Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Forderung der Nordländer, die Netzentgelte für die Durchleitung von Strom dort zu senken, wo der Strom produziert werde, im BR24-Interview als "absurd" bezeichnet. Söder sagte, eine Aufteilung der Strompreiszonen sei im Prinzip "das Ende einer einheitlichen Wirtschaftsordnung in Deutschland".
Söder argumentiert mit dem Länderfinanzausgleich
Aus der Sicht von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern trägt der Norden die Hauptlast der Energiewende. Das müsse sich auch in den Preisen für die Verbraucher niederschlagen.
Laut Söder hat allerdings Bayern den zweithöchsten Anteil erneuerbaren Energien: "Das heißt, wir versorgen uns ja überwiegend auch mit eigenem erneuerbaren Strom. Aber was das Absurdeste ist: Bayern zahlt neun Milliarden Länderfinanzausgleich." Die norddeutschen Haushalte würden überwiegend mit bayerischem Geld finanziert, so Söder. "Ich finde, man sollte jetzt hier nicht versuchen, Nord gegen Süd auszuspielen und derjenige, der anderen zu viel Unterstützung gibt, wie die Bayern den dann anzugreifen. Das ist schon sehr unfair", führte Söder aus.
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Söder sagte, er sei bereit über Energiepreise zu reden, wenn denn der Länderfinanzausgleich abgeschafft würde. "Es kann doch nicht sein, dass die Bayern doppelt zahlen, dreifach zahlen und immer diejenigen sind, die ihr Steuergeld überweisen müssen. Und andere haben dann billigere Maßnahmen", so Söder.
"Energiepolitischer Irrweg" bayerischer Staatsregierungen
Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) hatte seine Forderung so erklärt: "Wenn ich da lebe oder produziere, wo auch die Energie produziert oder angelandet wird, muss diese Energie dort auch günstiger sein." Ähnlich äußerte sich Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt von den Grünen - und richtet dabei auch einen Seitenhieb gegen Bayern: Nach seinen Worten wäre eine Aufteilung in verschiedene Preiszonen nur die "logische Konsequenz des energiepolitischen Irrweges" bayerischer Staatsregierungen. Goldschmidt betont, dass Bayern den Ausbau von Stromnetzen und Windkraft "sabotiert" habe - "mehr als 15 Jahre lang". Deshalb sei es den "Menschen im Norden schlicht nicht mehr zu vermitteln, warum sie die Zeche dafür zahlen müssen".
Söder: Aufteilung der Strompreiszonen Ende der einheitlichen Wirtschaftsordnung
Söder bezeichnete eine Aufteilung der Strompreiszonen als das Ende einer einheitlichen Wirtschaftsordnung in Deutschland. Wer das mache, gefährde den kompletten Zusammenhalt, denn "das bedeutet nämlich umgekehrt das Baden-Württemberg und Bayern sich dann davon abkoppeln müssen und auch den Strom aus dem Norden nicht mehr beziehen." Bayern würde sich beim Strom dann an Österreich und Tschechien orientieren und ihn von dort beziehen.
Für den bayerischen Ministerpräsidenten handelt es sich bei dem Vorstoß der Nordländer um reinen "Landtagswahlkampf", mit dem die SPD schwache Umfragewerte aufzuholen versuche. In Niedersachsen wird am 9. Oktober gewählt.
Auch der Vorsitzende der bayerischen SPD, Florian von Brunn, kann dem Vorschlag der Nordländer nichts abgewinnen. Er schrieb auf Twitter: "Warum sollten die Menschen in Bayern die Zeche für Söders Fehler in der Energiepolitik zahlen? Viel besser: Bayerns Wohlstand sichern & CSU abwählen."
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Kritik an Bayern auch von Grünen im Bundestag
Verständnis für die Forderungen aus dem Norden hatten die Grünen im Bundestag gezeigt: Fraktionschefin Katharina Dröge betonte, wenn nach der EU jetzt auch die norddeutschen Bundesländer darüber diskutierten, ob es zwei Strompreiszonen in Deutschland braucht, zeige das, wie sehr die CSU energiepolitisch versagt habe. Bayerns Ministerpräsident Söder müsse "endlich einen Sofortplan zum Ausbau der Windenergie vorlegen", so Dröge. Söders Ankündigung vom August, 1.000 neue Windräder zu bauen, ist aus Grünen-Sicht also alles andere als ausreichend.