und eigenes bayerisches Entlastungspaket, wie wir es als SPD seit Wochen fordern."
Bund Naturschutz: Auch Industrie und Haushalte müssen beitragen
Auch der Bund Naturschutz (BN) kritisiert die vom Kabinett beschlossenen Energiespar-Pläne - und zwar als "völlig unzureichend". Zwar begrüße man, "dass die Staatsregierung mit ihren öffentlichen Gebäuden als gutes Beispiel voran gehen will", teilte der bayerische BN-Vorsitzende Richard Mergner mit. "Das Ganze greift aber viel zu kurz und kommt deutlich zu spät, diese Maßnahmen hätte man schon vor Monaten umsetzen können."
Laut Mergner müssen "auch die Industrie und die privaten Haushalte sowie vor allem die Kommunen" zum Energiesparen beitragen. "Diese unbequeme Wahrheit auszusprechen, traut sich Ministerpräsident Markus Söder aber offensichtlich nicht." Mergner hält die aktuelle Aufregung mit Blick auf Privathaushalte für übertrieben: Im privaten Bereich sollten Heizungen lediglich ein paar Grad runtergedreht werden, das sei zumutbar. "Stattdessen wird von der Staatsregierung das Schreckensgespenst Winter an die Wand gemalt, um die gefährliche Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke durchzudrücken."
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