Geht es nach dem Fraktionsvorsitzenden der AfD in Bayern Ulrich Singer, soll Alice Weidel die erste Kanzlerkandidatin der AfD bei der Bundestagswahl werden. "Weidel ist bestens dafür geeignet, ein gutes Vorbild in unserer Partei. Ich fände es nicht schlecht, wenn sie es machen würde", sagte Singer im BR-Sonntags-Stammtisch. Die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion gilt wie Singer selbst als gemäßigteres Mitglied der AfD. Beim Verfassungsschutz ist die Partei als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft.
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Alice Weidel hatte in einem Interview mit Welt TV vergangenen Monat gesagt, sie habe Lust, die erste Kanzlerkandidatin der Partei zu werden. Aber auch andere hätten Interesse gezeigt. Letztlich obliegt es den Mitgliedern der Partei, über ihren Kandidaten zu entscheiden - doch auch ein anderer Name fällt in diesem Zusammenhang regelmäßig: Björn Höcke, Chef des Landesverbandes Thüringen.
Frasch: Höcke als "ideologischer Inspirator" der AfD
Auch die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch äußerte sich im BR-Sonntags-Stammtisch zu Höcke: Er bediene genau jene Narrative, die in Ostdeutschland von vielen Wählerinnen und Wählern nachgefragt würden: Man stimme der Demokratie als Regierungform zwar zu, habe aber kaum Verständnis für Gewaltenteilung und sehne sich nach einer starken Führungsperson. Man sei kritisch gegenüber den USA und freundlich gegenüber Russland. Genau diese Werte bediene Höcke gezielt, obwohl er aus Westdeutschland komme.
Höcke gilt als rechtsextrem, darf nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen sogar als "Faschist" bezeichnet werden. Timo Frasch, Bayern-Korrespondent der FAZ und ebenfalls Gast am Sonntags-Stammtisch, bezeichnete ihn in der Sendung weniger als Strippenzieher der Partei, sondern als "ideologischen Inspirator" – und Vorbild bei einer immer weiter nach rechts rückenden Werteorientierung der Partei. Davon will Ulrich Singer nichts wissen. In der Sendung bezeichnete er Höcke lediglich als "Lokalpolitiker bei sich zuhause".
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Singer: AfD ist konservative Partei
Timo Frasch gab zu Bedenken, dass er sich auf einer inhaltlichen Ebene durchaus mit der AfD auseinandersetzen könne. In einer Partei Mitglied zu sein, in der Höcke eine so große Rolle spiele, sei für ihn jedoch nicht nachvollziehbar: "Wenn Sie in 20, 30 Jahren auf Ihr Leben zurückblicken, wie rechtfertigen Sie vor sich selber, in einer Partei zu sein, in der Björn Höcke so ein wichtiger Mann ist?"
Darauf entgegnete Singer, die AfD sei eine "konservative Partei", die die künftigen Generationen im Blick habe und Politik für Menschen mache, die schon länger in Deutschland Steuern zahlten. Dem widersprach die Runde vehement.
AfD-Fraktionschef: "Jetzt können wir zeigen, dass wir führen können"
Singer sagte weiter: Man arbeite auf inhaltlicher Ebene sauber und kompetent. Dies hätten die Wähler im Thüringer Landkreis Sonneberg nun honoriert und einen AfD-Kandidaten zum Landrat gewählt. "Jetzt können wir zeigen, dass wir führen können", sagte Singer am Sonntags-Stammtisch.
Nun wolle die AfD auch in Bayern langfristig Regierungsverantwortung übernehmen: "Nach der nächsten Wahl in Bayern werden wir nicht die Regierungsverantwortung haben, aber wir wollen zeigen: Wir sind fähig dazu", so Singer.
Im aktuellen Bayerntrend liegt die AfD bei 12 Prozent. Jedoch gilt die Partei hier als tief gespalten – zwischen den Anhängern des sogenannten gemäßigten Lagers und des Flügels. Die Partei geht mit den als radikal geltenden Katrin Ebner-Steiner und Martin Böhm als Spitzenkandidaten-Duo in den Wahlkampf. Beide sind politische Freunde von Björn Höcke.
Frasch: AfD hat auf Klimawandel keine Antwort
Indes äußerte Singer auch Kritik an der Ampel-Regierung. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im bayerischen Landtag will die Heizungswahl am liebsten gänzlich den Eigentümern überlassen. "Wir brauchen nicht noch mehr Planung, die Eigentümer wissen am besten, was für ihr Haus gut ist", sagte Singer am "Sonntags-Stammtisch". Das Gesetz sei ein Ergebnis des "Schluderkurses" der Regierung. Laut Singer wäre es besser gewesen, die Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen.
Dabei vergesse die AfD jedoch, so der Bayern-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Timo Frasch, dass das Heizungsgesetz das Ziel habe, den Klimawandel zu begrenzen. Dies sei generell eine Frage, "auf die die AfD keine Antwort hat". Das bestätigte auch Politikwissenschaftlerin Ursula Münch. Jedoch räumte sie ein, dass das Gesetz "denkbar schlecht umgesetzt" sei.
Kommende Woche soll die überarbeitete Fassung des umstrittenen Heizungsgesetzes der Ampel-Regierung im Bundestag beschlossen werden. Das Gesetz sieht vor, dass künftig nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Zunächst sollen dabei nur Neubauten betroffen sein.
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