Ab 1. Juni gilt für Menschen, die vor dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind, nicht mehr das Asylbewerberleistungsgesetz, sondern es gelten die Hartz-IV-Regeln des Sozialgesetzbuches. Damit haben die Geflüchteten bessere Möglichkeiten, etwa eine Arbeit aufzunehmen. Der Bayerische Städtetag befürchtet aber große Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Wohnraum.
Obdachlosenfürsorge nicht für Kriegsflüchtlinge gemacht
Der Vorsitzende des Städtetages, der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU), warnt davor, dass Ukrainer ab Juni beträchtliche Probleme haben könnten, eine Wohnung zu finden. Wenn die Flüchtlinge "in einen anderen Rechtskreis wechseln", wie es in der Fachsprache heißt, müssen sich eigentlich die Kommunen um ihre Unterbringung kümmern. Die von den Städten und Gemeinden organisierte "Obdachlosen-Fürsorge“ sei aber nicht für Kriegsflüchtlinge gemacht, sagte Pannermayr bei der Vorstellung von Forderungen des Städtetages zum Umgang mit Flüchtlingen.
Ab 1.6. können Ukrainerinnen und Ukrainer eigentlich nicht mehr in Sammelunterkünften bleiben, erklärte der Städtetags-Chef. Dort gelten sie ab dann als "Fehlbeleger“.
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Regeln flexibel anwenden
Pannermayr appelliert an den Bund, die entsprechenden Regeln anders anzuwenden. Es müsse möglich bleiben, Kriegsflüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. Sie müssten dorthin auch gegebenenfalls zurückgehen können, wenn sie zwischenzeitlich anderswo gewohnt haben, forderte Pannermayr. Gleichzeitig bedankte er sich für das große Engagement von Privatleuten, die Flüchtlinge bei sich aufgenommen haben. "Eine Unterbringung auf einer privaten Couch ist aber keine Dauerlösung“, betonte der Kommunalpolitiker.
Für Privatleute, die Ukrainer bei sich aufgenommen haben, ändere sich zum 1.6. nichts Wesentliches, heißt es vom Städtetag. Eine Änderung bestehe darin, dass Ansprechpartner bei den Behörden ab dann gegebenenfalls bei den Jobcentern zu finden sein werden. Denn die Jobcenter sind für die Betreuung von Hartz-IV-Beziehern zuständig.
Bayern bei Ukraine-Flüchtlingen über der Quote
Zuletzt seien in Bayern rund 142 000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gemeldet gewesen, berichtete der Städtetag. Das entspricht 17,9 Prozent aller Menschen, die vor dem russischen Angriff nach Deutschland geflohen sind. Nach einem Verteilungsschlüssel, den Bund und Ländern vereinbart haben, müsste Bayern knapp 15,6 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen. Der Freistaat liege also über seinen Verpflichtungen, hieß es vom Städtetag.
Warnung vor Kostenbelastung
Bayerns Städte und Gemeinden haben gleichzeitig Sorge, dass beträchtliche Kosten bei ihnen hängen bleiben. Die Unterbringung der Flüchtlinge wird zu zwei Dritteln vom Bund bezahlt und zu einem Drittel von den Kommunen. Das sei in normalen Zeiten auch angemessen, sagte Pannermayr. In der aktuellen Sondersituation würden die Haushalte der Kommunen aber überlastet. Wenn der Bund die Kosten nicht vollständig übernehme, würden den Kommunen bald hohe Summen fehlen, die sie etwa für Investitionen brauchen.
Ausnahmen für Kinderbetreuung gefordert
Mehr Flexibilität wünscht sich der Städtetag bei der Betreuung von ukrainischen Kindern. Die Vorgaben, was Personal und Räume angeht, sollten vorübergehend gelockert werden, forderte der Städtetags-Chef Pannermayr. Kindertagesstätten kämen jetzt bereits oft an ihre Grenzen. "Es sollte möglich sein ein bis zwei Kinder mehr in eine Gruppe zu nehmen“, sagte Pannermayr.
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