Von A wie Albanien bis U wie USA: 38 Länder listet die Europäische Polizeibehörde Europol, die beim Aufdecken der Pädokriminellen-Plattform "Kidflix" mitgeholfen haben. Die Aktion ging auf das Konto der bayerischen Fahnder des Landeskriminalamts und der Zentralstelle Cybercrime Bayern in Bamberg.
Dabei stießen die Ermittler auf eine neue Dimension von Grausamkeit: Die Betreiber von Kidflix stellten ihren zahlenden Kunden mehr als 91.000 Videos zur Verfügung. Im Schnitt kamen drei Videos pro Stunde neu dazu. Zu sehen: Aufnahmen von Kindern, mitunter sogar Babys, die Opfer von sexualisierter Gewalt wurden.
Ermittler: "Umfang, den man bis dahin nicht kannte"
Am 10. März wurde die Seite abgeschaltet. Mehr als 1.400 Tatverdächtige wurden identifiziert, 100 davon in Deutschland. Vize-Landeskriminalamtschef Guido Limmer ist stolz auf den Erfolg der Ermittlungen: "Es geht um einen Umfang, den man bis dahin nicht kannte, das ist der größte, den es in Europa je gab. Da ging es um fast zwei Millionen Nutzer weltweit, die diese grauenvollen Inhalte abgerufen haben. Am Tag des Zugriffs waren knapp 200.000 online angemeldet."
Hinter dem Schlag steckt viel Aufwand: Acht Ermittler, drei Jahre Arbeit und großes technisches Knowhow. Oberstaatsanwalt Thomas Goger von der Cybercrime-Zentralstelle in Bamberg betont, dass bei den Ermittlungen "alle Räder ineinandergegriffen" hätten.
Motivation: Kinder vor weiterer sexualisierter Gewalt schützen
Es gab eine Reihe von Faktoren, die den Schlag gegen Kidflix ermöglichten: Da ist zum einen das interdisziplinäre Ermittlungsteam: Polizisten und IT-Forensiker arbeiteten eng unter Führung der Generalstaatsanwaltschaft zusammen.
Doch nicht nur die fachliche Kompetenz sei hoch gewesen, sondern auch die Motivation der Fahnder, so Limmer: "Von den Ermittlerinnen und Ermittlern sind viele selber Väter beziehungsweise Mütter und haben Kinder. Die sagen mir: 'Gerade, weil ich weiß, wie schlimm das ist, wenn Kinder, die eigentlich nur unsere Liebe und unseren Schutz brauchen, so misshandelt und missbraucht, verkauft und in der ganzen Welt angeboten werden für Missbrauch – wenn es mir gelingt, diese aus ihrer Situation heraus zu retten, das gibt mir eine tiefe Befriedigung.'"
Gute Zusammenarbeit mit Krypto-Plattformen und Europol
Dass man Kidflix in den Weiten des Darknets überhaupt finden konnte, sei ein eigenes Verdienst gewesen, betont Oberstaatsanwalt Goger: "Wir nutzen modernste Tools, die wir teilweise auch mitentwickelt haben. Zum Beispiel ist Kidflix nur auf unserem Radar gelandet, weil wir mit dem Darknet-Monitor eine Suchmaschine für das Darknet gemeinsam mit niederländischen Forschern entwickelt haben."
Zugutekam den Fahndern außerdem, dass die Nutzer mit Kryptowährung bezahlten. Diese hat jeweils eine virtuelle Nummer, die zur Identität des Besitzers führen konnte. Bei den Ermittlungen hätten Krypto-Plattformen in Dubai und anderen Ländern kooperiert. Auch die Zusammenarbeit mit Europol habe hervorragend funktioniert. Denn: Der sexuelle Missbrauch von Kindern sei weltweit ein No-Go, so die Ermittler, selbst in autoritären Staaten.
Kritik: IP-Adressen in Deutschland weiter nicht gespeichert
Jetzt müssten laut Staatsanwalt Goger noch die Betreiber der Plattform festgenommen und weitere Täter und Opfer ausfindig gemacht werden. 18 Kinder wurden in Deutschland durch die Ermittlungen aus dem Umfeld von Tatverdächtigen herausgeholt.
Eines ist den Ermittlern dabei ein Dorn im Auge: "Ich kann jetzt schon ziemlich sicher prognostizieren, dass wir in vielen Fällen auf Informationen stoßen werden, die uns vielleicht zu weiteren Tätern oder vielleicht auch zu Opfern hätten führen können. Im Ergebnis uns aber nicht dazu führen werden, weil wir in Deutschland momentan keine Speicherung von IP-Adressen zu Anschlussinhabern haben. Ich hoffe dringend, dass jetzt in den laufenden Koalitionsverhandlungen diese Lücke endlich geschlossen wird", sagt Goger.
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