Medizinisches Personal untersucht mit einer Mammografie die Brust einer Frau auf Brustkrebs.
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Selbstzahler vs. Kassenpatient: Der Kampf um Arzttermine

Selbstzahler vs. Kassenpatient: Der Kampf um Arzttermine

Kasse, privat oder Selbstzahler? In vielen Arztpraxen ist das Abfragen von Versicherungsstatus und der Bereitschaft, selbst zu zahlen, längst Alltag. Mit den Selbstzahlern gibt es eine neue Patientengruppe, die bei vielen Ärzten schneller drankommen.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

In Deutschland sind rund 90 Prozent der Bevölkerung bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, kurz: Kassenpatient. Die anderen rund zehn Prozent sind Mitglied einer sogenannten Privatversicherung. Und es hat sich eine dritte Gruppe von Patienten gebildet: die Selbstzahler. Das sind Kassenpatienten, deren gesundheitliche Versorgung eigentlich über die gesetzliche Krankenkasse finanziell abgedeckt ist. Aber die Selbstzahler sind bereit, selbst zu zahlen, obwohl sie das nicht müssten. Der Grund: So bekommen sie bei vielen Ärzten wesentlich schneller einen Termin.

Selbstzahler: Keine Statistik

Wie viele Selbstzahler es gibt, ist nicht bekannt. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern ist zwar für die "Gestaltung" der ambulanten, medizinischen Versorgung zuständig, aber sie hat dazu keinen Überblick. Wir "wissen nicht, welche Praxen ob und in welchem Umfang Selbstzahlerleistungen anbieten, da diese nicht über die KV abgerechnet werden", schreibt ein Pressesprecher. Auch dem Bundesgesundheitsministerium liegen dazu keine Erkenntnisse vor.

Kein Termin beim niedergelassenen Kinderarzt

Helga Prießmann ist Kinderärztin. Vor drei Jahren hat sie ihre Privatpraxis in Bamberg eröffnet. Eigentlich wollte sie sich als Kassenärztin niederlassen. Das durfte sie aber nicht. Wegen einer angeblichen Überversorgung von Kinderärzten in dem Gebiet. "Wir gelten mit 140 Prozent als überversorgt. Aber hier rufen Eltern an, die sagen, sie sind hierhergezogen. Ihr Kind sei kein Neugeborenes mehr, das sei schon drei und keiner nähme sie. Oder es macht hier im Umland ein Kinderarzt zu. Die kommen dann zu mir mit den Kindern," erklärt die Kinderärztin.

Unter den Eltern gibt es immer wieder Selbstzahler, die dann bereit sind, die zum Teil erheblichen Behandlungskosten ihrer Kinder auf sich nehmen. Allein die Impfstoffe für ein Kleinkind kosten hunderte, manchmal gar tausende Euro.

25 Stunden pro Woche für Kassenpatienten

Für Prießmann ist das gesamte, ambulante Gesundheitssystem in Schieflage. Ihre Kollegen mit Kassensitz müssten sich zu vielen Vorgaben unterwerfen, gleichzeitig sei die Vergütung viel zu gering. Um die Praxen wirtschaftlich am Laufen zu halten, behandeln Kassenärzte auch Privatpatienten und Selbstzahler. Für Letztere werden die ärztlichen Leistungen wesentlich höher vergütet.

Um die Versorgung von Kassenpatienten dennoch zu gewährleisten, müssen niedergelassene Ärzte zwar per Gesetz jede Woche 25 Stunden ausschließlich Kassenpatienten behandeln. Und die Kassenärztliche Vereinigung Bayern, die die Einhaltung dieses Kontingents überprüfen muss, kommt zu dem Ergebnis, dass die Vorgabe weitgehend befolgt werde. Aber das Angebot an freien Terminen für Kassenpatienten reicht trotzdem oftmals nicht aus.

Extremfall: Sechs Monate Warten auf Krebstherapie

Das kann schwerwiegende Folgen haben. Pia Meyer-Schunk ist ein Extremfall. Die Kassenpatientin ist unheilbar krank. Im Juni vor einem Jahr ertastet sie einen Knoten in der Brust. Bei der Mammografie vier Wochen später sind bereits zwei Knoten zu sehen. Sie versucht, umgehend einen Platz für eine Therapie zu bekommen. Das nächstgelegene Brustzentrum bietet ihr einen Termin im Dezember an – also sechs Monate später. Die zweifache Mutter telefoniert weiter, bittet im Freundeskreis um Hilfe. Ihre Therapie beginnt schließlich im Oktober vergangenen Jahres. Doch da hatte die damals 57-Jährige bereits Metastasen in der Leber.

Heute gilt Meyer-Schunk als austherapiert. Die Palliativ-Patientin versucht, sich mit viel Bewegung und einer Immun-Therapie fit zu halten. Trotzdem fällt sie immer wieder in tiefe Löcher. Und sie gibt sich selbst die Schuld dafür, dass sie nicht mehr geheilt werden kann: "Ich ärgere mich so ein bisschen über mich selbst, dass ich nicht darauf bestanden habe, dass ich schneller einen Termin bekomme. Aber ich dachte mir: Die Ärzte wissen schon, was sie machen. Im Nachhinein denke ich: Da habe ich mein Leben verspielt."

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