Ein blonder junge hebt einen Stift hoch und schaut nach unten auf sein Bild. Hinter ihm steht eine Seniorin.
Bildrechte: BR / Katrin Nöbauer

Nach der Aufführung gehen Kinder und Senioren das Stück noch an verschiedenen Stationen durch – etwa beim Malen.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Theater für alle: Mehr Teilhabe für einsame Senioren

Jung und Alt zusammenbringen – das will das Landestheater Schwaben schaffen und auf die Bedürfnisse der zunehmend älteren Bevölkerung reagieren. Aber klappt das mit Kultur? Ein Beispiel aus Memmingen, wo Kinder und Senioren zusammen Theater erleben.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Mit lauten Jauchzern und "Wow!"-Rufen fährt das Wunderwesen, gespielt von Delia Bauen, auf einem Roller in den Gemeinschaftsraum des AWO-Seniorenheims Hühnerberg in Memmingen. Dort sitzen nebeneinander Kinder, auf einer gelben Decke am Boden, und Seniorinnen und Senioren – viele von ihnen im Rollstuhl.

Die Schauspielerin erkundet den Raum, als hätte sie so etwas noch nie gesehen. Sie tanzt und springt. Ihr Publikum beobachtet, wie sie zusammen mit einem Ei – einem neuen Leben – zahlreiche Gefühle durchmacht: von Hunger, über Liebe bis hin zu Trotz und Verzweiflung.

Premiere für "Heimspiel der Generationen"

Die Aufführung der Bewegungsperformance "EINSLEBEN!" im Seniorenheim ist Teil der Veranstaltungsreihe "Heimspiel der Generationen" des Landestheaters Schwaben (LTS). Hintergedanke ist: Kindergartengruppen oder Schulklassen besuchen Seniorenheime – oder andersherum. Gemeinsam schauen sich Alt und Jung eine mobile Aufführung an und können sich hinterher an verschiedenen Stationen mit dem Stück beschäftigen.

Die erste dieser Begegnungen fand im AWO-Seniorenheim am Hühnerberg zusammen mit Kindern aus dem Johanniter-Kinderhaus Schatztruhe statt, weitere sind bereits geplant. Denn Theater soll für alle zugänglich sein, meint Pressesprecher Sven Kleine.

Was das Landestheater erreichen möchte

Das LTS will darauf reagieren, dass Menschen immer älter und damit auch weniger mobil und teils einsamer werden. Denn Theater ist für das LTS-Team ein Ort der Begegnung, an dem Themen behandelt werden, für die im Alltag oft keine Zeit bleibt und die durch Ängste, Vorurteile oder Tabus zu Entfremdung führen können.

Laut Pressesprecher Sven Kleine ist außerdem das Publikum viel unterschiedlicher als früher, weshalb das Theater sein Angebot "maßgeschneidert an die verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft" richten muss. Für Seniorinnen und Senioren hat das LTS deshalb Anfang 2023 ein Konzept erstellt, das nun anläuft.

Verschiedene Mitmach-Möglichkeiten

Das Senioren-Konzept des LTS umfasst verschiedene Formate, in denen Jung und Alt zusammenkommen können, etwa das Theater-Tandem: Über karitative Einrichtungen sollen ein jüngerer und ein älterer Mensch vermittelt werden, die gemeinsam vergünstigt eine Vorstellung besuchen können.

Für Memminger Alten- und Pflegeheime stehen zudem Theaterkarten zur Verfügung, die Sponsoren für sie bezahlt haben. Mit dem "Heimspiel der Generationen" kommt das LTS außerdem direkt in die Kinder- und Senioreneinrichtungen. "Es braucht ein bisschen Zeit, um das anzuschieben", sagt Pressesprecher Kleine. Das LTS hoffe auf ein "Schneeballsystem", durch das sich noch mehr Interessierte zum Mitmachen finden – seien es Theaterbesucher, Einrichtungen oder Sponsoren.

"Heimspiel der Generationen" kommt gut an

Im Seniorenheim am Hühnerberg lief die Vorstellung der Bewegungsperformance – einer Mischung aus Tanz und Pantomime – gut, findet Solo-Darstellerin Delia Bauen: "Ich hab mich total darauf gefreut, weil es ein Stück ist, das das ganze Leben beschreibt und deswegen finde ich es total schön, wenn ältere und jüngere Leute das sehen."

Die Kinder fanden die Aufführung lustig, teilweise auch ein bisschen gruselig. Die Seniorinnen und Senioren lobten vor allem Ausdruck und Beweglichkeit der Darstellerin – auch wenn sie sich unter einem Theaterstück teilweise etwas anderes vorgestellt hatten.

Kindergarten und Seniorenheim im Austausch

Die Kinder haben keine Berührungsängste und toben durchs Altenheim. Einige von ihnen sind regelmäßig hier, denn seit einem Jahr gibt es im Kinderhaus Schatztruhe eine AG für Besuche im AWO-Seniorenheim. Laut Kinderpflegerin Bettina Göpel lieben sowohl die Jungen als auch die Alten diese Besuche – zumindest, solange die Kinder nicht zu laut sind: "Es ist ein Geben und ein Nehmen und beide profitieren voneinander", sagt Göpel.

Auch die Eltern unterstützen den Austausch: Einige Kinder hätten keine Großeltern mehr und würden deshalb besonders vom Kontakt zu den Seniorinnen und Senioren profitieren. Für Göpel war die Aufführung des LTS nun eine tolle Abrundung des Projekts. Im Februar besuchen die Seniorinnen und Senioren dann die Kinder in der Schatztruhe für eine weitere Aufführung des LTS.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!