Der Moosinninger Gärtner Rudolf Rath steht vor seiner Pflanzenauslage.
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Gut für das Klima: Torffreie Erden im bayerischen Praxistest

Gut für das Klima: Torffreie Erden im bayerischen Praxistest

Um deutsche und europäische Klimaziele zu erreichen, braucht es intakte Moore. Der Abbau von Torf könnte deshalb bald verboten werden – für professionelle Gärtnereien ein Problem. Mit dem Modellprojekt "TerZ" will man sich darauf vorbereiten.

Über 100 Kulturen zieht Gärtnermeister Rudolf Rath in seinem Betrieb in Moosinning im Landkreis Erding. Meist Blumen-, aber auch Gemüsepflanzen für den Handel. Nicht alle wachsen in sogenannten Substraten, die vorwiegend aus Torf bestehen. Manche Reihen gedeihen auch in stark torfreduzierten Erden. "Eine Formel gibt es nicht", sagt Rath, "es gibt bestimmte Kulturen, wo das Ganze funktioniert. Aber das muss jeder individuell selbst entscheiden."

Rudolf Rath ist mit seinem Gartenbaubetrieb Teil des bundesweiten Modellprojekts "TerZ", an dem auch die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf federführend beteiligt ist. Hier testen seit 2019 insgesamt 24 Gärtnereien und Gartenbaubetriebe in Ost-, West-, Nord- und Süddeutschland den Einsatz torfreduzierter Substrate im Zierpflanzenbau.

In Bayern wird das Projekt von der Regionalkoordinatorin der HSWT, Ronja Fritzsche, begleitet: "Da gibt es immer eine Person, so wie mich, die dann zu den Betrieben hinfährt, sich die Kulturen anschaut und zum Beispiel Substrat-Proben nimmt, sodass der Gärtner, wenn irgendetwas auffällig ist, auch darauf reagieren kann. In Form von Gießen, Düngen und so weiter."

Was Torf so besonders macht

Torf besteht aus feinen Schichten abgelagerter Pflanzenreste und ist ein idealer Nährboden für Blumen oder Gemüsepflanzen. Vermischt mit Dünger, Kalk, Sand oder etwas Ton ist Torf aus dem modernen Gartenbau nur schwer wegzudenken. Nicht nur, weil er schön locker ist, Wasser sehr gut speichert und zugleich nährstoffarm ist, sondern auch weil der pH-Wert so niedrig ist. In solch "sauren" Erden lösen sich Mineralien wie Eisen, Zink oder Kupfer gut und können von den Pflanzen besser aufgenommen werden. "Das bedeutet, dass der Gärtner, wenn er damit kultivieren möchte, seinen pH-Wert optimal einstellen kann, indem er zum Beispiel Kalk zugibt", erklärt Wissenschaftlerin Ronja Fritzsche, "und dadurch, dass wenig Nährstoffe drin sind, kann er seine Düngung optimal auf die jeweilige Pflanzenkultur einstellen."

Gut zwölf Millionen Kubikmeter Torf wurden vergangenes Jahr in Deutschland verwendet. Wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) vorrechnet, entspricht das etwa 40.000 Fußballfeldern. Gut zwei Drittel des Bedarfs werden im Land- und Gartenbau eingesetzt. Knapp ein Drittel landet in Erden für Hobbygärtner.

Warum Torf besser im Moor bleibt

Weltweit bedecken die Moore zwar nur drei Prozent der Oberfläche, dennoch speichern sie doppelt so viel CO2 wie die gesamten Waldbestände der Erde. Etwa ein Fünftel der deutschen Moore sind, laut Greifswalder Moorzentrum, im Alpenraum angesiedelt. Bayern gehört damit zu den moorreichsten Bundesländern Deutschlands.

Torf wird hier nicht mehr abgebaut, denn 95 Prozent der bayerischen Moorflächen sind trockengelegt. Inzwischen hat sich, nicht nur wegen des Artenreichtums, die Erkenntnis durchgesetzt, dass es besser wäre, Moore auch wieder zu vernässen. Nur wenn Torf wieder unter Wasser gesetzt wird, stoppt das den Abbauprozess und den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid (CO2) und Lachgas (N2O).

Ohne diese und weitere Schutzmaßnahmen lassen sich die selbstgesteckten Klimaziele Bayerns, Deutschlands und auch der EU gar nicht erreichen. Trockengelegte oder landwirtschaftlich genutzte Moorflächen sind in Deutschland für knapp sieben Prozent aller Emissionen verantwortlich. Bis aber die Speicherung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre beginnt und sich sichtbar neuer Torf bildet, vergehen viele Jahrzehnte, sagt Christine Margraf vom BUND Bayern: "In einem intakten Moor wächst die Torfschicht ungefähr einen Millimeter pro Jahr. Das heißt, wenn zum Beispiel Torf gestochen wird, in einer Tiefe von einem Meter, dann sticht man da die die Wachstumsleistung von tausend Jahren."

Torf aus dem Baltikum

Der meiste Torf in deutscher Gartenerde kommt mittlerweile aus Osteuropa. Länder wie Estland, Lettland, Litauen oder auch Polen haben einen sehr hohen Anteil an Moorfläche. In Estland sind beispielsweise mehr als 20 Prozent der Landesfläche Moore. "Wir haben die Moorzerstörung inzwischen in die osteuropäischen Länder exportiert und verlagert", klagt Christine Margraf vom BUND Bayern, "dann werden dort jetzt diese artenreichen, intakten und für den Klimaschutz so wichtigen Moore zerstört."

Nicht einfach: Guter Torfersatz

Grundsätzlich ist es absolut möglich, torffrei zu gärtnern. Darin sind sich Naturschützer, Biologen und auch Gärtner einig. Allerdings ist der wirtschaftliche Druck auf die Gartenbaubetriebe, bei enormen Qualitätsansprüchen, sehr hoch. "Ich muss meine Kosten so niedrig halten wie möglich", sagt der Moosinninger Gärtner Rudolf Rath, "sonst habe ich keine Chance mehr auf dem Markt. Und da kommt natürlich auch die Erde dazu." Torfersatz ist nämlich etwas teurer als herkömmliche Pflanzenerde mit Torf.

Auch die gleichbleibende Qualität der einzelnen Stoffe für die Ersatzgemische ist ein Problem. Wenn alle Gärtnereien beispielsweise auf Torf verzichten würden, dann bräuchte es plötzlich sehr große Mengen an Kompost, der eine gute Qualität hat, um Pflanzen darin zu kultivieren. Außerdem noch gute Holzfasern, die den Stickstoff nicht auffressen (immobilisieren). "Was in den großen Mengen, die der Profi-Gartenbau braucht, auch nicht so leicht herzubringen ist", sagt Wissenschaftlerin Ronja Fritzsche.

Weniger Torf in kleinen Schritten

Während Gärtnereien und Gartenbaubetriebe, die beim bundesweiten Modellprojekt "TerZ" dabei sind, bereits mit 50 Prozent und noch weniger Torf als sonst üblich auskommen, ist bislang in den Profi-Substraten durchschnittlich noch wesentlich mehr Torf enthalten. Nach Angaben des Industrieverbands Garten (IVG) liegt der Anteil an organischen und mineralischen Torfersatzprodukten bisher bei etwa 22 Prozent.

Bei den Blumenerden für die privaten Verbraucher wird dagegen mittlerweile nur noch weniger als die Hälfte – etwa 48 Prozent – an Torf verwendet. Das Modellprojekt "TerZ" läuft noch bis 2023. Bis dahin soll möglichst viel Knowhow gesammelt werden, um torfreduzierte oder völlig torffreie Erden künftig zu verbessern. Schließlich wäre auch ein Verbot von Torf mittelfristig denkbar, wobei sich die Politik hier bislang bedeckt hält. "Wenn es vom Gesetzgeber kommt", meint Rudolf Rath, "dann werden bestimmte Pflanzen vom Markt verschwinden, weil sie einfach nicht mehr wachsen."

Torffreie Erden: Wichtig für den Hobbygärtner

  • Aufs Kleingedruckte achten: Wenn auf Pflanzenerde "torfarm" oder "torfreduziert" steht, ist immer noch ein gewisser Anteil Moortorf enthalten.
  • Für Qualität bei wichtigen Kriterien bürgt das RAL-Gütesiegel. Torffreie Erden sollten stickstoff-stabilisiert, nicht klumpig und gut durchlüftet sein.
  • Auch in "Bio-Erde" kann Torf enthalten sein. "Bio" ist bei Pflanzenerde kein geschützter Begriff und verweist lediglich darauf, dass sie auch im ökologischen Landbau verwendet werden kann, da sie ohne Kunstdünger auskommt.
  • Vor allem beigemischte Kokosfasern trocknen die Bodenoberfläche schnell aus. Dabei kann es rund um die Wurzeln noch gut feucht sein. Der Fingertest kann helfen.
  • Holzfasern speichern das Wasser zwar ebenfalls nicht so gut wie Torf, sorgen aber für eine bessere Durchlüftung der Pflanzenerden.
  • Weil sowohl Holz- als auch Kokosfasern kaum Nährstoffe haben, die sie abgeben können, jedoch Stickstoffe binden, ist häufigeres Düngen notwendig. Am besten Langzeitdünger.
  • Wenn man bei Zimmer- oder Kübelpflanzen Tongranulat untermischt, wird die Erde besser durchlüftet. Außerdem werden Nährstoffe und Wasser besser gespeichert.
  • Beim Gießen ist es hilfreich, Regenwasser oder enthärtetes Wasser zu verwenden, da der pH-Wert von Torfersatz sehr hoch ist. Die Nährstoffe sind dann für die Pflanzen besser verfügbar.
Arbeit im Gewächshaus
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Die Qualität der Erde hat Einfluss auf den Erfolg im Garten: Besonders beliebt ist Torferde. Aber: Dafür müssen Moore trockengelegt werden

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